Grunde die sonderbare Trapa natans wäohst. ¡Ihre Früchte, welche
im August reifen, werden dann herausgefisoht und unter dem Namen
„Ragulki“ zum Essen (70 Stück für 1 Kop.) verkauft. (Meyer p. 176.)
Die berüchtigten Mücken (Culex pipions), die grösste Plage des
Altai, welche im Sommer den Aufenthalt im Freien nur mit Masken
aus Haarnetz ermöglichen und die Atkinson noch am Fusse des
Belncha quälten, waren, ausser Flügen Rosenstaaren, die einzigen
Erscheinungen der Thierwelt. Aber als wir bei dem Dorfe Rutschiowa
die Loktewka (d. h. Ellbogen) überschritten, sahen wir in dem
kleinen Flusse Knaben mit Fischen beschäftigt. Ihr Fang bestand
in kleinen Schmerlen (Gobius?) und einer Art Ellritze (Phoxinus?),
wahrscheinlich dieselbe, welche Pallas aus dieser Gegend erwähut
und als „Cyprinus rivularis“ beschreibt (II. p. 717).
Gegen Abend 10 Uhr bei völliger Dunkelheit kamen wir in
Kolywan an und fanden im Hause des Directors der Schleiffabrik
Obrist Iwan Alexandrowitsch Slobin gastlichste Aufnahme, in derselben
herzlichen Weise von seiner liebenswürdigen Frau und Tochter
aufgenommen, wie dies schon Cotta dankend anerkennt.
Kolywan, zum Unterschiede von der gleichnamigen ca. 200 Werst
nordwestlich von Barnaul liegenden Kreisstadt (dem früheren Dorfe
Tschausk), Sawod Kolywanskii oder Kolywanski-Fäbrika, (Kolywan-
Sehleiffabrik) genannt, liegt 1209 Fuss über dem Meere und ist ein
sehr freundlicher und netter Bergflecken von vielleicht 1000 bis
1500 Einwohnern, die zum Theil in der Fabrik oder deren Steinbrüchen
arbeiten, oder von Ackerbau und namentlich Bienenzucht
leben. Wie in Lepsa besitzt fast jeder Wohlhabendere einen sogenannten
„Bienengarten“. Der Altaihonig ist mit Recht, wegen
seines feinen Aroma’s , berühmt und wird je nach der Güte mit 472
bis 572 Rubel das Pud bezahlt; er bildet einen bedeutenden
Handelsartikel. Obrist Arschenewski liess 1798 die ersten Bienenstöcke
kommen, auf deren Wichtigkeit für die hiesige Gegend übrigens
schon Pallas 1771 aufmerksam machte, und legte somit den Grund
zu dieser einträglichen Cultur. Nach Radloff soll die Honigbiene
übrigens im östlichen Altai am Teletzkischen See von jeher wild
leben. Wie bedeutend die Honigemte im Altai ist, beweist die
Nachricht Meyer’s, nach welcher einzelne Dörfer jährlich 3000 Pud
und mehr einheimsen. Die Bären sollen übrigens oft grossen Schaden
anriehten, indem sie Stöcke umwerfen, mit den Pranken zu einer
Masse verarbeiten und so, den Stacheln der Bienen entgehend, diese
mitsammt Honig und Wachs verzehren. Um die Bären abzusehrecken,
pflegt man daher nicht selten den Bienenstöcken durch Anhängen
alter Kleidungsstücke etc. das Aussehen von Menschen zu verleihen.
Als Akinfi NikitinowitschDemxdoff, Sohn des berühmten Schmiedemeisters
und G ründers desüralischen Bergbaues unddesjetzigen Fürstenhauses
Nikitin Demidoff, seine Untersuchungen nach Edelmetallen
bis in den Altai ausdehnen liess, wozu eingesandte Proben aus alten
Tschudenschürfen die Veranlassung gaben, wurde bei Kolywan*)
1727 das; erste Berg- und Hüttenwerk gegründet. Nach diesem
und der später eröffneten Kupfergrube Woskressensk (Auferstehung)
erhielten alle Bergwerke des Altai, als dieselben unter der Regierung
der Kaiserin Elisabeth I. 1747 von der Krone übernommen wurden,
die Benennung Kolywano-Woskressenskischer Bergbau. Kolywan
selbst erwies sich nicht ergiebig genug, musste als Bergwerk schon
1732, als Schmelzhütte bereits 1766 wegen Holzmangel aufgegeben
werden. Verschiedene Schürfungsexpeditionen, namentlich die erfolgreiche
von Schanjin 1786**) führten aber zur Entdeckung sehleif-
würdiger Gesteine und somit zur Gründung der grossartigen Schleiffabrik***)
1799, — Wir besuchten sie unter freundlicher Führung
von Herrn Director Slobin am Morgen des 20. Juni. Das massive
Gebäude ist grösser und besser eingerichtet als in Jekaterinenburg;
die Maschinen werden aber wie dort mittelst Wasserkraft getrieben,
und zwar von der kleinen Bjelaja, einem hübschen Bergflusse, der
oberhalb der Fabrik abgedämmt einen Sparteich bildet. Die Schleifscheiben
welche vertical liegen (bei kleineren Handmaschinen horizontal),
werden wie üblich mit Smirgel (russ. Naschdag) befeuchtet;
die Politur auf Zinnscheiben mit Trippel hervorgebracht. Die, auf
Kosten des Kaisers betriebene Anstalt beschäftigt gegenwärtig an
50 Arbeiter, die in Tag- und Nachtschichten abwechseln und im
Monat 6 bis 10 Rubel (die Meister 11) verdienen. Man arbeitete
an einer jener colossalen Vasen, deren Herstellung ein bis mehrere
*) Vergl.: Gmelin I. p. 251 und Pallas II. p. 579. — Wie sehr Deutsche,
namentlich sächsische Bergleute, au der Gründung des Altai-Bergbaues Teilnahmen,
beweisen eine Anzahl noch heut gebräuchlicher Wörter (wie Bergamt, Ort, Gesenk,
Markscheider etc.). Ueber die Geschichte und Anzahl der Gruben- und Hüttenwerke
vergl.: Ledehour Beilagen No. 11—15; Bose I. p. 504. 512; Helmersen
p. 275; Cotta p. 184—258.
**) Vergl.: Pallas „Neue nordische Beiträge'-. Bd. VI. p. 27.
***) Vergl.: Ledebour p. 49. —- Helmersen p. 249. — Cotta p. 28.