Adjutant Kasnakoff, sondern hatten auch die Ehre, ausser diesen
hohen Herren, am 10. März von Sr. Durchlaucht dem Reichskanzler
Fürst Gortschakoff empfangen zu werden,. Am 13. März wurde
der Westsibirischen Expedition sogar die besondere Auszeichnung
zu Theil, dass sie Se. Majestät der Kaiser Alexander II.. zur
Audienz in das Winterpalais befehlen Hess. Noch am Tage unserer
Abreise hatten wir einer ehrenvollen Einladung Ihrer Kaiserlichen
Hoheit der Grossfürstin C ath arin a Michailowna und ihres Gemahls
des, leider bald nachher verstorbenen Herzogs Georg von
Mecklenburg-Strelitz ins Michael’sche Palais zu folgen.
Am 17. März in Moskau angelangt, blieb uns nur Zeit die noth-
wendigsten Geschäfte, zu erledigen, und wir mussten sogar eine
ehrende Einladung Sr. Durchlaucht des General-Gouverneurs, General
Adjutant Fürst W. Do lgorukoff leider dankend ablehnen. Durch
die freundliche Unterstützung der Vertreter des bekannten grossen
Handelshauses (jetzt Baron) L. Knoop, der Herren Prove Und
F. Knoop, sowie des Secretairs der Gesellschaft zur Beförderung
des russischen Seehandels Herrn Woldemar, waren unsere Angelegenheiten
innerhalb zweier Tage in der befriedigendsten Weise
geordnet. Namentlich erhielten wir durch Vermittelung dieser
Herren einen Arteltschik der'Schestowskaja Artel-Gesellschaft, Iwan
Klugin, als Diener, sowie, was noch wichtiger war, da keiner von
uns Russisch verstand, einen Dolmetscher in der Person von Martin
Dserwit, eines Letten aus der Gegend von Riga, der aus seinen
früheren Stellungen als Lehrer die besten Zeugnisse aufzuweisen
hätte. Beide haben sich denn auch als gewissenhafte,' nüchterne
und treue Begleiter erwiesen, deren Verdienste ich hier um so lieber
dankbar anerkenne, als sie mich beim Sammeln unverdrossen unterstützten,
nachdem ich ihnen das Präpariren von Thieren beigebracht
hatte. So konnten wir denn schon am 18. März Moskau verlassen,
allerdings unter wenig versprechenden Aussichten, denn das ungewöhnlich
früh eingetretene Frühjahr bereitete uns mancherlei
Schwierigkeiten und Hindernisse, die für Neulinge wie wir, eben
nicht sehr ermuthigend waren.
Wie es uns gelang das Programm durchzuführen und unsere
Aufgabe zu lösen, darüber sollen die nachfolgenden Blätter Zeugniss
ablegen, in denen ich mich bemühte in schlichten Worten, ohne
jede Schönmalerei, unsere Erlebnisse zu schildern. Auf Grund der,
durch die freundliche Mitwirkung verschiedener Fachgelehrten gemachten
Bestimmungen der wissenschaftlichen Sammlungen bin ich
in der angenehmen Lage die Ergebnisse derselben mit einflechten
z u können, wie ich mich meinerseits bemühte, die in Bezug anf
Geographie, Handel, Verkehr, Produkte, Industrie gewonnenen Erfahrungen
zu verwerthen. Leider hatte sich verschiedener Verhältnisse
halber, das in der Denkschrift erwähnte Vorhaben, diesem
Buche ein besonderes statistisches Kapitel anzufügen, nicht verwirklichen
lassen, obwol auf andere Weise durch Ermittelung an Ort
und Stelle Vorsorge getroffen war. Zu diesem Zwecke besuchte
nämlich der Schriftführer des Vereins Dr. M. Lindemann 1876
die Messe in Nishnej - Nowgorod, zu welcher Orientirungsreise der
Verein eine Beihülfe’ von Mk. 1500 bewilligt hatte. Gegenüber
seinen hier gesammelten reichen Materialien (vergl. Geogr. Blätter I.
p. 44) würden die von uns in Sibirien zusammengebrachten ohnehin
zu unvollständig geblieben sein. Immerhin wird der Kaufmann und
Industrielle manche beachtenswerthe, vor Allem richtige Notiz finden,
wie ich ja überhaupt in Bezug auf mercantile Unternehmungen
manchen praktischen Wink und Rath ertheilen konnte. So glaube
ich auch in dieser Beziehung die Erwartungen nicht getäuscht zu
haben, wie dieselben in naturwissenschaftlicher erfüllt worden sein
dürften.' Man wird dabei berücksichtigen müssen, dass wir in
Sibirien selbst innerhalb 6 Monaten über 12,000 Werst (1700 d. M.)
zurücklegten und meist mit einer Eile zu reisen gezwungen waren,
die, mit Ausnahme der 7wöchentlichen Lotkareise, nur 16 ordent-
liche 'Sammeltage erübrigte. Wenn es in dieser kurzen Zeit dennoch
gelang an 150 Säugethiere, '550 Vögel, 150 Reptilien, 400 Fische,
1000 Insekten und zahlreiche Handstücke von Felsarten, 1 sowie
Proben land- und forstwirthschaftlicher Produkte heimzubringen, so
wird man dafür vielleicht eine gewisse Anerkennung nicht versagen
können. In besonderer Dankbarkeit habe ich dabei der Unterstützung
Seitens des Grafen Waldburg-Zeil zu gedenken, dem
ausserdem das Verdienst, ein reiches Herbarium zusammengebracht
zu haben, sowie der Aneroidbeobachtungen allein zukommt. Der
wissenschaftliche Theil wird hoffentlich ebenfalls bald erscheinen
und über unsere Thätigkeit näher, berichten, wie die unter meiner
Leitung vom Verein veranstalteten Ausstellungen der Sibirischen
Sammlungen, namentlich der reichen von mir zusammengebrachten
ethnographischen, in Bremen,*) Hamburg, Braunschweig, Hannover
*) Dieselbe wurde am 17. Mai 1877 eröffnet, wobei der Vorsitzende A. G. Mosle