Frau machte, frug er „ob dies bei uns etwa anders sei?“ Also
auch Schönheit ist keineswegs eine missachtete Eigenschaft.
Wahrscheinlich findet zwischen den beiderseitigen Eltern schon
vorher eine Verständigung statt, denn in den meisten Fällen erhält
der Freiwerber gleich bei seinem Eintreffen vom Brautvater ein
Geschenk, einen Fuchsbalg, und die Verhandlungen wegen des
Kalym nehmen ihren Anfang. Ist derselbe festgestellt, wobei es
natürlich nicht ohne Feilschen abgeht, so fährt der Brautvater mit
Verwandten zu den Eltern des Bräutigams um den Kalym in
Empfang zu nehmen. Dieser ist natürlich sehr verschieden und
richtet sich nach den Vermögensverhältnissen. Während Vater
Sanda seine Schwiegertochter für 20 Renthiere erstanden hatte,
zahlte Jorka für schön Uening 150 Renthiere, 60 Kreuzfüchse
(Crestovatik), verschiedene andere Füchse, Tuch u. s. w. im Ge-
sammtwerthe von 700 Rubel! Und Middendorff erwähnt den Brautpreis
einer Samojedin, der in 5 Blaufüchsen, 45 Eisfüchsen, 5 Wölfen,
90 Ren und 8 Arschim rothem Tuch bestand. Von dem Kalym
erhalten die Verwandten der Braut Etwas. Letztere bekommt am
Hochzeitstage, d. h. dem Tage an welchem der Kalym voll erlegt
wurde, von ihren Eltern und Verwandten Geschenke, erscheint also
nicht ganz mit leeren Händen. Dass der Abschied aus dem elterlichen
Tschnm nicht ohne Thränen abgeht lässt sich denken und
zuweilen muss der Freiwerber Gewalt brauchen. Lebt die Mutter
der Braut noch, so führt diese letztere in festlichem Zuge nach dem
Tschum des Bräutigams, wo die Verwandten des letzteren versammelt
sind, um das Hochzeitsmahl zu beginnen. Die Mutter bleibt
in der ersten Nacht mit im Tschum des Schwiegersohnes und führt
ihre Tochter am anderen Tage wieder mit nach Haus, von wo sie
der Schwiegersohn nun für immer abholt. Wie bei russischen
Bauernhochzeiten die Zahl der ausgetrunkenen „Eimer,“ d. h.
Schnaps, den Maassstab des Reichthums und der herrschenden
Fröhlichkeit anzeigt, so auch bei Ostiaken und Samojeden. Was
letztere dabei zu leiste'n im Stande sind, wird von Castren, der einer
Hochzeit beiwohnte und dieselbe ausführlich beschreibt (p. 215—228),
höchst drastisch geschildert. „Bei unserer Ankunft war das Fest
bereits so weit vorgeschritten, dass alle gut hewirthet waren.
Einige lagen bereits ohnmächtig auf dem Felde. Sie lagen dort
mit entblösstem Haupte; dieses war in den Schnee gesunken und
der Wind beschneite das Angesicht. Aber sieh! da kommt ein
Ehemann, taumelt von der einen Leiche zur ändern, erkennt seine
Gattin und legt sich an ihre Seite in den Schnee. Hier wird ein
armer Schlucker auf den Schlitten gebunden und fährt heimwärts.
Noch ärger sah es im Zelt aus! Hier lagen und sassen nebeneinander
Männer, Weiber, Greise, junge Mädchen. Unter der Zahl der
zu Boden Gestreckten befand sich auch der Bräutigam; dagegen
war die Braut weniger betrunken als die übrigen Mädchen u. s. w.“
Dass trotz der erlaubten Polygamie dieselbe nur von den Reichsten
ausgeübt werden kann, erwähnte ich bereits. Castren lernte nur
einen Fall kennen, dass ein Ostiak 3 Frauen besass.
Ueber die Ehegesetze der Samojeden, wonach der Bruder die
Schwägerin, der Schwiegervater die Schwiegertochter heirathen kann,
welches aber aufs Strengste eine Heirath innerhalb des eigenen
Stammes verbietet, giebt Schrenk, wie über die Hochzeitsgebräuche
überhaupt ausführliche Kunde (p. .476—480, vergl. auch Castren I.
p. 299). Nach Schrenk wäre Untreue von beiden Seiten etwas
Alltägliches, da der Samojede keine Eifersucht kennt und Poljakoff
sagt: „eheliche Treue ist dem Ostiaken ein fremder Begriff, doch
fordert er von der Frau die grösste Treue.“ Ich selbst muss mich
in dieser heiklen Angelegenheit jedes Urtheils enthalten, habe aber
nach den spärlich eingezogenen Erkundigungen Grund anzunehmen,
dass es mit den Ausschreitungen nicht so arg sein wird. Das harte
Leben setzt von selbst wohlthätige Schranken und das Klima wird
jedenfalls sinnliche Begierden stark unterdrücken helfen.
Weit mehr widersprechend als in Bezug auf die Hochzeitsgebräuche
sind die Nachrichten über die Bestattungsweise. Hauptsächlich
wol desshalb, weil sie meist auf Erkundigungen beruhen.
Selbst Castren, der heidnische Grabstätten aus eigener Anschauung
beschreibt (z. B. I. p. 271), verfällt in Widersprüche und sagt
a. a. O. „mehrere samojedische, tatarische und finnische Völker
hängen ihre Todten, namentlich Kinder, in die Kronen der Bäume.“
Diese Notiz, sowie die irrthümlichen Angaben Sujew’s (Pall. p. 75)
lassen.es erklärlich und verzeihlich erscheinen, wenn Compilatoren
vollends auf Irrwege geriethen. So dichtet Albin Kohn (p. 29),
der diese auf Samojeden bezüglichen Nachrichten willkürlich auf
die Ostiaken überträgt, diesen an: „dass sie ihre Todten nicht begraben,
sondern an einem Baumaste festbinden und dem Vielfrass
und Adler preis geben,“ indem er zugleich aus dieser Gewohnheit