arbeiten. Letztere erhalten eine gewisse Summe für Benutzung des
Platzes, Antheil am Fange und können überdies genügenden Winter-
vorrath zum eigenen Bedarfe präpariren, da Fische unter einer gewissen
Grösse ohnehin zum Salzen werthlos sind. Der freundliche
Prikastschik, unter dessen Commando die Niederlassung stand, zeigte
mir dieselbe auf das genaueste und gab mir über Alles Auskunft,
Er selbst und seine Familie bewohnen ein ziemlich leichtes nur mit
dem nothdürftigsten versehenes Blockhaus. Für die russischen
Arbeiter dienen einige roh aus Balken errichtete, mit Zweigen,
Rasen u. s. w. liederlich bedeckte Hütten als Unterkunft, welche
nichts als eiue gemeinschaftliche Schlafstätte enthalten und nicht
viel besser sind als die Tschums in denen die Eingebornen campiren.
An einigen Fischerplätzen, wo nur ein oder wenige Russen arbeiteten,
fanden wir dieselben schlechter quartiert als Ostiaken.
Die russische Mannschaft, sowie die ganze Ausrüstung und Einrichtung,
zu deren lebendem Inventar auch eine Kuh gehörte, wird
nach Eisaufgang von Tobolsk aus auf einer Barsche expedirt; das
Material zu den leicht aus Planken und Balken errichteten Schuppen
grösstentheils ebenfalls von dort mitgebracht. Die Leute werden
auf 4 bis 5 Monate engagirt und erhalten für die Saison 20 bis 30 R.,
ausserdem einen Anzug, bestehend in Rock (Gus genannt), Hemd, Hose
und Stiefeln (Brodnie), sowie die Kost, zu der auch Tabak und an
Feiertagen Schnapsrationen kommen. Fleisch wird nur auf der Hin-
und Rückreise gereicht. Ich erinnere hierbei daran, dass die holländischen
Fischer in Scheveningen u. s. w. ebenfalls nur höchst selten,
die norwegischen wol kaum, Fleisch erhalten. Uebrigens genügt
Fischnahrung diesen Leuten ja vollständig, die, wie die Eingebornen,
rohe Fische mit eben solchem Appetit verzehren, als bei uns der
Arbeiter ein Stück Speck.
Die Geschicklichkeit der Weiber im Ausweiden nnd Zubereiten
der Fische ist bei der unendlichen Praxis in diesem Geschäft zur
wahren Virtuosität ausgebildet. Das Abschuppen geschieht mittelst
eines, an der Kante zugeschärften, Schulterblattes vom Renthier,
ein Instrument, welches für diesen Zweck in der That ausserordentlich
practisch ist. Wenn Pallas (Sujew) den Gebrauch des Längsseitenschnittes,
unmittelbar über der Bauchflosse, mit religiösem
Aberglauben zusammenhängend erklärt, so dürften die entschiedenen
Vortheile, dieser Methode doch practisch den Ausschlag gegeben
haben. So schnell als der Schnitt geführt wurde, ebenso schnell
genügt ein Griff, um die Leber und den ganzen Inhalt der Leibeshöhle
herauszureissen. Etwaige zurückgebliebene Fett- und Blut-
theile habe ich nicht selten begierig verzehren sehen, aber niemals
„die inneren Theile als Dessert“ , wie sich Poljakoff ausdrückt.
Sehr häufig werden die Eingeweide weggeworfen, aber auch in Ge-
fässen aufbewahrt, um das ausschmelzende Fett abzuschöpfen und
aufzubewahren. Diese ölige Masse, Schir genannt, wird nicht so
leicht ranzig und dient anstatt der Butter um Brot in dasselbe einzutauchen
u. s. w., sowie als Lampenöl.
Der Genuss roher Fische ist nicht blos bei Ostiaken und Samojeden,
sondern allen nördlichen Völkern Sibiriens und den ansässigen
Russen allgemein üblich, weil man annimmt, dass derselbe ein
Specificum gegen Scorbut ist. Uebrigens findet sich dieselbe Sitte
ja bei Japanern, Kanakern und vielen anderen Völkern ebenso eingebürgert
als bei den Ostiaken, und über Geschmack lässt sich einmal
nicht streiten! Selbstredend machte ich ebenfalls den Versuch, fand
aber das Fleisch von Njelma u. s. w. so fad und geschmacklos, als
früher das vom Lachs in Lappland, das dort ohne jede Zubereitung
und Würze ebenfalls hochbeliebt ist. Uebrigens wissen Ostiaken
und Samojeden die Fische so geschickt zu tranchiren, dass die Mahlzeit
keineswegs Ekel erregt und ich beneidete unsere Leute oft, die
nüchtern einen 2 Fuss langen Fisch zierlich in Streifen geschnitten
und, wenn es anging, in Fischfett getaucht, mit dem grössten Behagen
als Frühstück verzehrten. Dass man bereits Kinderchen,
welche noch nicht laufen 'können, von der zärtlichen Mutter mit
rohem Fischfleiseh stopfen sieht, ist nichts Ungewöhnliches.
Das Verfahren beim Einsalzen in den russischen Fischerniederlassungen
geschieht ähnlich wie in Norwegen, d. h. die ausgeweideten
Fische kommen 8 bis 9 Tage in eine Salzlake und werden, nachdem
sie gehörig durchgezogen, getrocknet und in Packen zusammengebunden.
Doch verstehen die Obfischer das Trocknen, auf welches
es ja hauptsächlich ankommt, weit weniger gut als ihre norwegischen
Collegen, denen freilich die bei Weitem günstigeren localen und
climatischen Verhältnisse wesentlich zu statten kommen. Ein Hauptfehler
am Ob ist jedenfalls der, dass meist unreines, d. h. noch mit
anderen Bestandtheilen (Glauber- und Bittersalz) vermischtes Steppensalz
verwendet wird, welches den Geschmack der Fische verdirbt.
Hätte man so ausgezeichnetes französisches und portugiesisches Salz
wie in Holland, Norwegen u. s. w., so würden auch die Präparate