in runder Summe auf 6 Millionen Pferde, 2 Millionen Binder und
10.900.000 Schafe beziffern.*)
Wie das saisonale Hirtenleben seinen gewissen regelmässigen
Gang geht, so auch das tägliche. Schon der frühe Morgen bringt
Leben in den A-ul, dessen Heerden, nachdem sie gemolken wurden,
unter Aufsicht meist berittener Hirten auf die bestimmten Weideplätze
getrieben werden, um Abends wieder heimzukehren, ohne indessen
irgend welches Unterkommen zu finden. Nur in den Winterquartieren
pflegen die Kirghisen aus Erde und Schilf oder in Felshöhlen
rohe Ställe zu errichten, in denen sie wenigstens das Jungvieh
während grösser Kälte unterbringen, und in denen sie theilweis
selbst überwintern, wie sie andrerseits jederzeit gern ihre Juxten
mit Kälbern, Zicklein oder jungen Kameelen theilen. Kühe,
Schafe und Ziegen werden nur früh und Abends gemolken, die
Stuten dagegen 3 mal täglich, nach Pallas sogar alle Stunden, da
sie jedesmal nur eine geringe Quantität Milch geben. Wir selbst
haben niemals Stuten melken sehen, uns aber sagen lassen, dass
dieselben sich dabei nichts weniger als geduldig anstellen. Die
säugenden Thiere weiden unt,er Obhut von Kindern besonders,
meist nicht weit von den Jurten entfernt oder werden in leichtgebauten
Hürden eingepfercht. Sie bleiben den ganzen Tag von
den Mutterthieren getrennt und werden gegen Abend, oder auch
wol den ganzen Tag über, an langen ausgespannten Seilen angebunden.
Man kann sich schwer eine Vorstellung von dem ver-
schiedentönigen Gebrüll machen, welches sich in immer stärkerem
Maasse erhebt, je mehr sich die Heerden dem A-ule nähern. Jede
Mutter ist dann zunächst bemüht ihr geliebtes Junges zu begrüssen
und wird dann sogleich gemolken. Denn Kühe und Stuten sollen
nur dann Milch geben, wenn sie das Junge in der Nähe wissen.
Man pflegt die Milch nicht ganz auszumelken, sondern lässt einen
Best den Jungen, die im Uebrigen nur des Nachts frei saugen
dürfen.
Ob wol bei den Kirghisen von Milch wirthchaft in unserem Sinne
nicht die Rede sein kann, so bildet dieselbe doch mit den wichtigsten
Theil ihrer Oekonomie, indem Milchprodukte die Hauptnahrung
*) Ein ganz anderes Besnltat ergiebt sich, wenn man Wenjukow’s Angabe
zu Grunde legt, nach welcher die 260,000 Kirghisen des Syr-Darja-Gebietes
200.000 Pferde, 2 Millionen Schafe und 100,000 Kameele besitzen. — Stumm berechnet
10,450,000 Pferde und 6,360,000 Schafe.
ausmachen. Saure dicke Kuhmilch (Airan) ist die tägliche Nahrung
der Frauen und Kinder, während die Männer in gegohrener Stutenmilch,
Kumyss, den grössten Genuss finden. Frische Pferdemilch
enthält viel Zucker aber wenig Käse und Fettstoff, setzt daher
keinen Rahm ab uud ist bei Weitem dünnflüssiger als Kuhmilch.
Sie hat indess einen nicht ganz angenehmen Geruch, der auch dem
Kumyss anhängt und ihn im Verein mit einem nicht Jedem behagenden
Vor- und Nachgeschmack wenigstens für den Neuling,
widerlich macht. Diese minder empfehlenswerthen Eigenschaften
haben wahrscheinlich ihren Grund mit in der Aufbewahrung in den
unreinen und unappetitlichen Schläuchen (Tursuk) aus Füllenhaut,
aber die Nomaden behaupten und die Erfahrung hat es bestätigt,
dass sich das Getränk nur in, solchen Lederschläuchen bereiten
lässt. Wie Dr. Dahl’s Untersuchungen und Beobachtungen beweisen,
ist Kumyss eins der nahrhaftesten und gesundesten Getränke,
welches bekanntlich auch als Heilmittel*) Beachtung verdient. Die •
berauschenden Eigenschaften des Kumyss sind sehr unschuldiger
Natur; dagegen destilliren die Kalmücken aus demselben eine Art
Schnaps, Araku, dessen Bereitung Pallas’ (Reise I. p. 316) und
Ledebour (I. p. 181) ausführlich beschreiben. Aus saurer Kuhmilch
machen die Kirghisen kleine, äusserst scharfe Käse (Churt), die an
der Sonne getrocknet werden und theilweis als Wintervorrath dienen.
(Siehe die Mittheilung darüber von Graf Zeil im Kapitel VIII). Auch
einen bröcklichen Käse (Eremtschak) aus Schafsmilch wissen sie zu
bereiten; er wird mit Milch oder Wasser vermischt in Tursuks auf
Reisen mitgenommen und ein oder zwei Tassen sind hinreichend
um den Hunger zu stillen. Dass Kameele ebenfalls gemolken werden,
mag noch erwähnt sein; wir fanden deren Milch nichts weniger
als schmackhaft. Fleischnahrung kommt seihst bei Reichen nicht
täglich auf den Tisch. Am meisten werden noch Schafe verzehrt,
deren mit Fett bedecktes Brustbein, sowie die Fettpolster des Steisses
(Kurdjuk) auf Kohlen geröstet als besondere Leckerbissen gelten.
Das übrige Fleisch wird nur mit Salz**) gekocht und ohne Brot
*) Ueber Bereitung, Kurgebrauch und Wirkung des Kumyss giebt W. F. Dahl
ausführliche und gründliche Kunde in: Beiträge zur Kenntniss des russ. Beichs.
7. Bändchen 1845. p. 27—39.
**) Wenn Fuhrmann behauptet, dass die Kirghisen alle Speisen ohne Salz bereiten,
so widersprechen dem unsere eigenen wie alle anderen Beobachtungen.
Bei der Menge von Salzseen ist es ihnen ja ohnehin sehr leicht sich diese Würze,