Verwaltung des Kreises; alle administrativen, polizeilichen, justiziellen
Untersuchungs- und anderen Angelegenheiten werden durch ihn
entschieden. Er ist Präsident in allen Quartier- und Grenzangelegenheiten;
4 Grenzposten stehen unmittelbar unter seinen Befehlen.
Kein Polizeibeamter oder Richter unterstützt ihn, sondern sein
ganzer Stab besteht nur in einem Gehülfen, einem Bauofficier,
Schriftführer und zwei Militärschreibern, für die an Kanzleiunkosten
jährlich ganze 400 R. ausgesetzt sind. Leicht begreiflich daher, dass
der Pristav von Saissan ein mit Geschäften überladener Mann sein
muss. Denn sein Kreis ist eben kein kleiner, da er 36,120 Q.-W.
umfasst, mit 66,125 Einwohnern. Davon sind allerdings nur 3843
sesshaft, die übrigen Nomaden (Kirghisen und Kalmücken), welche
11 Gemeinden bilden. Feste Wohnsitze zählt der . Kreis: 1 Stadt
(Kokbekti: c. 1300 Einw.), 2 Dörfer, 1 Militärposten (Saissan) und
2 Kosakenstanizen. Das 4. sibirische Linienbataillon, eine Batterie
und drei sibirische Kosakenregimenter quartieren im Kreise.
„Saissansskii-Post ist ein vorgeschobener Punkt in der Nordhälfte
der Dsungarei, der sich ziemlich schnell zu einem ordentlichen Dorfe
entwickelt hat,“ schreibt Wenjukow 1874 und ich kann dies nur
bestätigen. Der Ort macht in der That einen recht freundlichen
Eindruck, der namentlich für den aus der Steppe Kommenden,
durch die mit Weiden bepflanzten und von fliessenden Wassergräben
begrenzten breiten Strassen, erweckt wird. Die nur aus Luftziegeln
erbauten, nicht mit Dach versehenen, sondern flach verdeckten
Häuser imponiren freilich weniger, sind aber sehr zweckmässig und
namentlich bei der grossen Hitze erfrischend kühl. Doch giebt es
auch etliche Holzhäuser (darunter das des Pristav) und eine kleine,
recht nette, aus Holz erbaute, mit Glocken versehene Kirche. Ein
grosses Schulgebäude, hauptsächlich für Kirghisen bestimmt,. ist
ebenfalls vorhanden. Und in dem kleinen, mit hölzernen Verkaufsbuden
versehenen Bazar, ist Allerlei von europäischen und asiatischen
Waaren zu haben. Das Officiercorps besitzt ein Casino und der
Vorsorge des Major Tichanoff verdankt der Ort sogar eine sehr
niedliche Parkanlage, mit einem Locale für gesellige Zusammenkünfte,
welche bei weiterer Entwickelung nicht wenig zur Verschönerung
des in ödester Steppe angelegten Platzes beitragen wird.
Dieselbe liegt jenseits, am rechten Ufer des reissenden Gebirgs-
wassers Dschemeni, welches in nächster Nähe des Ortes aus den
Felsen herabströmt und über welche eine breite solide Holzbrücke
führt. Saissan, d. h. „die Edle“, fzählt etwa 163 Häuser mit ca.
2000 Einwohnern (incl. Militär) und liegt unter 470 26' 25" n. Br.
und 84° 58' östl. L. v. Gr. (nach Miroschnitschenko) (54° 38' östl.
v. Pulkowa) in 540 Meter Höhe, nach Graf Waldburg’s Aneroid-
beobachtungen. Die Gründung des Ortes fällt in’s Jahr 1867, wo
die ersten Kosaken herkamen; 1868 wurden die ersten Häuser gebaut.
Doch hatte die junge Ansiedelung bereits 1869 einen Anfall
chinesischer Marodeure, der sogenannten Kisil-Ajak, von Bulun-
togoi, äbzuwehren.
Während unseres Hierseins entwickelte sich in Saissan ein reges
Leben, da es den Ausgangspunkt der Karavanen nach Barkul,
Gutschen und Urumtsi bildete, welche Mehl für die chinesische
Armee führten. Hunderte beladener Kameele zogen unangefochten
durch das Gebiet der aufrührerischen Dunganen, denen diese Unterstützung
ihrer Feinde allerdings nicht sehr angenehm sein mochte.
Aber die wenigen Kosaken genügten stets die Dunganen in Zaum
zu halten, und Niemand glaubte, dass sie jemals einen Angriff
wagen würden. Allein allmälig an den Anblick der Schreckenspopanze
gewöhnt, wurden die Dunganen plötzlich kühn, griffen
trotz der Kosaken 1877 eine Karavane an und plünderten sie aus.
Seitdem wurden diese grossartigen Transporte, welche die Firma
Kamensky, deren Chef wir in den Arcatbergen kennen gelernt
hatten, unternahm, bei denen aber wahrscheinlich noch Andere betheiligt
waren, regierungsseitig untersagt. Einen Vertreter des
Hauses, Herrn Andrej Hachloff lernten wir im Hause des Pristav
kennen und erfuhren durch ihn Mancherlei, namentlich in Bezug
auf die Thierwelt, da er ein sehr eifriger und kenntnissreicher Jäger
war. Er führte uns einen alten Kirghisen Mardschi Aldiar zu, der
aus eigener Erfahrung die Mittheilungen über das Tuikik oder
wilde Kameel machte, welche ich s. Z. in den Proceedings der
zoologischen Gesellschaft von London(1876) wiedergab (siehe wissensch.
Theil). Wir befanden uns nur c. 250 Werst von der Heimath dieses
interessanten Thieres (angeblich Wüstengebiet Kabano in der nordwestlichen
Mongolei), dessen Existenz bisher noch durch keinen
Naturforscher nachgewiesen war, konnten selbstverständlich aber
nicht daran denken das Problem lösen zu wollen. Doch glückte
dies schon ein Jahr später dem unternehmenden Przewalski, welcher
wilde Kameele im Tarim-Becken c. 200 Werst westlich vom Lop