den Schwanz vorstellte, machten das Thierchen zu einer wahren
Carricatur. Im üebrigen zeigte es sich sehr zutraulich uud gab
dem Verlangen nach seiner Mutter durch ein dumpfes schafähnliches
Blöken, wie „mäa-bäa“ Ausdruck.
Gegen den Winter, wo diese Antilopen ihr fahlisabellbraunes
kurzes Sommerkleid mit einem heilfahlen, fast weisslich-grauen, langhaarigen
Winterpelz vertauschen, schaaren sie sich in grossen, oft
nach Hunderten und Tausenden zählenden Heer den. Trotz ihrer
Flüchtigkeit wissen sie die ausgezeichneten Windspiele der Kirghisen
einzuholen, was zu Pferd nicht möglich sein soll. Da sich die
Saigas im Winter gern im Rohr aufhalten, so haben die Kirghisen
eine eigene Jagdmethode erdacht. Sie stutzen nämlich auf kurze
Entfernung das Rohr so ab, dass die Spitzen desselben die springenden
Antilopen in den Leib verwunden müssen und treiben die
Thiere dann nach solchen Stellen, wo sie ihnen dann leicht zur
Beute werden (Pallas).
Das grobfaserige, dem Rindfleisch ähnliche Fleisch wird gegessen,
hat aber einen bitteren Wermutgeschmack, nach Meyer einen
moschusartigen Geruch, giebt aber namentlich gute Suppen. Das
Wildpret ist im Sommer, wegen der . unzähligen unter der- Haut
lebenden Larven einer Dasselfliege (Oestrus antiloparum) noch mehr
unappetitlich, wie schon Gmelin (I. p. 212) und Pallas (I. p. 212)
erwähnen. Ebenso sehr als das Fleisch„ sind die leierförmigen,
geradestehenden, unterseits mit Ringen versehenen, oberseits glatten
Hörner, welche nur das Männchen trägt, geschätzt; sie werden nach
China ausgeführt und wegen ihrer Transparenz hauptsächlich zu
Laternen verarbeitet.
Ohschon die Steppe sich jetzt vollständig entwickelt zeigte, sah
ich mich vergeblich nach Zieseln (Spermophili) und anderen kleinen
Säugethieren um, die ja hier häufig sein mussten, erhielt aber nur
eine Springmaus (Dipus eläter Licht,, kirghisisch: Tarbachan) und
den langohrigen Igel (Erinaceus auritus Pall.), welcher übrigens
schon bei Semipalätinsk vorkommt. Die Vogelwelt bot ausser dem
Isabellwürger (Lanius isabellinus Ehrb.) die bisherigen Erscheinungen:
hie und da einen Königsadler (Aquila mogilnik), Steppenweihen
(Circus pallidus), darunter fast weiss erscheinende Exemplare, Lerchen,
Gilbammer, schwarzköpfige Bachstelzen, Wiesenschmätzer,) ¡'Gross-
trappen, Heerdenkibitze, die jetzt Junge hatten, Flughühnör und
Jungfernkraniche. Das hohe Dschigras war ein bevorzugter Aufenthalt
des Gilbammers, aber auch eine unserem Sumpfrohrsänger ähnliche
Art fand sich hier, sowie häufig Wachteln, und was mich am
meisten wunderte, grosse Flüge unseres Feldsperlings (Passer mon-
tanus). An den rothen Felsen schwärmten Thurmfalken und
Schwalben, die hier gemeinschaftlich brüten mochten, doch liess
sich dies bei dem schnellen Vorbeifahren nicht sicher ermitteln,
ebensowenig ob die Schwalbenart wirklich die Alpenschwalbe (Hi- »
rundo alpestris) sein mochte, wie ich vermuthete.
Eine Schlange, die erste welche wir bisher sahen, wurde von
einem Kosaken gebracht und natürlich als giftig bezeichnet. Es
war die unschädliche Dionennatter (Elaphis dione Pall.). Doch
gibt es auch Giftschlangen und zwar sind nach Dr. Brehm Kreuzottern
und Halysschlangen in diesen Gebieten sogar sehr häufig.
Von der letzteren gibt der genannte Forscher wol hauptsächlich
auf Aussagen der Kirghisen hin, ein ausführliches Lebensbild (Thierl.
2. Ausgabe 7. p. 516). Wie erwähnt, erhielten wir leider keiue
Exemplare, ich wage also über die Art nicht zu entscheiden. Die
Halys, welche uns später in Smeinogorsk gebracht wurde, erwies
sich nicht als die eigentliche (Trigonocephalus halys Pall.), sondern
als eine verwandte Art (Tr. intermedius Strauch.). Rytschkow erwähnt
neben anderen abenteuerlichen Dingen aus der Steppe auch eine
Art „weisser“ Schlangen, die Gegenstand der Verehrung bei den
Kirghisen sein sollen, und was noch mehr ist, er versicherte diese fabelhaften
Thiere selbst gesehen zu haben. „In dem Gebüsche am
Ufer des Flusses halten sich weisse Schlangen auf, viel grösser als
das gestempelte Fadenmass (7 Fussü), zwei solche sah ich, die der
Sonnengluth wegen ins Wasser krochen, weil wir aber über ihre
Grösse erschraken, und gerade damals kein Gewehr bei uns hatten,
um uns, wenn sie grimmig wären, gegen sie zu wehren, begaben
wir uns auf die Flucht und versteckten uns in das Gebüsch“ (Tagebuch
p. 386).
Die grosse Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit im Baustyl
der kirghisischen Grabmäler wurde heut wieder durch zwei eigen-
thümliche Typen bestätigt. Das eine Grab entsprach im Aeusseren
ganz einer grossen Scheuer, mit rechtwinkeligem schiefen Dach,
wogegen das zweite einen wahren Kunstbau darstellte, mit seinen
vier kegelförmigen Eckthürmen, auf denen der Halbmond winkte.
Es enthielt die Ueberreste des Chorundschi Koseheke Umaldschin und
hatte trotz seines Umfanges und den wol 18 Fuss hohen Thürmen
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