Solche Wettrennen, Baiga genannt, werden gewöhnlich hei
Gelegenheit der jährigen Todtenfeier eines Grossen veranstaltet, die
mit grossen Festlichkeiten begangen wird. Zu einer solchen Todtenfeier
„Ahs“ kommen von nah und fern geladene und ungeladene
Gäste, die mit Schaf- und Pferdefleisch bewirthet werden, welches
in grossen Schüsseln von Berittenen umhergereicht wird. Wlangah
beschreibt ein solches Fest, bei dem einige Tausend zu bewirthen
waren und verwunderte sich namentlich über die herrschende Friedlichkeit.
Nur beim Yertheilen der Wettrennpreise wären die Parteien
fast aneinander gerathen. Freilich handelte es sich um verhältmss-
mässig äusserst werthvolle Objecte, denn der erste Preis bestand in
einem Sclaven (1849), 9 Stück chinesischem Seidenstoff, einem Kameel,
der zweite in einem Kameel und Seidenstoff u. s. w.
Bei diesen Wettrennen und Ringkämpfen, die noch heut sehr
beliebt sind, kam es früher, als die Sultahne noch unabhängig waren,
nicht selten zu Händeln die in offene Fehde ausarteten und langwierige
Kämpfe im Gefolge hatten.
Wir durften mit dem Gesehenen wol zufrieden sein, denn im
Grossen und Ganzen war uns durch die Güte des Gouverneurs soviel
vorgeführt worden als seiner Zeit Alexander von Humboldt
(Rose, Reise I. p. 107 u. II. p. 218). Gustav Rose beschreibt freilich,
so humoristisch als es ihm möglich ist, jene ergötzliche Vorstellung,
bei der es sich für die Ausführenden darum handelte aus
einem grossen, tiefen, mit Grütze gefüllten, Kessel einen Silberrubel
mit dem Munde herauszufischen, aber wir konnten uns darüber hinwegsetzen
und mussten nur bedauern, dass es uns hier (wie später)
nicht vergönnt war mit der noblen kirghisischen Damenwelt bekannt
zu werden. .
Die Stunde des Abschiedes nahte und unter herzlichem Dank
schieden wir von der liebenswürdigen Familie Poltoratzky, die wir,
wie so manche andere Theilnehmer der Jagden in den Arcatbergen
glücklicher Weise noch Wiedersehen sollten. Aber von den romantischen
Jagdgründen selbst und seinem Edelwild nahmen wir für
immer Abschied und es ist hier vielleicht die passende Stelle um
einige Bemerkungen über das Wildschaf oder das Archar der En-
ghisen einzufügen. Werfen wir zunächst einen Blick auf die
geographische Verbreitung der artenreichen Familie der Wildschafe,
so ist dieselbe insofern besonders merkwürdig als Europa (Sardinien
und Corsica), Afrika (Atlas) und Nordwest-Amerika nur je eine
Art besitzen, während Asien deren eine Menge aufzuweisen hat.
Wenn auch bei dem. geringen Material, welches unsere Museen von
diesen seltenen Thieren besitzen, zur Zeit an eine befriedigende
Darstellung der Arten noch nicht zu denken ist, so darf immerhin
schon jetzt als gewiss gelten, dass die verschiedenen Gebirgsketten
Innerasiens von verschiedenen Arten hewohnt werden. Severtzoff
versucht fast für jeden einzelnen Gebjrgsstock eine besondere Art
nachzuweisen und demgemäss für Asien 18 Arten aufzustellen, beschränkt
das Verbreitungsgebiet jeder einzelnen indess offenbar
gar zu sehr. Die Art, mit welcher wir es hier zu thun hatten
würde seinem Ovis argali var. altaica entsprechen, welches hauptsächlich
die südlichen Steppenkämme des Altai bewohnt und von
der in der östlichen Mongolei vorkommenden Art (0. argali var.
mongolica) verschieden sein soll. Nach Ansicht der Exemplare im
Museum der Kais. Akademie in St. Petersburg, welches- über diese
Thiere wol das reichste Material aufzuweisen hat, glaube ich mich
zu der Ansicht hinneigen zu dürfen, dass das Wildsehaf des Altai
und der Gebirge Dauriens nur Einer Art angehört, die identisch
mit der von uns in den Arcatbergen beobachteten ist und mit der
in den Steppenkämmen bei Bajanaul zwischen Irtisch und dem
Balchasch-See lebenden, von der wir Exemplare bei Professor Slov-
zoff in Omsk sahen. Nach den ausgezeichneten Forschungen von
Professor Peters,*) der wie immer in streng kritischer Weise die
Synonymie sichtete, gebührt dieser Art die älteste Benennung
Linnes: Ovis ammon. Joh. Georg Gmelin erwähnt dieses Wildschafes
zuerst unter den Thieren von Ust-Kamenogorsk (Reise I.
p. 240) und beschreibt es ausführlich (1. c. p. 368). Zu seiner
Zeit scheint das Archar in der genannten Gegend nicht selten gewesen
zu sein, aber man fing schon damals an es auszurotten. Auf
kaiserlichen Befehl sollten nämlich lebende Argalis nach Petersburg
geschickt werden, wofür von der Krone 31/2 Rubel per Stück bezahlt
wurden. Es legten sich daher Viele auf die Argalijagd, indem
sie die Thiere in Fallgruben fingen und so wurde eine grosse
Anzahl .derselben vernichtet. Pallas erhielt das Argali 1772 nn
Adonscholo-Gebirge in Daurien, wo es nach Radde bereits 1832
*) Monatsbericht der Kön. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 2. März
1876 p. 177 — 188; hier auch Aufzählung der bekannten Arten. Ausführlicher
behandelt von Sir Victor Brooke (Proceed. Zool. Soc. London 1875 p. 509 526.