Tage (4 Juni), als wir aus steiniger Wüste unverhofft in eine kleine
Oase gelangten. Hier breiteten sich weithin grüne Wiesen aus, die
hie nnd da malerisch und farbenprächtig von blauen Feldern durchsetzt
waren. Sie rührten von einer reizenden Blume her, einer
Schwertlilie (Iris flavissima et I. ruthenica), die ganze Strecken,
besonders feuchte bedeckte, und stellen weis fast so üppig als auf
einem Hyacinthenbeete in Holland wucherten. Dass diese üppige
Vegetation eitlem kleinen Bache ihr Dasein verdanken musste, war
im Voraus anzunehmen. Es war der Usun-bulak. Seinen stark gewundenen
Lauf bezeichnete üppiges Strauchwerk mit höheren Bäumen
untermischt. Hier trieb der Eisvogel sein stilles Fischereigewerbe>
zahlreiche Rohr- und andere Sänger liessen ihren Gesang erschallen
und selbst ein Stockentenpaar hatte es nicht verschmäht das Bächlein
als Wiege für die eben entschlüpfte Jungenschaar auszuwählen.
Auf den Dächern der in der Nähe befindlichen, jetzt verlassenen
kirghisischen Winterwohnungen aus Luftziegeln, zwitscherte unsere
Rauchschwalbe ihre trauliche Weise. Die Thierchen waren so zahm,
dass ich sie ganz in der Nähe betrachten und als unsere typische
westliche Form der Rauchschwalbe (Hirundo rustica) erkennen konnte;
der Naturforscher durfte also die lieben Heimathsgenossen unbehelligt
lassen. Dagegen schien es nothwendig die Art des hiesigen Sprossers
wenigstens durch ein Exemplar festzustellen, denn ich hatte es in
Saissan nicht übers Herz bringen können das einzige in der dortigen
Parkanlage angesiedelte Pärchen der Wissenschaft zu opfern, obwol
mich die Bewohner dazu aufforderten. Hier brauchte ich diese
Rücksicht nicht. zu nehmen und so fiel das herrlich schlagende
Männchen, leider aber damit noch nicht in meine Hände, denn wie
so manche andere Vögel, war es in dem dichten und undurchdringlichen
Gestrüpp nicht aufzufinden. Die Jagd in solchen Gegenden
ist in der That, ohne einen firmen Hund, sehr schwierig und bereitet
vielfach Enttäuschungen: von 6 kleinen Vögelchen gehen
meist 2 verloren!
*) Bezüglich der Vegetation verweise ich auf die hübschen nnd ausführlichen
Schilderungen von Meyer (Ledeb. Beise ü . p. 235, 242, 249 und 257.) und ganz
besonders auf das knappe und übersichtliche Bild, welches Teplouchow Von der
Steppenflora entwirft (Cotta’s Altai p."275) und welches auch hierher passen dürfte.