schin und Ignatoff 7 mit 615 Pferdekraft, Tjufin, ebenfalls in Tjumen
6 mit 540 Pferdekraft besitzen, also die bedeutendsten Rhedereifirmen
bilden.
Wie der „Beljetschenko“, auf welchem wir uns befanden, sind
sämmtliche Dampfer Räderdampfer von durchaus solider Bauart und
dahei höchst anständiger, comfortabler, wenn auch nicht luxuriöser
Einrichtung. Die erste Kajüte befindet sich, im Gegensatz zu unseren
Dampfern, anf dem Vorderdeck, hat einen hübsch eingerichteten
Decksalon, der als Spiel- oder Rauchzimmer benutzt wird; ausserdem
im Raum gesondert eine Herren- und Damenkajüte, sowie eine Anzahl
für 2 oder mehrere Personen eingerichteter Kabinen. Die zweite
Kajüte befindet sich unter dem Hinterdeck, welches selbst von einem
hölzernen Dache überdeckt und seitlich mit Schutzwänden aus Leinwand
versehen, für die dritte Klasse zum Aufenthalt dient, deren
Passagiere sich hier anf 2 Reihen Bänken oder dem Fussboden so
gut wie .möglich einrichten. Jedenfalls sind sie besser untergebracht,
als auf dem offenen Deck der meisten Wolgadampfer, wo wir später
(im October) die Leute nicht wenig bedauerten, die, in ihre Pelze
gehüllt oder unter Decken versteckt, Tag und Nacht schneidendem
Winde und heftigen Schneeschauem ausgesetzt waren. Dass sich
die Deckpassagiere selbst verpflegen, darf bei den geringen Bedürfnissen
dieser Klasse nicht verwundern. Sie führen ihre eigenen Vor-
räthe mit sich und neben dem unvermeidlichen Theewasser kommt
für sie höchstens Schnaps in Betracht. Letzterer darf aber mir in
beschränkterWeise ausgeschenkt werden, so dass allen Ausschreitungen
vorgebeugt ist. Die Getränke werden nämlich von Koltschin und
Ignatoff angeschafft und ^ Dampfschiffsrhedereien bei uns können
sich ein Beispiel daran nehmen — zum Selbstkostenpreise abgegeben.
Die Küche ist in der Hand eines tüchtigen Restaurateurs, der keine
Pacht zu zahlen, sich dafür aber nach der vorgeschriebenen Taxe
zu richten hat. Die Verpflegung ist daher billiger als in einem
Hötel und kann sieh, wie die ganze Einrichtung, in jeder Hinsicht
der auf unseren besten Flussdampfem zur Seite stellen. Zur
Vergleichung mögen einige Preisangaben folgen. Auf einem Qbvon
300 Pferdekr. den Ob befahrt, wie Wiggins irrthümlich angiebt (Geogr. Magazin
vol. IV. No. III. 1877 p. 59). t- Znm Vergleich mag bemerkt sein, dass anf dem
Jenissei bis 1877 nur 4 Dampfer, von zusammen 170 Pferdekraft, gehen:, wozu
1878 noch der durch die Firma L. Knoop in Moskau hinausgesandte D. Moskau
kam (Geogr. Blätter I. p. 9).
dampfer kostete eine Flasche gutes Bier 25—30 K. (in Moskau 20—30
K.), eine Flasche Lafitte (aus Moskau bezogen) 2 R. 50 K. (in Moskau
1 R. 80 K.), V2 Flasche Selters (ebenfalls aus Moskau) 30 K. (in
Moskau 20 K.), Kaffee 20 K. (in Moskau und Petersburg 60, in
Tobolsk 50, in Kasan 40), Thee 40 (Moskau und Petersburg 60,
Kasan 30, Tobolsk 60), 4 Eier 10 K. (in Moskau und Tobolsk 20 K.),
ein Beefsteak 40 K. (in Kasan 50, in Tobolsk 60 K.), Kalbsbraten
30, 1 Haselhuhn 35, 1 Omelette 50 K., ein Diner 1 R. 50 K.
(dasselbe wie in Moskau und Kasan). Freilich sind die Lebensmittel
in Sibirien unverhältnissmässig billiger als in europäisch Russland. Die
DampferderFirmaKoltschin&Ignatoff sind übrigensdieeiuzigen, welche
einen regelmässigen Passagierdienst zwischen Tjumen und Tomsk
unterhalten. Von jeder dieser Endstationen wird (von ungefähr dem
17. Mai bis 1. October) wöchentlich ein Dampfer expedirt, der die
2677 Werst lange Strecke (etwa 382 Meilen) je nach dem W^sserstande
in 6 bis 8 Tagen zurücklegt. Zwischen Tomsk und Samarowa giebt es
5 Hänptstationen*) (Kolpaschowa, Naryrn, Timsk, Alexandrova und Surgut),
ausserdem wird ca. viermal angehalten, um Brennholz einzunehmen,
was je l ‘/2 bis 2 Stunden Aufenthalt verursacht. Der Passagepreis
von Tjumen bis Tomsk beträgt für die erste Klasse 22, für die zweite
14, für die dritte (Deck) 6 Rubel, selbstredend excl. Beköstigung.
Die Fracht für Güter schwankt von 20 bis 60 Kop. für das Pud,
und steigt nur selten bis 80 Kopeken. Doch werden im Frühjahr
zuweilen auch Güter von Irbit bis Tomsk 2u 60 Kopeken verladen.
Ausser der genannten Verkehrslinie werden bis jetzt auf dem
Ob und seinen Nebenflüssen, wenigstens zeitweis, folgende Strecken
befahren. Unmittelbar nach Aufgang des Eises, meist mit 30. April
oder 1. Mai, findet bei Hochwasser eine einmalige Verbindung mit
Irbit statt,' wohin 10—12 Dampfer von Tjumen meist in 2*/2 Tagen
hinaufgehen (400 Werst), um die hier auf der grossen Wintermesse
erhandelten Waaren nach Tomsk zu bringen. Zu gleichem Zwecke
werden ebenfalls im Frühjahr 5 Dampfer auf dem Irtisch bis Semi-
palätinsk, 2 nach Barnaul, 2 kleinere auf dem Tobol bis Jalutorowsk
expedirt, ausserdem versucht noch ein Boot im Sommer bis Semi-
palätinsk vorzudringen, während ein weiteres in derselben Jahreszeit
*) Sa ist wol nur ein Druckfehler, wenn Albin Kolin (Sibirien p. 32) die
Dampfer von Tjumen nach Tomsk auch „Berezowo*1 (Bereosoff) passiren lässt, was
bekanntlich über 500 Werst weiter stromabwärts liegt.