nimmt dasselbe, in 2 kleinen Böten rudernd, in’s Schlepptau. Diese
Barschen, welche 3000—4000 Rubel kosten, dienen vorzugsweise
dem grossartigen Fischereibetriebe des unteren Ob, bringen aber
auch alle andere Kaufmannsgüter herab.
Da die Magazine in Obdorsk jetzt ziemlich leer, in manchen
Artikeln ganz geräumt waren, so erwartete man die Ankunft einer
solchen Barsche mit Sehnsucht. Ganz besonders Frau Trophimoff,
deren Gatte sich an Bord befand, und von dem seit der Abreise
von Bereósoff, seit 3 Wochen, nichts mehr gehört worden war.
Man ersieht hieraus, dass dieser Transport ein recht langsamer ist,
aber es genügt ja vollkommen, wenn die im März in Irbit eingekauften
Waaren gegen Ende August oder im September in Obdorsk
eintreffen; sie kommen dann immer noch zum Jahrmarkt zurecht.
Dabei stellt sich die Fracht ungemein billig, wie mir versichert
wurde, für das Pud Mehl auf einer von Ischim herabtreibenden
Barka (über 300 d. M. weit) nur 2 Kop.
Trophimoff und seine Barsche kamen übrigens an und letztere
brachte eine Auswahl der verschiedenartigsten Artikel, welche in
Erstaunen setzen konnte. Was z. B. Samojeden und Ostiaken mit
Kinderschürzen aus Waehstafft und ähnlichen Dingen westeuropäischer
Kultur anfaugen sollten, blieb mir ebenso unklar, als wer
die feinen eingemachten Früchte kaufen würde, von denen Tupaloffs
Laden der mit Trophimoffs wol der bedeutenste ist, eine ziemliche
Anzahl Gläser enthielt. Sie waren nicht theurer als in der Fabrik
in St. Petersburg, woher sie stammten und ich kaufte ein Glas
herrlicher Reine Clauden für 1 R. Auch die Preise anderer Artikel
schienen keineswegs theuer. So kostete, um nur Einiges anzuführen,
gemahlener und gebrannter Kaffee das Pfund 1 R. 20, Thee 1 R. 50,
Zucker 35—40 Kop., eine Büchse französ, Sardinen 75 K., 1 Thee-
glas 15 Kop., 1 gewöhnlicher Steingutteller 10 K., 1 Paar Messer
und Gabel (engl.) 60 Kop., 100 Stück rauchbare Cigarren 2 Rub.
50 K. u. s. w.
Aus Freude und Dankbarkeit über die glückliche Ankunft der
Barsche, hatte Trophimoff nicht allein in der Kirche eine geweihte
Kerze im Werthe von 5 R. gestiftet, sondern gab sogar an Bord
eine Soirée, bei der reichlich viel Schnaps getrunken wurde, da die
Weine leider noch nicht ausgeladen waren. Nicolai Andrejew ist
der Sohn jenes „Ehrenmann Trophimoff“ (Kowalski p. XXX), der
durch die edelmüthige und grossartige Unterstützung, welche er der
Ural-Expedition (vergl. p. 423) zu Theil werden liess sich ebenso
hohe Verdienste um die Wissenschaft erwarb, als dnrch das fast
vollständige Skeletteines Mamuth,*) welches er 1846 auf seine Kosten
auf der Gyda-Tundra (ca. 71‘/2° n. Br.) ausgraben liess und dem
Museum in Moskau schenkte.
Getreu dem Vater hat auch der Sohn wissenschaftliche Interessen,
die aber, wie wir schon beim Schuner Moskau gesehen haben, sich
mehr auf practische Gebiete richten. So beabsichtigte der unternehmende
Mann nicht nur mit seinem Schuner noch im Herbst 1876
eine Reise nach dem Tassbusen zu machen, sondern, in Erinnerung
des alten Mangasea, hier im Herzen des Samojedenlandes eine Niederlassung
anzulegen. Leider waren seine der Regierung eingereichten
Pläne nicht genehmigt worden und zwar weil Obdorsk mit Ausführung
derselben jedenfalls sehr geschädigt werden würde.
So wenig man sich also in Obdorsk für den Tass interessirte,
um so mehr für das Canalproject zwischen Ob und der Kara-Bai,
denn anscheinend waren die Gerüchte über dasselbe schon von Petersburg
bis hierher gedrungen. „Auf Sie setzen wir unsere Hoffnungen“
! hatte man uns dort, unsere Kräfte in liebenswürdiger
Weise überschätzend, zugerufen.
Diesem ehrenvollen Vertrauen entsprechend scheint es mir Pflicht
über unsere Wahrnehmungen wenigstens hier öffentlich Rechenschaft
abzulegen. Wenn dieser Bericht, wie ich hoffe, Jeden davon
überzeugen wird, dass das Project am besten ein- für allemal zu
den Todten gelegt werden kann, so däucht mir selbst dieses leider
sehr enttäuschende Resultat äusserst werthvoll, denn es wird dazu
beitragen, etwaige Mittel aussichtsvolleren und nützlicheren Unternehmungen
zuzuwenden, unter welchen ich nach wie vor die genaue
Aufnahme des Obbusens empfehlen möchte.
Nachdem Nordenskjöld, ein Professor und Ausländer, Navigateuren
von Fach und Russen den Seeweg nach dem Jenissei gezeigt
hatte, fing man auch - in Petersburg und Moskau an, sich für diesen
und den Ob zu interessiren und erinnerte sich sogar, dass die Mündungsverhältnisse
des Ob, sowie der Ob-Meerbusen eigentlich noch
sehr wenig erforscht seien.
*) Vergl. Middend. Sibir. Eeise IV. Heft 2 p. 272 und den Fundort auf der
Karte zu Schmidts Mamutb-Expedition (1872).