300 W. rechnet, ungefähr dieselbe Zeit (3 Tage) und giebt an
ununterbrochen im kleinen Ob gefahren zu sein.
Bolschoi-Ustram, die 2. Station, zeigte uns das Bild einer com-
binirte.n russisch-ostiakischen Fischer-Niederlassung, eine russische
Blockhütte und mehrere Tschums, d. h. die kegelförmigen, über
einem losen Stangengerüst, mit Matten aus Birkenrinde errichteten
Zelte der Eingebornen, wie sie meine Scizze darstellt und deren
Inneres wir bald kennen lernen werden. Die einfachen Stangen-
gerüste zum Trocknen der Fische unterschieden sich sehr von den
bisher gesehenen, welche meist aus einer auf 4 Pfählen ruhenden
Plattform bestanden, zu der ein mit Kerben versehener Baumstamm
die primitive Leiter darstellte. Sie wird' nach dem Gebrauche umgedreht,
so dass es den Hunden nicht möglich ist, ihren Diebsgelüsten
zu fröhnen. Diese Hunde, meist wolfsartig und wolfsfarben, übrigens
auch schwarz, gescheckt und ganz weiss, gehören ,so recht zum
Bilde einer solchen Niederlassung. Sie benehmen sich Fremden
gegenüber meist sehr feig und so schweigsam, dass wir Anfangs
glaubten sie könnten nicht bellen. Doch erwies sich dies als irrig;
ebenso ihre Gutmüthigkeit. Denn wiederholt hatten wir anscheinend
wüthende Angriffe der Hunde zu bestehen, ihr feiger Character
bringt sie aber meist zum Ausreissen, wenn man nur die Pantomime
des Aufhebens eines Prügels oder Steines machte. Ausser Zughunden
werden unterhalb Bereosoff übrigens auch eine kleinere
Rasse gezüchtet, und zwar nur ihres langen weichen, schwarz oder
weissen Pelzes halber, der als Besatz für Männer- und Frauenröcke
ausserordentlich beliebt ist. Die schönsten derartigen Hunde sah
ich beim Fürsten von Obdorsk in Kniäsky-Jurty. Solche Hundefelle
gelten oft bis 6 R. und mehr.
Die Niederlassung bot übrigens ein geschäftiges Bild. Die
Männer waren mit dem Aufhängen ihrer Beute beschäftigt, die
Weiber mit Zurichten derselben. Eine russische Frau siebte, trotz
des Glorienscheines von Mücken, Mehl, um Brod zu backen, und
ein Junge zerrieb auf einem Mahlsteine, der, in irgend einem Pfahlbaue
gefunden, zu wissenschaftlichen Discussionen Anlass gegeben
haben würde, Salz. Wir erhielten hier als willkommnen zoologischen
Zuwachs zwei Dunenjunge des so sehr seltenen lappländischen Kauzes
(ülula lapponica). Die Eingebornen. hatten sie ausgenommen und
fütterten sie, wie dies ja bei diesem Volke nicht anders sein kann,
mit Fischen. Sie wurden mit Kurzfesseln versehen und thronten,
auf einem Querholze sitzend, auf unserer Lotka, um Beobachtungen
über sie anstellen zu können, mussten aber nach einiger Zeit, m
Balgform verwandelt, den Sammlungen eingereiht werden. Angesichts
fast gelungener Fluchtversuche, denn sie hatten es prächtig
verstanden die Knoten der Fesseln zu lösen, schien diese Vorsicht
nothwendig, überdies durfte ich das bisher unbeschriebene Jugendkleid
nicht verändern lassen.
In Gonovatskaja (11. Juli, 6 U. früh) zwangen uns die Mücken
in einem der 5 Tschums, aus welchen diese Niederlassung bestand,
Schutz zu suchen, um unser Mahl zu verzehren, bei dem, wie meist,
Fische die Hauptrolle spielten. Mittelst der sehr praktischen Fächer
(ostiak. „Joelubsa“), die aus den Flügeln von Schwänen, Gänsen
oder Schneeeulen verfertigt sind, war das Innere des Zeltes im
Gröbsten von den Störenfrieden gesäubert worden. Ein glimmendes
Stück verfaulten Weidenholzes * welehes vor der Thüre mächtige
Rauchwolken erzeugte, verhinderte zwar das weitere massenhafte
Eindringen der Mücken, der weisse stinkende Qualm wirkte aber
zugleich so empfindlich auf die Augen, dass ich nur unter Thränen
die beigegebene Scizze (25) fertig brachte. Sie stellt einen ostiakischen
Haushalt im Innern dar, in welchem selbstredend die Feuerstelle,
ein mit Erde gefüllter Kasten, die wichtigste Stelle ein nimmt. Ueber