auf der weit bequemeren Route Tjumen-Tomsk-Barnaul 3853 W.
(Cä. 550 d. M.) m ca. 14‘/2 Tag Fahrzeit, davon 267-7 W. (ca 382
dt M.) mittelst der äusserst eomfortabel eingerichteten regelmässigen
Dampferhnie Tjumen-Tomsk (in 6% Tag), welche die Tarantass-
(Wagen) Fahrt auf nur 1187 W. (ca. 170 d. M.) und ca. 8 Tage
Jbahrzeit abkürzt.“ .
Fügt man dem soeben Angeführten noch hinzu, dass es von
Jekatermenburg bis Berlin 4500 W. ca. 650 d. M. sind (davon 3000
Per Eisenbahn m ca. 3 Tagen und 1500 W. per Dampfer in
ca. 6 lagen), dass also die ganze Reise von Berlin bis Altaiskaia-
Stamza entweder 6754 W. (= 960 d. M.) oder 8400 W. (= 1200
. .) betragt, die 17 bis 23 Tage ununterbrochene Fahrzeit.erheischen,
so darf sich jenes Gebirgsland noch für lange Zeit vor
dem Heere der Touristen, wie es bei uns in Europa während der
Reisezeit selbst in den entlegensten Winkeln umherschwärmt, gesichert
betrachten.
Jedenfalls waren wir die ersten Besucher aus Deutschland, denn
¿Itaiskaja-, gewöhnlich Altaiske oder Altaiski-Staniza, (kalmückisch:
Koton Karagai) ist noch sehr jungen Datums. Sie verdankt ihr
Entstehen dem Gouverneur von Semipalätinsk General v. Poltoratzkv,
der nach Räumung des chinesischen Grenzpostens Tschingistai (1869)
20 Werst davon eine sogenannte Staniza anlegte, d. h. eine Ansiedelung
von Kosaken und einer Compagnie Infanterie. Das war
im Jahre 1871! Jetzt hat sich etwa eine Werst unterhalb dieses
Militairpostens (grosse Holzhäuser als Kasernen, Wohnungen für den
Commandanten und die Offiziere,-Hospital, Proviantmagazin u. s. w.),
ein stattliches Dorf angebaut, welches bereits 80 Häuser und vielleicht
3 bis 400 Einwohner zählt. Unter letzteren, wenn auch nur
temporär, auch Kirghisen, deren luftigen Filzjurten daran erinnern,
dass vor wenigen Jahren das Land noch ihr Eigenthum war. Die
zumeist mit Gehöften umgebenen Häuser, wie üblich aus behauenen
Baumstammen gebaut und mit einem Dach aus Brettern versehen,
erschienen mir viel schmucker als die bisher gesehenen. Hauptsächlich
aber wol desshalb, weil sie durchgehends so neu waren und
noch nicht mit jenen halbzerfallenen oder im Verfall begriffenen
Gebäuden abwechselten, wie man dies sonst in Sibirien sieht, da
der Russe in Reparaturen bekanntlich äusserst lässig ist. Uebrigens
waren verschiedene Häuser noch im Bau begriffen, zu denen der
nahe herrliche Wald ausreichendes Material lieferte; ein mächtiger
Baumstamm soll bis ins Thal herab nur 5 Kopeken kosten! Viehzucht
scheint das Hauptwerk der Bewohner von Altaiskaja - Staniza
zu sein. Zahlreiche Rinder, auch Pferde, belebten die herrlichen,
unsere. Marschen übertreffenden, Wiesen; im Dorfe selbst sah man
wieder Schweine, Gänse, Hühner und Tauben. Trotz der beträchtlich
hohen^age (ca. 3465,Fuss hoch) wird noch Landbau*), getrieben
und zwar Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Lein und Hanf.
Die Proben, welche wir von diesen Culturpflanzen erhielten, waren
alle von ausgezeichneter Qualität, namentlich überraschten die Entwickelung
des Hanfes und eine dreifach auf einem Stengel gewachsene
Weizenähre.
Neben diesen Erzeugnissen des Ackerbaus erhielten wir die
hauptsächlichsten der Jagd, nämlich Felle vom Bär, Fuchs, Luchs,
Vielfrass, Zobel, Marder (Mustela sibirica), Iltis (M. Eversmanni),
Hermelin, Wiesel, Bobac, Eichhörnchen und Flughömchen.
Die Herren Officiere hatten uns diese Ueberraschung und einen
Empfang bereitet, der uns, namentlich wegen der ungemein herzlichen
und liebenswürdigen Weise, für alle Zeiten unvergessen und eine
der angenehmsten Erinnerungen bleiben wird. In einer mit Blumen
besonders festlich geschmückten Jurte, in welcher die genannten
Proben, **) sinnreich aufgestellt, gleichsam ein kleines Museum bildeten
wurden die Mitglieder der deutschen Expedition von sämmtlichen
Herren Officieren in voller Paradeuniform empfangen, und ihrem
Chef nach Landesbrauch als besonders ehrende Auszeichnung Brot
und Salz angeboten. Der Commandant, Herr Major Alexei Iwano-
witsch Bachireff hielt dann eine Ansprache, auf welche Dr. Brehm,
durch sein Rednertalent vorzüglich dazu befähigt, Namens der
Expedition dankend erwiederte. Ein ausgezeichnetes Frühstück stand
bereit und bald belebte ungezwungene, heitere Unterhaltung und
Trinksprüche den frohen Kreis, welcher durch die Anwesenheit von
Frau v. Poltoratzky nebst Tochter besonderen Glanz erhielt. Auch
an Musik fehlte es nicht. Kosaken spielten auf, und liessen begleitet
von Geige und Balaleika ihre eigenthümlichen Weisen ertönen,
*) Nach Ledebour (Beise I. p 299) gedeiht in dem höchstgelegenen Dorfe des
Altai Fykalka (3951 Fuss) noch Hafer, Boggen, Sommerweizen; dagegen letzterer
nicht mehr in dem tiefer gelegenen Dorfe Uimon (3144'); hier wird nur noch
Korn gebaut und dieses geräth nicht jedes Jahr.
**) Dieselben wurden, neben anderen von Graf Waldburg und mir gesammelten
dem Königl. landwirthschaftlichen Museum in Berlin als Geschenk übergeben.