Nor, allerdings erst südlich vom. Thien-shan nicht nur fand, sondern
auch Exemplare wirklich erlangte.
Dagegen waren wir einem anderen interessanten Thiere nahe,
dem Ular oder Steinrebhuhn, welches Graf Waldburg bereits im
Ala-T 'au wenigstens gesehen hatte. Die von Herrn Hachloff vorgezeigten
Bälge steigerten das Verlangen der Jäger und Naturforscher,
so dass Dr. Brehm und Graf Waldburg, in Begleitung
von Dr. Pander schon am folgenden Abende 9 Uhr (27. Mai) nach
dem Standorte des seltenen Federwildes, dem Monrakgebirge, c. 70
Werst von Saissan, aufbrachen. Ich konnte mich leider an dem
voraussichtlich so interessanten Ausfluge nicht betheiligen, da ich
an Dysenterie litt und ausserdem genug mit Präpariren, Ordnen
und Einpacken der Sammlungen zu thun hatte. Immerhin fand
ich noch Zeit zu einigen Fussausflügen . -O O i.n der nächsten UmOg,e . bun. og
von Saissan, die nur öde Steppe und die kahlen Saikanberge
bietet, an welche sich der Ort im Süden und Osten fast unmittelbar
anlehnt. Diese Berge, obwol wenig hoch, sind wegen der
steilen Felspartien nicht allerorts zugänglich und bestehen, wie die
mitgebrachten Handstücke beweisen, aus. Granit, Diabas, Diabas-
aphanit und Thoneisenstein. In den Schluchten und selbst auf dem
Scheitel dieser Berge finden sich oft mächtige Geröllhalden von
Trümmergestein und abgeschliffenen Stücken sehr verschiedenartiger
Formationen, die wol nur durch Wasser des Dschemine, bevor .sich
dieser Fluss sein Bett um 60—80 Fuss tiefer durch die Felsen grub,
(vielleicht gar früheren Gletschern des Ssaur?) hier abgelagert wurden.
Bei der gänzlichen Baumlosigkeit war das Thierleben ein beschränktes
und bei Weitem nicht so reich als in den Kara-Kadsehir-
bergen, wo ausser Thurmfalken, Wiedehopfen, Dohlen, Felstauben,
ganze Colonien von Mehlschwalben (vielleicht Chelidon lagopodaV)
und Rosenstaare die grandiosen Felsschluchten belebten. Graf
Waldburg begegnete einem Fluge des letztgenannten, farbenschönen
Vogels, der nach Tausenden zählte, und erlegte mit 2 Schuss aus
demselben 25 Stück. Immerhin wurde meine Mühe reichlich belohnt,
denn ich erlegte mehrere, bisher nicht erhaltene und hier
nicht erwartete Arten. So den mongolischen Wüstentrompeter
(Erythrospiza mongolica), den Huttonsammer (Emberiza Huttoni),
den Trauersteinsehmätzer (Saxicola morio), welcher eifrig mit Brutgeschäft
thätig war, und unseren grauen Fliegenfänger (Muscicapa
grisola), das einzige von uns überhaupt in Sibirien gesehene Exemplar
dieser Art.
i ; Unter flen zwei Spinnenarten, welche ich hier erbeutete, erwies
sich eine*), als neu; aber ich>suchte vergeblich nach Scorpionen,
Taranteln und anderen giftigen Spinnen, von denen man uns schon
in Seuupahitin.sk erzählt hatte. Der Biss der Tarantel (Lycosa son-
garensis), welcher nur eine Geschwulst erzeugt, ist am wenigsten
gefährlich; dagegen namentlich die unter dem Namen „Karakurt“
(Latrodeetus lugubris) gefürchtet, ebenso Epeira lobata und zwei
Arten Phalangium (araneoides und intrepida). Wenn Schuyler behauptet
letztere erreichten eine . Grösse „wie zwei Fäuste“ so ist
dies von Alex. Petzholdt bereits berichtigt worden, dessen grösstes
Exemplar nur 2 Zoll Leibeslänge zeigte. Die namentlich während
der heissesten Sommermonate gefährlichen Bisse dieser Spinnen haben
nicht selten den Tod zur Folge oder hinterlassen mindestens langwierige
Zerrüttung des Nervensystems, zuweilen Seelenstörung. Ausbrennen
und Aussaugen der Wunde sind die besten Mittel, als Nachkur
wird Kumyss und Schaffleisch empfohlen. Die genannten
giftigen Spinnen kommen übrigens auch in Süd-Russland**) vor
und fügen hier in manchen Jahren den Heerden grossen Schaden
zu, da nach den Beobachtungen von Dr. Schtschensnowitsch durchschnittlich
von gebissenen Kameelen 33%, Pferden 16%, Rindvieh
12 % zu Grunde gehen. Sehr merkwürdig ist dabei, dass diese gefürchteten
Insecten von den Schafen ohne Nachtheil verzehrt werden.
Die Kirghisen pflegen daher ihre Jurten an solchen Stellen aufzu-
sehlagen, wo Schafe vorher geweidet haben (Wlangali p. 152), ,wie
überhaupt Schaffelle als Schlafstätte vor nächtlichen Ueberfällen
dieser Thiere vollkommen sichern.
Von Säugethieren wurden mir ebenfalls Ueberraschungen bereitet.
So durch den langohrigen Igel (Erinaceus auritus), ein Fell des
seltenen, langschwänzigen Panters (Felis irbis), ganz besonders aber
durch Häute des Kulan oder wilden Pferdes, Der Anblick, als
unerwartet zwei Kirghisen, je mit einer roh mit Schilf ausgestopften
Haut eines solchen, gleichsam ein ganzes Pferd unterm Arm haltend,
*) Philodromus molarius, L. Koch. Beschrieben in; Terhandl. d. Zool.-bot.
Gesellsch. Wien 1878 p. 481. — Der bekannte ausgezeichnete Specialist Dr. L. Koch
in Nürnberg giebt hier eine Uebèrsicht der von mir in Sibirien gesammelten 16
Spinnenarten, darunter 4 neue.
**) Vergl. Pallas I. p. .157 (Tarantel), I. p. 382. III. 650 (Phalangium).. .