die Schultern reicht und mantillenartig den Nacken mitbedeckt.
Dazu um den Hals schwere Ketten aus dicken Glasperlen und eine
eigenthümliche ungemein reizend aussehende Ohrverzierung, nämlich
eine kleine Rosette aus weissen Schwanen- oder Gänsedunen, die
täuschend frischen Blüthen ähnelt.
Auch hier fanden wir überaus grosse Reinlichkeit in den
Wohnungen, die zuweilen in bunt drappirten Himmelbetten förmlich
zu Luxus ausartete. Letzterer bekundete sich auch in Stickereien
der Frauentracht, die eigenartig und nett oft unsere Kunstmuster
übertrafen, und sich mitunter sogar auf die Kanten der Handtücher
ausdehnten.
Zwischen Schemanaicha und Jekaterininskaja erreicht man eine
Höhe, von welcher aus sich ein weiter Blick auf die Ebene eröffnet,
in der neben anderen isolirten kahlen Bergen, namentlich einer wegen
seiner auffallenden Pyramidenform auffällt; wahrscheinlich war es
der 1773' hohe Wtoraja Mochnataja Sopka. In weiter Ferne begrenzen
Höhenzüge den Horizont: die Ausläufer der Tigeretzkischen
Gebirge. Mit dieser Höhe (nach Ledebour 1675.Paris. Fuss) hatten
wir die Wasserscheide zwischen Irtisch und Ob erreicht, | wenige
Stunden später den ersten Zufluss des letzteren den Alei, an dessen
jenseitigem (rechten) Ufer das hübsche Dorf Jekaterininskaja liegt.
Schöne Baumgruppen aus Pappeln und Weiden umgeben dasselbe,
aber ich spähte vergeblich nach dem langschwänzigen Rosengimpel
(Urages sibirica), den Pallas hier (1771) erhielt und musste mich
schliesslich mit einer weissflügeligen Elster zufrieden geben.
Wie immer die letzte Station, so wurde uns auch diese mit
ihren 29 Werst (4 d. M.) am langweiligsten. Wir mussten aber
unsere Ungeduld zügeln und noch manchen Höhenzug überschreiten,
ehe uns, in einer Entfernung von etwa 4 Werst, der Anblick von
Smeinogorsk erfreute. Die Stadt, oder vielmehr ein lange Reihe
Häuser, welche sich auf sanft geneigter Ebene hinzieht, macht einen
sehr freundlichen Eindruck, gehoben durch malerische, obwol kahle
Berge, unter denen sich zur Rechten die 1962 Paris. Fuss (Helmersen,
nach Ledebour 2006 F.) hohe Karaulnaja Sopka (d. h. Wachtberg),
der höchste derselben, hinter dem Orte die Prigonnaja Sopka (1462 F.)
besonders bemerkbar machen. Vor der Stadt erblickt man einen
blauen See, es ist der durch das Stauwasser der kleinen Flüsse
Smeijowka und Platinka gebildete ansehnlich grosse Sparteich (Gornoi
Prud), der sein Wasser der Korbalicha ziifiihrt. Neben .diesem Teiche
erhebt sich ein anderer unbedeutender nur 200 Fuss hoher Berg
der berühmte Smejowska Gora (Schlangenberg), mit seinen' mehr als
seit einem Jahrhundert aufgespeicherten Pingen. Links von diesem
Berge erblickt man anscheinend einen abgesonderten Stadttheil mit
grossen Gebäuden und Schornsteinen: die Hüttenwerke.
Ein Kosak empfing uns am Eingänge der Stadt um uns nach
einem schönen grossen Holzhause, demselben welches 1829 (8—10.
August) Humboldt und seine Gefährten aufnahm, zu geleiten, wo
unserer ein treffliches Mahl harrte. So empfing uns auch hier wieder
die Altaische Gastfreundschaft, mit der uns namentlich der Chef der
Hüttenwerke Herr Valentin Dimitriewitsch Iwanoff zu Dank verpflichtete.
Wir fanden am ändern Tage in seinem Hause eine sehr
feine Gesellschaft der hervorragendsten Beamten Schlangenbergs
und ihrer Damen, darunter auch deutschredende, versammelt. Die
liebenswürdige Frau des Hauses liess es sich sogar nicht nehmen uns
noch Vorräthe mit auf den Weg zu geben.
Ueber Smeinogorsk, (Smeinogorod Rudjanii, Smeinogorodskii,
abgekürzt Smejow) zu deutsch Sehlangenberg seine Erzlagerstätten
und Werke liegen soviele ausgezeichnete und ausführliche Beschreibungen*)
vor, dass ich mich füglich jeder weiteren enthalten kann.
Die Stadt (unter 51. 9. 27. n. Br. und 380 M. = 1330 F. hoch:
Waldburg; 1362: Helmersen; 1201: Ledebour; 1240: Humboldt)
zählt an 900 meist hölzerne Häuser, 2 steinerne Kirchen, und an
6000 Einwohner, die meist in den Hüttenwerken Beschäftigung
finden. Obwol die letzteren wegen Baues der Oefen nicht im Betriebe
waren, besuchten wir sie doch und lernten dabei, an der
Hand fachmännischer Führer Allerlei. Die ausgedehnten Bergwerke,
früher die bedeutendsten und reichsten des ganzen Altai, sind bereits
seit etwa 10 Jahren aufgegeben worden. Theils weil die bis 650
Fuss tiefen Schachte bis auf 336 Fuss unter Wasser stehen, hauptsächlich
wol aber weil die reichen Erzadern erschöpft wurden und
es seither nicht gelang neue aufzufinden, was nach dem Urtheil
Cottas zwar keineswegs unmöglich scheint, aber ganz ernorme Kosten
mit Aussicht auf Misserfolg verursachen würde. So dient Schlangenberg
jetzt nur als Schmelzhütte**) der Erze von Syrjanowsk, Riddersk u.s. w.
*) Vor Allem Helmersen (p. 133 und 209), den Cotta (p. 192—213) z. Th.
copirt, Rose (I. p. 529—557), Meyer (p. 177), Ledebour (p. 39—45), Pallas (II
p. 592—616). —
**) Eine sorgfältige Sammlung dieser Producte, mit genauen Angaben des