das Gebirge durchstreiften, bekamen ebenfalls niemals ein Stück
Grosswild zu sehen, obschon ihnen oft, manchmal noch warme,
Bärenlager gezeigt wurden und bemerkten sehr richtig, dass das
Geräusch, welches ein so grösser Reisezug stets verursacht, das Wild
schon von Weitem warnt und verjagt. Jedenfalls beherbergt also
der Altai noch heut eine Menge Wild aller Art, welches Gegenstand
einer gewerbsmässigen Jagd für Russen und Kalmücken bildet. So
namentlich der Edelhirsch (Maral), seines unreifen Geweihes halber,
das Reh (Cervus pygargus), das Moschusthier (Moschus moschiferus),
wegen seines kostbaren Drüsensecrets, und eine Menge werthvoller
Pelzthiere. So Bär, Wolf, Fuchs, Luchs, Zobel, der schöne gelbe
Kulonki-Marder (Mustela sibirica), Iltis (M. Eversmanni), Hermelin,
Vielfrass, Eichhörnchen. Nach Pallas (II. 2. p. 570), der übrigens
den Hoch-Altai nicht kennen lernte, würden auch Fischotter und
Biber im Altai Vorkommen; doch erfuhren wir darüber nichts Gewisses,
sahen aber im Museum von Bamaul Biber, die vom schwarzen
Irtiseh herstammen sollten. Elenthiere (Sochaty) waren zu Pallas’
Zeit (1772) so häufig, dass der Tribut zuweilen in Häuten derselben
(das Stück zu 60 bis 120 Kopeken) bezahlt wurde; doch sind diese
Zeiten jetzt für immer vorüber. Wir selbst erlangten ausser den
bei Mai-tjerek genannten Säugethieren nur noch eine Art und zwar
— unsere Hausmaus (Mus musculus), was in Bezug auf das Vorkommen
immerhin interessant ist.
Der siebenstündige Jagdausflug hatte die Kirghisenpferde nicht
sonderlich ermattet und eine Stunde Ruhe reichte hin, sie wieder
besteigen zu können. Galt es doch nur noch einen Pass zu überschreiten
und dieser lag uns nicht mehr fern. Bei feinem, mit Schnee
gemengtem Sprühregen ging es an einem Bache, einem Nebenflüsschen
des Kara-kala sanft aufwärts und bald hatten wir das Plateau erreicht.
Es bestand aus morastigen, mit sauren Gräser^, Zwergbirken
(Betula nana und humilis) und Spiraea laevigata bewachsenen Wiesen,
auf denen sich erst wenige blühende Pflanzen*) als Papaver nudi-
eaule, Anemone narcissiflora, Primula auriculata entwickelt hatten,
und die von phantastischen Felsgebilden hie und da begrenzt werden.
Die anstehenden Gesteine sind rother und schwarzer Thonschiefer
und Porphyrtuff, also ganz dieselben, welche sich auch bei Mai-tjerek
*) Ueber die Vegetation oberhalb der Baumgrenze vergl.: Teploucliow in
Cotta’s Altai p. 297.