und zu zittern, kreuzen die Vorderbeine, fallen um und sind todt.
Dies geschieht oft in kaum mehr als drei Minuten, meistens aber
dauert es länger, oft bis eine Stunde. Die Tbiere rennen zuweilen,
wie von innerer Angst gequält, umher, suchen selbst in die Zelte
einzudringen, stürzen, erheben sich wieder, versuchen der Heerde zu
folgen und verenden unter schaurigen convnlsivischen Zuckungen
der Extremitäten oder ganz ruhig, so dass nur der mächtig arbeitende
Leib und das heftige Röcheln noch Leben verrathen. Bejammemswerth
ist es die Kälber zu sehen, welche unter Ausstossen eigentliümlicher
dumpfer Grunzlaute,*) wild unter der Heerde umherrennen; :um ihre
Mütter zu suchen, oder an dem todten Körper derselben noch zu
saugen versuchen. Solche Saugkälber bleiben von der Seuche verschont;
die schwächeren Kühe erliegen ihr zuerst. Die gefallenen
Thiere haben meist einen dickaufgeschwollenen Leib und vielen steht
weisser Schaum vorm Maule. Manche bleiben in der Stellunog lieggOenn
in der sie der Tod ereilte, z. B. mit erhobenem Kopfe, gleichsam
als wie zum Lecken bereit.
Wenü Sidorolf, der nicht aus eigener Anschauung spricht, behauptet,
bei der Seuche fallen den Thieren die Hufe, sogar die Zunge
ab, so ist das letztere unrichtig und das erstere bezieht sich auf die
Klauenseuche,**) welche ebenfalls zuweilen unter den Renheerden
wüthet. Die Thiere können bei guter Weide, aber unter Umständen,
von dieser noch genesen oder wenigstens lässt sich ihr Fleisch und
Fell noch gebrauchen, während an der Seuche gefallene Renthiere
durchaus werthlos sind. Die Krankheit, um welche es sich hier
handelt, ist nämlich Milzbrand, jene schreckliche Epidemie, welche
auch bei uns schon öfters furchtbare Verheerungen unter Haus-
thieren anrichtete. Den neuesten Forschungen***) zufolge entsteht
dieselbe durch ein pathogenes Bakterium oder mikroskopischen, im
Blute schmarotzenden Pilz (Bacillus anthracis). Die Lebensfähig*)
Diese hört man nnr von Kühen und Kälbern; „sonst leiden, freuen und
balgen sie sich stumm“ sagt von Hofmann (p. 58), der selbst von wüthend in der
Brunstzeit kämpfenden Bullen nie einen Stimmlaut hörte. Anders scheint sich das
wilde Ren in Norwegen zu verhalten. „Mit lautem Schrei ruft der Hirsch Mitbewerber
heran, orgelt wiederholt u. s. w.“ (Brehm’s Tluerl 2. edit. 3, p. 123). —
**) Den Verlauf dieser Krankheit beschreiben v. Hoffmann (p. 128), dessen
Expedition grosse Verluste durch sie erlitt, und Schrenk (II. p. 383).
***) Vergl. Dr. Zimmermann; „Die Pilze als Ursache von Krankheiten an Thieren
und Menschen“ in: Natnr (K. Müller) 1877, No. 26 p. 359, mit Abbildung; letztere
auch: Gartenlaube 1879, No. 4 p. 64.