leicht gegen 3 Uhr Nachmittags der See in seiner ganzen Majestät
vor nns lag. Die blaue, weissgestreifte Wasserfläche, auf deren
Mitte, einer Rauchwolke gleich, mächtige Dünste lagerten, war
ringsum von hohen, schneebedeckten Bergen umrahmt, deren Gipfel
6—7000 Fuss erreichen mögen, die also den Seespiegel (5-132' russ.,
1380 Meter Graf Zeil) um 1500 bis 2000' überragen. Der Abstieg
zum See führte durch schöne Lärchenbestände oft sehr steil herab,
und es gab noch einige unangenehme Stellen, ehe wir die Wiesengründe
der südwestlichsten Ecke erreichten, unweit des Flusses
Koldschir (spr. Kaldschir), der uns etwas zur-Rechten liegen blieb.
Dieses nicht unbeträchtliche Gewässer, dem schwarzen Irtisch zueilend,
ist der einzige Ausfluss des . Sees und in ihn ergiessen sich ausser
allen kleinen Wildbächen, welche wir östlich vom^asse-überschritten
hatten, noch viele von den Bergen herabfliessende. Die zahlreichen
Zuflüsse des Sees, soweit wir dieselben jetzt, nach der Hauptschneeschmelze
kennen lernten, sind durchgehends unbedeutende Gewässer,
z. T. Ausflüsse der sumpfartigen Wiesengründe, mit Ausnahme-des
am östlichen Ende einmündenden, etwas ansehnlicheren Tschuliokflusses.
Der Marka-Kul d. h. See Marka, den wir als die ersten Deutschen
besuchten, hat nach oberflächlicher Schätzung ca. 40 W. (ca. 7 d. M.)
Länge, bei kaum halbsoviel Breite. Äbramoff’s Angaben^) von 662/s
engl. M. Länge (fast 100 Werst) und 162/3 engl. M. (c. 40 Werst)
Breite sind jedenfalls zu hoch gegriffen. Er bildet ein sich von
Südwest nach Nordost ausdehnendes Oblong, welches, wie erwähnt,
von hohen Bergen umschlossen wird, - die ganz alpinen Character
tragen, hie und da bis an den See vorspringen, steil abfallende
Vorgebirge und stille Buchten bilden oder ausgedehnte, meist sumpfige
Wiesengründe freilassen. Ueber solche zogen wir dahin als wir.die
Thalsohle erreicht hatten, mussten aber weite Umwege machen, um
den gewaltigen Sumpfstrecken zu entgehen, welche spärlich mit verkümmerten,
jetzt noch kahlen Birken bestanden waren,- in denen
zahlreiche Milane und Adler ihre unzugänglichen Horste aufgeschlagen
hatten. Unser Weg führte am linken, nördlichen Ufer des
Sees entlang, den wir nach einiger Zeit selbst erreichten. Der
schmale Ufersaum bestand aus feinem Kiessand, welcher die Mün-
*) In der im vorigen Kapitel citirten Abhand], der K. Geogr. Society. 1865. —
Struve nnd Potanin besuchten den See 1863 (siehe Hellwald: Centralasien p. 103),
Matussowski 1872 (Vergl. Henry Lange in: Geogr. Magazin 1875 p. 107 mit Karte
und Marthe: Zeitschr. f. Erdk. 1875 p. 102.
düngen mehrerer aus den Gebirgen herabströmender Bache, die wir
ohne Mühe überschritten, meist versetzt hatte. Diese Bache schien
sehr fischreich zu -sein, denn wir sahen gleich als wir zum See
kamen, rechts von uns mehrere nackte K e r ls die einen so c
Zufluss abgedämmt hatten und nun die Fische mit den Hand
fingen. Später schlossen sich uns ein paar Kirghisen an, die am
Sattelbogen viele, an der Luft getrocknete Fische, einer M f t t f IM K
Art angehörend, hängen hatten. Da wir seit fru r
10 Stunden auch nicht einen Bissen genossen, der Hunger sein Rech
also geltend machte, p'robirte ich von den Fischen aber sie waren
- so präparirt, dass mein Hunger noch nicht ausreiehte um mich zu
ihrem Genüsse zu bequemen. Von u n s e r e r -Reisegesellschaft zeigte
sich befremdlicher Weise noch keine Spur. Erst ais wir em fast
senkrecht herabfallendes felsiges Vorgebirge überklettert und dan
wieder eine mit Birken und Pappeln bestandene Sumpfwiese passirt
hatten, sahen wir Rauch und erreichten gegen 5 Uhr das Jurtenlager,
wo bereits die Kessel über dem Feuer brodelten. Die Generalm
traf mit dem Rest der Gesellschaft erst bei völliger Dunkelheit nach
8Va Uhr ein und hatte uns durch d a s lange Ausbleiben nicht wenig
Wir lagerten (1490 M. hoch) in einem kleinen Wäldchen von
Birken und Zitterpappeln, nicht weit vom See an einem kleinen
Flüsschen, wenn ich nicht irre-Terekti-Bulak genannt, und begannen
sogleich nach der Ankunft mit Fischfang. Die Sache machte sich
in der einfachsten Weise- Ein Kosak ritt mit dem einen Ende-des
Netzes so weit in den See als die Länge desselben (ca. 40 Fuss) gestattete,
andere halfen es badend einziehen und mit Ausnahme des
ersten lieferte jeder weitere Zug überraschend reichen Fang. Derselbe
bestand in 5 bis zu 2 5 Btücken oft fünfpfündigen Lachsforellen
und einer Grundelart (unserem Gobio fluviatilis), die eimervoll eingeheimst
werden konnte. Es gab also -zum Abendessen einmal Abwechselung
in der so einförmigen Schaffleischkost. Denn auch andere
der Gesellschaft waren in dem kleinen Flüsschen fischend beschäftigt
und fingen hier in kurzer Zeit theils mit dm Händen,
theils mit Stöcken an 20 grosse herrliche Aeschen, russ. Chairus, die
sich als mit unserer deutschen (Thymallus vulgaris) identisch erwms
und in allen Gebirgswässern des Altai heimisch zu sein scheint.
Wir hatten sie schon im Kuldschelik erhalten, wo einige Herren,
trotz der Ungunst des Wetters, lustig zu angeln begannen. Die
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