unter den concurrirenden Städten Omsk als Sitz erwählt wird.
Dadurch würde „der Kriegsgott den Musen weichen müssen“ und ihnen
nicht mehr so feindlich gegenüber stehen als wie Pallas vor mehr
als 100 Jahren in seinen Betrachtungen über Omsk aussprach. —
Wir fanden die Wälle übrigens noch theilweise erhalten und sogar
noch mit ein paar Geschützen versehen. Die Festung enthält im
engen Gewirr viele, meist grosse und steinerne Regierungsgebäude,
Kasernen, Magazine, Kirchen, das Gefängniss u. s. w. Die eigentliche
Stadt welche sich zwischen dem linken Ufer des Om und dem
rechten Ufer des Irtisch ausdehnt, besteht ebenfalls vorzugsweis aus
Holzhäusern, hat aber auch aus Ziegeln erbaute, unter denen sich
die grossen, weissgetünchten Regierungsgebäude, wie die Residenz
des General-Gouverneurs, das Militärgymnasium, eine frühere Tuchfabrik*)
zum Armeehedarf, welche aber jetzt still steht, sowie verschiedene
Kirchen auszeichnen. Unter den letzteren ist die Kosakenkirche
wol die grösste,' aber die Moschee der Kirghisen zeichnet sich
ebenfalls durch Umfang und massiven Bau aus. Ausserdem gieht es eine
katholische und eine protestantische Kirche, letztere die zweite welche
wir seit Jekaterinenburg antrafen. Wie in der letzteren Stadt Herr
Pastor Schilling so war auch hier Herr Pastor Mickwitz ein Deutscher,
aus den Ostseeprovinzen, der uns vielfach freundliche Auskunft gab
und geben konnte. Denn die Herren Geistlichen in Sibirien haben
so ausgedehnte Amtsbezirke, dass sie oft sehr weite Reisen machen
müssen. Wenn ich nicht irre, giebt es in ganz Westsibirien nur
5 protestantische Kirchen und eben so viel Geistliche, nämlich ausser
in den beiden genannten Städten noch in Bamaul, Tomsk und Tobolsk.
Freilich ist die Anzahl der Glaubensgenossen dieses Bekenntnisses
eine sehr spärliche, denn sie beträgt nach den amtlichen Listen
kaum 6009, wovon auf das Gouvernement Semipalätinsk 5, sage
fünf, verzeichnet werden. Wir verdankten Herrn Pastor Ebert in
Moskau freundliche Empfehlungen' an seine sibirischen Amtshrüder.
Ueber die Verhältnisse der Katholiken, die jedenfalls ähnlich
sein werden, weiss ich nichts zu berichten, als dass diese Kirche
bei Weitem zahlreicher vertreten ist wie die protestantische (über
24000, davon 174 im Gouvernement Semipalätinsk), im Ganzen
stattlichere Gotteshäuser besitzt und dass die Geistlichen meist
Polen sind.
*) Als A. v. Humboldt 1829 hier war, beschäftigte diese Fabrik mit 40
Stühlen 140 Arbeiter und lieferte das Tuch zur Bekleiduug von 8000 Kosaken.
Zu Gmelin’s Zeiten (1734) scheint „Omskaja Krepost“, im Jahre
1716 gegründet, noch sehr unbedeutend und nichts mehr als alle
anderen der zahlreichen kleinen Festungen gewesen zu sein, denn
Gmelin, der sonst Alles sehr ausführlich zu beschreiben pflegt, sagt
nur: „Es sind Häuser, die mit einem Ostrog, einem kleinen Graben
und spanischen Reutern umgeben sind. Innerhalb dem Ostrog befinden
sich auch einige wenige Stücke.“ Die Beschreibung, welche
Pallas 1771 von dem 1768 gegründeten „neuen Omsk“ giebt (Reise
2 2 p. 449) lautet freilich ganz anders und rechtfertigt den Schlusssatz:
„Kurz, alles ist in der Anlage in Acht genommen, um Omsk
der glücklichen Zeiten der grössten Kayserinn und Allerhöchstdero
vortrefflichen Absichten würdig zu machen.“ Damals zählte die
Festung schon 200 Wohnhäuser. Der Sitz des General-Gouverneurs
von West-Sibirien, früher in Tobolsk, ist nach Omsk verlegt wordeu
wegen seiner centralen Lage zu den untergebenen Gouvernements:
Tobolsk, Tomsk, Semipalätinsk und Akmolinsk. Dieses trägt auch
wesentlich zur Hebung der Stadt bei. Auf General-Gouverneur
von Kruschoff folgte seit 2 Jahren General von Kasnakoff, General-
Adjutant Sr. Maj. des Kaisers. Schon in St. Petersburg wurde uns
[die Ehre zu Theil, ihm vorgestellt zu werden. Seinen vorausgelschickten
Befehlen hatten wir es vorzüglich zu danken, dass wir
bisher und noch mehr in der Folge überall die beste Aufnahme
fanden. In der kurzen Zeit seines Wirkens hat General Kasnakoff
bei Bereisung seiner Gouvernements und im Verordnungswege zur
Hebung West-Sibiriens wohl schon mehr als irgend einer seiner
Vorgänger beigetragen und zwar in allen Branchen der untergebenen
Ressorts. — Auf Verbesserung der Justiz und Polizei ebenso bedacht,
wie auf Hebung des Handels, Verbesserung der Verkehrsmittel und
jWege, ist auch das Unterrichtswesen gebührend von ihm berücksichtigt
worden. Gymnasien, höhere Mädchenschulen, wie niedere
{Volksschulen entstehen überall neu, ebenso eigene Schulen für Kir-
ghisen und Ostiaken etc. Besonders ist er aber in dem Lehrerseminar
Omsk auf Heranbildung tüchtiger Lehrkräfte bedacht und
lie Gründung einer ersten „sibirischen“ Universität seine Lieblings-
jttee. Von welcher Wichtigkeit die Verbesserung und Vermehrung
jes Unterrichts in Sibirien aber ist, wird Jedem klar, der die Riesenbusdehnung
dieses Landes bedenkt. Christ und Mohamedaner, wie
»er Heide haben seine Gerechtigkeitsliebe nur zu loben. Uebergriffen
nd Unzulässigkeiten arbeitet er mit aller Strenge entgegen und