Nicolai Panajeff mit. etlichen Eingebornen in den Wald mit dem
Aufträge, soweit als es ihnen möglich war, — und das :war' eben
nicht weit — einzudringen. Der Signalposten am Hochufer wollte
nämlich ein paar Schüsse gehört haben. Aber die Ostiaken kamen
unverrichteter Sache zurück, ebenso eine weitere Expedition unter
Iwans Führung, die noch gegen 11 Uhr mit der Laterne ausrückte
und erst nach 1 Uhr zurückkehrte. Ich selbst konnte mich nicht
anschliessen, da ich mich unwohl fühlte und an einer heftigen Erkältung
litt. Ich hatte inzwischen einen Ostiaken in die Winterr
hütten ans andere Obufer nach weiterer Mannschaft geschickt, die
früh 3 Uhr eintraf. Da gestern frische Bärenspuren gesehen worden
waren, so kamen die Leute in vollen Waffen, alten schlechten Feuerschlossgewehren;
Einer schliff die Spitze eines Bärenspiesses zurecht.
Ich liess die Mannschaften, würdig dem Commando eines Don
Quixote, antreten, dreizehn wehrfähige Personen, darunter ein mit
einem Knüppel bewaffnetes couragöses Frauenzimmer, verabredete
die nöthigen Signale und so konnten wir, in zwei tapferen Schaaren,
jede mit Lebensmitteln versehen, endlich gegen 4V2 Uhr aufbrechen.
Ich ging mit Martin Dserwit quer durch den Wald, während sich
die von Iwan geführte Abtheilung links hielt und einem Protok
oder todten Arme des Ob zuwandte. Im Anfänge wurden unsere
Signalschüsse und Indianergeheul regelmässig beantwortet, bald aber
schwieg alles, bis wir nach kurzer Zeit andere Schüsse und Rufe
hörten: die der verirrten Gefährten, zu denen wir somit leicht vordrangen.
Beide Herren hatten sich erst seit Kurzem zusammengefunden
und die Nacht einzeln im Walde zugebracht; Dr. Brehm,
der .Zündmaterial bei sich führte, konnte wenigstens an einem Feuer
sich noch von den erlegten Haselhühnern ein Abendessen braten.
Der Güte von Graf Waldburg-Zeil verdanke ich die. nachfolgende
Schilderung der unfreiwillig im Walde zugebrachten Nacht.
„Nachdem ich mich von Dr. Brehm getrennt hatte und ziemlich
tief in den Wald eingedrungen war, schien..es-mix räthlich
zurückzukehren. Ich ging in der Richtung in der ich glaubte hergekommen
zu sein — schoss dabei einige Haselhühner, aber je
länger ich ging, desto: mehr wurde mir klar,, dass ich wol nicht
auf dem richtigen Wege sein müsse, denn der Ob wollte immer
noch nicht zum Vorschein kommen. Ich stieg in Thäler und wieder
auf Höhen; wohin ich blickte sah ich nur Wald und Nichts was
auf die Ob - Ebene schliessen liess. .— Endlich, es dämmerte schon,
sah ich ein breites Thal. Hinabsteigend fand ich aber nicht den
Ob, sondern ein jetzt fast trocken liegendes Altwasser von ziemlicher
Breite, das aber mit dem Ob Zusammenhängen musste. Da das
Wasser jetzt gegen 20' tiefer als zur Zeit der höchsten Fluthhöhe
stand, konnte der Ob nicht weit sein. Nichts einfacher als dem
Laufe des Wassers folgend, am Rande des Waldes mich haltend
weiter zu gehen, so musste ich an den Ob, und, wenn auch vielleicht
erst in 1—2 Stunden, zur Station kommen. Gesagt, gethan!
— Es wäre auch Alles gut gegangen, wenn ich bei diesem Plane
geblieben wäre, aber da plötzlich kracht ein Schuss hinter mir!
Sollte ich mich getäuscht haben, sollte das Altwasser ein Protok
(Seitenwasser) und auf der entgegengesetzten Seite die Station näher
sein? Ich kehrte um, folgte nun dem entgegengesetzten Laufe, denn
ein weiterer Schuss bestärkte mich in den Glauben jetzt erst richtig
zu gehen. Aber ich ging und ging: das Altwasser nahm kein
Ende! und als ich dasselbe erreicht hatte, erkannte ich erst
meinen Irrthum und war genöthigt umzukehren. Der Marsch
rückwärts konnte nur langsam vor sich gehen, denn es war inzwischen
dunkel geworden. Zunächst des Waldes bildeten unzählige,
angeschwemmte Baumstämme und der Länge nach, quer über den
Weg, gestürzte "Bäume ein sehr unangenehmes Hinderniss. Verliess
ich den Waldesrand und ging näher zum Wasser, so war wiederum
im Schlamm nicht fortzukommen. So musste ich diesen verlassen,
nachdem ich einmal so tief hineingerieth, dass der Stiefel stecken
blieb und ich ihn nur mit Marter und Noth wieder flott bekam.
Ich arbeitete mich also wieder längs dem Waldrande weiter, hatte
aber noch nicht die Hälfte des Weges zurückgelegt,.— als es
völlig dunkel wurde. Durch Schlamm und über gefallene Bäume
langsam forttappend, tönte plötzlich ein Schuss zur Linken, wieder
auf der Höhe des Berges; nach */4 Stunde ein zweiter, der nicht
sehr entfernt zu sein schien. Ich beantwortete den Schuss und verharrte
an der Stelle, mit dem Entschlüsse beim Grauen des Tages
dem Laufe des Altwassers zu folgen, und für die Nacht, so gut
und so schlecht als möglich, mich zurecht zu machen. Ich setzte
mich nieder. Zu essen hatte ich Nichts und der Durst machte
sich auch geltend. Aber durch den Schlamm das Wasser zu erreichen,
vielleicht in der Dunkelheit hineinzufallen, dafür musste ich
nach gemachte Erfahrung danken. So sass ich unter einem schönen
Würzelgestell, das mir auch Schutz gegen den nunmehr fallenden