wesen und batte eine 'reiche Ernte an Pflanzen zusämmengebracht.
Wahre Blumenteppiche bildeten: Tulipa altäica, Iris flavissima' und
an Stellen wo der Schnee eben verschwunden war fand sich: Primnla
officinalis, Pr. macrocalyx, Ranunculus affinis und R. polyrhizos. ’■
Am 26. Mai sollte schon - sehr früh aufgebrochen werden. Zwar
lauschte ich schon um 2 '/2 Uhr dem Gesänge unserer Feldlerche
(Älauda arvensis) dem erst später, als es mehr Tag wurde (4 Uhr)
der Ruf des Kuckucks folgte, aber doch war erst gegen 4 '/j Uhr
der Änfbrnch möglich und zwar ohne Obrist und Major, die noch
schliefen und schnell nachzukommen versprachen. Der Abstieg
ging sehr schnell von statten und bald befanden wir uns auf der
Hochebene Kisil Tschilikti (1090—1100 M.), welche wir zu überqueren
hatten. Sie bildet eine fast ganz ebene Fläche, die im Norden von
dem abgesonderten Gebirgszuge Monrak (spr. Manrak) begrenzt wird.
Im ersten Drittel zeigt diese Hochsteppe die gewöhnliche Steppenvegetation,
dann z. Th. künstlich überschwemmtes und angebautes
Land, welches mit zahlreichen Viehheerden belebt war. Hier fanden
sich z. Th. ausgedehnte Sümpfe, in denen es an wilden Gänsen,
Kibitzen, Rothschenkeln und anderen Sumpfvögeln nicht mangelte.
Hier bildet sich auch der Kandi-su, welcher nach seiner Vereinigung
mit dem Tjers-airyk, den Dscheti-aral bildet, einen Fluss der nur
bei Hoehwasser den überschwemmten Kara-Irtisch erreicht: Weiterhin
nahm die Steppe einen ganz anderen, bisher nicht gesehenen Oha-
raeter an. Sie bestand nur in Kies und feinem Steinboden, wo
spärliche Gräser und graue Pflänzchen wuchsen, die dem Ganzen
ein graugrünes mattes Ansehen verliehen. Hier gab es neben kurz-
zehigen Lerchen, weisskehlige (Alauda albigula), Hcerdenkibitze und
Dr. Brehm schoss einen Adler (Aquila mogilnik). Gegen 10 Uhr
erreichten wir das Ende der Hochsteppe und einige Jurten.- Hier
standen Tarantassen bereit auf denen wir, nachdem wir während der
drückenden Mittagshitze gerastet um 4 Uhr nach Saissan aufbrachen.
Der Weg erwies sich für Wagen ausgezeichnet und da er fortwährend
abwärts führte (ein paarmal so steil, dass gehemmt werden musste)
so ging es flott vorwärts. Dabei war die Scenerie der wilden kahlen
Felsgebilde, in den, von dem Flüsschen Bai’gosu oder Taldi-bül
durchströmten Kara-Kadschirbergen, eine ungemein malerische und
wechselnde. Anfangs führte die sich im Zickzack schlängelnde
Strasse durch hohe Felsschluchten eines dunklen, anscheinend
cristallinischen Schiefergesteins? deren Wände bürg- und zinnenähnliche
Formen, sich hie und da aber auch stark verwittert zeigten, denn
oft waren grosse Blöcke herabgestürzt und bildeten chaotische Ge-
röllhalden, Welche dem Ganzen einen noch wilderen Charactèr verliehen.
Weiterhin wechselten die Schluchten, welche stèts neue
überraschende Blicke boten, mit zwar grünen, aber baumlosen kegelförmigen
und picärtigen Bergen, die sich reihenweise aber wild
in- und aneinander gewürfelt ausbreiteten und gar kein Ende zu
nehmen schienen. Die Schieferformation (?) wurde in überraschender
Weise plötzlich durch Sandstein abgebrochen, der theils in hell-
und dunkelgelben horizontalen Schichten' lagerte, theils mächtige
brötförmige Blöcke bildete. Viele waren herabgefallén und ruhten
m i n auf ausgedehnten Flächen hellen Sandes, in welchen sie sich
allmälig durch Vérwitterung auflösen und das einstige Schicksal
dieser Berge schon jetzt andeuten. Als wir die letzte Schlucht,
das letzte Felsthor, vor uns hatten, zeigte sich unserem Blick ein
anderes ersehnten Bild. Wir übersahen die weite;‘weite Ebene des
schwarzen lrtischj welche am Ende von einer durch die drückende
Atmosphäre in unbestimmten Umrissen flimmernden schneebedeckten
Gebirgsreihe begrenzt wurde. Es War der Altai! das nächste Ziel
unserer Reise und Wünsche!
Wir kamen nun bald auf die gute, mit ordentlichen Werstpfählen
bezeichnete Poststrasse (Route: Semipalâtînsk-Kokbekti-
Saissan: 511 Werst), welche am Fusse des Kitschkene-Tau hinführt,
welche Bergkette oft malerische Partien aufweist. Namentlich gilt
dies von der ungemein wildromantischen, sehr engen Felsenschliicht,
aus welcher der Fluss Uidoné brausend hervorströmt. Freilich muss
der Effect bei Hochwasser noch viel grossartiger sein, als er jetzt
war, obschon sich die periodische Wildheit des Wassers immerhin
durch 3 weggespülte Brücken genügend zeigte. Freilich nimmt1
diese Wildheit ein rasches Ende, denn noch innerhalb Sehweite
1 heilt sich der Fluss in mehrere Arme, die später in immer engere
Bewässerungscanäle verlaufen. Um 8l/2 Uhr trafen wir in SaissaU
eiii, und stiegen in dem stattlichen Hause von Major Tichanoff ab,
der uns, wie bisher ein liebenswürdiger. Geleiter, hier ein ebenso
liebenswürdiger und sorgsamer Gastfreund wurde.
Alexander Constantinowitsch war zur Zeit unseres Besuches
Pristav, d. h. Chef des Kreises Saissan (zum Gouvernement Semi-
palätinsk gehörig), hatte also eine ebenso mühevolle als verantwortliche
Stellung. Denn in seiner Person vereinigt sich die ganze