Heimwärts. 569
gerade in diesen Ländern und seinen nomadisirenden Bewohnern
aussergewöhnliche Schwierigkeiten entgegen stehen. In voller Anerkennung
derselben, will es mir doch scheinen, als wenn die
Missionäre der orthodoxen Kirche doch sehr einseitig zu Werke
gehen, und namentlich wunderte es mich, dass in Bezug auf Sprachforschung*)
so wenig von ihrer Seite geschieht. Schrenk spricht
schon (p. 42) sein Bedauern darüber aus, dass die reichen Sammlungen
des Apostels der cisuralischen Samojeden Venjamin, un-
publicirt blieben, und ich kann in Bezug auf das von der Mission
in Obdorsk gesammelte Sprachmaterial nur dasselbe sagen. Es gab
hier ein sehr sorgfältig mit Erläuterungen zusammengestelltes Wörterbuch
der samojedisehen und ostiakischen Sprache, aber dasselbe wird
wol nie publicirt werden, wie ich mich nicht erinnere ein gedrucktes
Buch in einer der beiden Sprachen gesehen zu haben.
Wir erfreuten uns übrigens Seitens der geistlichen Herren, des
Pfarrers und Diacon, wie stets bei orthodoxen Priestern, einer sehr
freundlichen Aufnahme und durch Güte des ersteren erhielt ich
einige Mammuth-Fragmente, die ich auf dem Boden im Missionshause
zufällig entdeckte, zum Geschenk. Die Abschrift des Wörterbuches,
welche der Diacon Nicolai Alexejewitsch Ssilin auf meine
Kosten zu machen versprach, habe ich leider nicht erhalten.
Obdorsk hat sich, wie aus dem Vorhergehenden erhellt, immerhin
entwickelt und seine fast unter demselben Breitengrade gelegene
Schwester am Jenissei', Turuchansk, das frühere Novo(Neu)-Mangasea,
längst überflügelt. Obschon zu Gmelin’s Zeit (1739) schon sehr im
Rückschritt begriffen, zählte es noch an 100 Häuser und „zwo Pfarrkirchen,“
während Castren 1846 nur 4 Häuser fand. Jetzt ist. der
Ort fast ganz verfallen (vergl. Geogr. Blätter I. 1877, p. 10).
Während der früher sehr bedeutende Jahrmarkt in Turuchansk,**)
*) Man fühlt sich dabei unwillkürlich zu Vergleichen mit den Arbeiten der
Herrnhuter unter den Eskimos veranlasst, die letztere alle die Bibel in ihrer
eigenen Sprache lesen können, ganz zu schweigen von den überraschenden Erfolgen
englischer und amerikanischer Missionen. In Zeit von 65 Jahren wurden allein
im Gebiet der Südsee 500,000 Eingeborne, davon die Mehrzahl notorische Cannibalen,
bekehrt, 60,000 lernten lesen und schreiben; die Bibel wurde in 20 verschiedene
Sprachen übersetzt uud in Tausenden von Exemplaren vertheilt. Und dies Alles
hatte kaum 1 Million Pfund Sterling an Kosten verursacht — etwas mehr als der
Alexandra Pallast in London!
**) Vergl. Castren H. p. 235. Das Pfund Zucker kostete 1846 hier 2 B.
10 Kop., im Winter sogar 3,60. —