aber die Sache war für Fremde immerhin interessant, wenn auch
nichts weniger als graziös oder kokett. Dazu war schon das
Aeussere der dicht verschleierten Schönen, welche in Kleidern
paradirten, die bei uns fast Lumpen heissen würden, nicht geeignet.
— Neben dem Bären dienen, nach Sujew, auch Elen, Kranich und
andere Thiere als Tanzmeister, d. h. man bemüht sich die betreffenden
Thiere möglichst naturgetreu zu copiren, was immerhin auf
eine scharfe Beobachtungsgabe sehliessen lässt.
Bezüglich der Jagd, so hatte man in den üferdickichten und
Waldungen immer noch mit mannigfachen oft unüberwindlichen
Hindernissen zu kämpfen. Dazu kam jetzt der enorm starke Thau-
fall, welcher Morgens die oft brusthohen Gräser so durchtränkt
hatte, dass man wie im Wasser zu baden schien, und dichte Herbstnebel,
welche gewöhnlich gegen Abend einfielen. Ein unangenehmer
Umstand ist auch der, dass bei der Dichtigkeit des Grases und
Unterholzes ein beträchtlicher Theil des Geschossenen verloren geht,
oder, wenn Wassergeflügel, ohne Hunde, auf den stehenden Tümpeln
und Teichen liegen bleiben muss. Unsere täglichen Ausflüge
machten uns mit den Wäldern wenigstens einigermassen bekannt,
denn weit m das Innere vorzudringen war für uns unausführbar.
Einmal mussten wir suchen, ohne längeren Aufenthalt vorwärts zu
kommen, und dann konnte bei der urwaldartigen Dichtigkeit der
Wälder von einem tieferen Eindringen in dieselben überhaupt nicht
die Rede sein. Hatten wir doch überhaupt unter den Anwohnern
nur Einen gefunden, der abseits vom Flusse nur fünfzig Werst vorgedrungen
war. Und dies will in der That schon etwas heissen für
eine Gegend, in der es keine andere als die wenigen in der Nähe
der Niederlassungen vom Rindvieh getretenen Pfade giebt, und
deren Wälder, soweit sie nicht durch Brände zerstört sind (und dies
ist leider oft der Fall) in wahrhaft tropischer Undurehdringbarkeit
auftreten. Die Schwierigkeiten des Fortkommens bestehen nicht
allein in der Dichtigkeit, mit welcher die Bäume emporschiessen,
sondern unzählige umgefallene Stämme, über deren verfaulte, mit
einer dichten Moosschicht überzogene Leiber der Fuss strauchelt,
hemmen sehr oft das mühsame Vordringen. Es ist daher nicht
leicht, einer Vogelstimme nachzugehen, noch weniger den Erheber
zu erblicken und zu erlegen. Dennoch hatten wir auf der bisherigen
Tour manches für uns Neue erhalten. So den rost-
schwänzigen Häher (Perisoreus infaustas), den Dreizehenspecht (Picus
tridactylus), die uralische Spechtmeise (Sitta uralensis), den Goldammer
(seit Bereosoff), die Singdrossel und den blauschwänzigen
Sänger (Nemura cyanura); letztere als überhaupt neu für den Ob.
Auch in das Gebiet der Waldhühner waren wir wieder gekommen.
Einmal begegnete ich einem Auerhahn (ost. Poite-luk) auf kaum
mehr als 30 Schritte, den mein Dunstschuss nicht niederzustreeken
vermochte. Für solches Hochwild war ich mit der Vogelflinte
nicht vorgesehen. — Erschien die Vogelwelt im Allgemeinen arm
an Artenzahl und Individuen, so waren es Vierfüssler in noch
höherem Grade; trotz der Häufigkeit des Vorkommens erlegten wir
nur wenige Eichhörnchen und Burunduks (ost. Kuschar), deren
Felle doch einen grossen Ausfuhrartikel bilden, wir bekamen nie
einen Fuchs, Hasen, wildes Ren oder Elen, und nur einmal die
Fährte eines Bären zu sehen, leider schon eine alte. Doch kommt
nehen dem Vielfrass (ost. Lolmach), der häufig ist, einzeln sogar
der Luchs in diesen Wäldern vor.
In Ermangelung grösserer Säugethiere musste ich mich mit
wenigen kleinen begnügen. So erhielt ich die Zwergspitzmaus
(Sorex pygmaeus) und die rothe Wühlmaus (Arvicola rutilus).
Letztere dringt in die Hütten der Eingebornen und thut hier
Schaden. Die kleinen Vorrathshäuser (Labasy) bei den Niederlassungen
stehen daher auf Pfählen, die als Schutz mit einer hori