dem das Kindchen gebadet und zwar in lauem Wasser, wird es auf
weiches Renthierhaar gebettet und kommt somit gleich heim Eintritt
in die Weit mit seinem steten Begleiter durch dieses Leben,
dem Ren, in Berührung. Bald nach der Geburt wird dem Kinde
ein Name gegeben und zwar nach irgend zufälligen Dingen, die
auf die Geburt selbst, auf besondere Zeichen des Kindes, Menschen,
Thiere seiner Umgebung Bezug haben, z. B. schwarz, krumm, lahm,
Wald, Erle, Zweig, Wolf u. s. w. (vergl. solche Namen bei Lepehin,
Reise IV. p. 255). Auch die Mädchen erhalten Namen; aber Eheleute
pflegen sich gegenseitig nur „mein Mann“ und „meine Erau“
anzureden, ost. Imi, sam. Niä (Weib), ost. Tahe, sam..Hasowaw
oder Niänzaw (Mann). Drei bis vier Tage später wird zu Ehren
des neuen Weltbürgers eiu Fest gegeben, d. h. ein oder mehrere
Renthiere geschlachtet, an welchem die Mutter theil nimmt. Sie
gilt also nicht zwei Monate lang als unrein, wie Schrenk (p. 480
und 481) dies von den Samojedinnen erwähnt. Wie mir gesagt
wurde soll es nichts Ungewöhnliches sein, dass ostiakische Mütter
ihr Kind bis ins fünfte Jahr stillen und Middendorff bestätigt dies
bei Samojeden. Mit erlangter Volljährigkeit geben die Eltern ebenfalls
ein Fest, wobei je nach den Vermögensverhältnissen ein bis
fünf Renthiere geschlachtet werden.
Das wichtigste Ereigniss im menschlichen Leben, die Ver-
heirathung, wird auch bei Samojeden und Ostiaken gebührend gefeiert.
Wie bei fast allen Völkern Asiens ist die Ehe ein bürgerliches
Uebereinkommen und die Frau wird durch einen an deri Vater zu
zahlenden Brautpreis, Kalym, ost. Tanj, erworben. Nach europäischer
Anschauung wäre diese Sitte zugleich ein Beweis, wie gering das
weibliche Geschlecht bei diesen Völkern geachtet ist. Kostrow steht
sogar nicht ah von einem Verkauf des heirathsfähigen Mädchens
an den „Meistbietenden“ zu sprechen, indem er eine Stelle (p. 298)
bei Castren übertreibend wiedergiebt, in welcher dieser Gelehrte die
Stellung der Frau bei den Ostiaken als sehr niedrig schildert.
Wäre dieser Sachverhalt nun auch wirklich so, man würde Ostiaken
und Samojeden umsoweniger einseitig zu verurtheilen berechtigt sein,
als sogar beim gewöhnlichen Russen in Sibirien das Kaufen der
welchen Quellen die Berichte über derartige Gebräuche stammen, da die im Ganzen
sehr schlecht unterrichteten Bussen den Eingehornen viel aufbürden, wie ich mich
öfters überzeugte.
Frau gang und gäbe ist, wie Albin Kohn mittheilt und wenn man
weiss, welchen erniedrigenden Gebräuchen sich die christliche
Syrjänenbraut (vergl. Castren I. p. 248) zu unterwerfen hat, wird
man die einfachen Naturkinder vollends in Schutz nehmen. Man
muss die Verhältnisse eben nicht mit europäischer, sondern mit der
durch jahrhundert lange Gewohnheit und Vererbung geschliffenen
Brille des Asiaten ansehen. Bei dem patriarchalischen Leben des
Nomaden, welches Eltern und Kinder möglichst lange unter einem
Zelte vereint, scheint es durchaus zweckmässig, wenn die ersteren für
ihre Kinder wählen, da sie ja nur beabsichtigen können, möglichst gut
für sie zu sorgen und ihren neuen Hausstand aufs Beste auszustatten.
Dass dabei wenig nach Liebe gefragt wird ist selbstverständlich
und so erklärt es sich, dass oft schon Kinder verlobt
werden. Uebrigens sollte man nicht vergessen, dass auch bei uns
tausende von „Vernunftheirathen“ geschlossen werden. Wenn jene
Nomaden die täglichen Anzeigen von Heirathsangeboten lesen
könnten, sie würden wahrscheinlich diese Sitte höchst verwerflich
finden. Ohne Swacha, d. h. eine Heirathsvermittlerin, kommt beim
gewöhnlichen russischen Volke, selten ein Ehecontract zu Stande
(vergl. Hansteen p. 22). Wie der Erzvater Abraham für seinen
Sohn Isaac den treuen Bethuel als Brautwerber zur schönen Rebecca
sandte, so in ähnlicher- Weise lässt das ostiakische Familienoberhaupt
für seinen Sohn werben. Die in fast allen Heirathsofferten vorkommende,
oft sehr deutlich ausgedrückte Stelle „Vermögen erwünscht“
hat beim Ostiaken ebenfalls Klang, nur mit dem Unterschied,
dass hier gefragt wird „was für das Mädchen zu zahlen ist, nicht,
„welche Mitgift es erhält,“ Schliesslich kommt es ja doch auf Eins
heraus und wenn wir von Schrenk (p. 476) und Middendorff erfahren,
dass auch die Aussteuer der Braut oft recht beträchtlich ist, so
handelt es sich weniger um einen Kauf als um einen Tausch, der
bezwecken soll, das neue Paar gut versorgt zu wissen. Besonders
bevorzugte Mädchen locken wie bei uns Freier weit und breit heran
und v. Middendorff sagt (p. 1459): „laut tönt der Ruhm eines
'solchen Mädchen und beweist deutlich, dass der Samojede die geistigen
Vorzüge eines Weibes höher zu schäzten weiss, als mancher Europäer.“
Da Ostiaken und Samojeden, wenigstens bei gewissen Festlichkeiten,
das schöne Geschlecht zu sehen bekommen, so ist persönliche Neigung
keineswegs gänzlich ausgeschlossen. Als ich Jorka mein Kompliment
über seine treffliche Wahl bezüglich des stattlichen Aussehens seiner