daher auf c. 16,500. Rittich giebt für das Gouvernement Jenissei'sk
6000, für das Gouvernement Tobolsk 4000 an, was incl. der
europäischen Samojeden an 14,500 ergeben würde. Lengenfelds
Angaben: 20,000 für Sibirien und 35,000 Samojeden „und Zigeuner!“
(p. 45) für das europäische Russland sind daher offenbar falsch.
Noch mehr wenn Lankenau (das heutige Russl. p. 137) zusammen
nur 12,000 Samojeden und Ostiaken annimmt. Ueber die Ausdehnung
des Wandergebiets fehlte es dem Sassjedatjelj an genauem
Material. Er wusste eben nnr mitzutheilen, dass die Samojeden
seines Bezirkes (Obdorsk) in sogenannte Kamenije (Steinbewohner)
und Njisowije (Niederungsbewohner) zerfallen. Erstere ziehen mit
ihren Heerden bis in die Nähe der Kara-Bai, letztere nomadisiren
zwischen Tass und Pura. Ob sie auch die Halbinsel Jalmal (= Landende)
besuchen wusste der Sassjedatjelj nicht, ebenso war ihm. die
Zahl der am Tass nomadisirenden Samojeden unbekannt, obwol sie
in Obdorsk steuerpflichtig sind. Ich erwähne diese Angabe desshalb,,
weil Schrenk die Horde Harjuzi hier wohnen lässt, aber Schmidt
traf Glieder derselben am Jenissei. Nach allen uns in Obdorsk gewordenen
Nachrichten scheint Jalmal gänzlich unbewohnt oder wird
doch höchstens in seinem südlicheren Theile gelegentlich von Nomaden
besucht.
Ostiaken und Samojeden sind militärfrei, bezahlen aber eine
Steuer (Jassak), die früher in Pelzwerk, jetzt in Geld eingefordert
wird, und für Samojeden Alles in Allem 3 R. 75 K., für Ostiaken
3 R. 12 K. für jede arbeitsfähige Mannsperson beträgt. Davon
zieht die Krone vom Samojeden 1 R. 43 K., vom Ostiaken 86 K.
ein; das Uebrige wird für Bedürfnisse zur Bestreitung der Unkosten
(Post, Local, Heizung, Beleuchtung) der Localbehörde erhoben.
Wie fast alle oder alle uncivilisirten Völker, nicht blos in
Sibirien sondern überall, der Civilisation weichen, dieselbe entweder
annehmen oder untergehen müssen, so auch die Ostiaken und Samojeden,
obschon sie, zurückgedrängt in unwirthliche Gegenden und
gewöhnt an ein hartes Leben, Entbehrung und Mühen, ihrem
Schicksal anscheinend länger widerstehen dürften, als andere,
glücklicher situirte Völker. Herr Poljakoff,*) der sehr trübe in die
Zukunft der Ostiakeu blickt, führt als Ursachen des Ruins derselben
*) „Die Bewohner des Ob,“ nach dem Russischen von Kretschmann in: Russ.
Revue VH. 1878, p. 44—63.
vorzugsweise die Unterdrückung und Uebervortheilung Seitens seiner
Landsleute an, was er ja besser wissen muss. Wenn er aber zugleich
die geringere Fähigkeit zur Fortpflanzung und die ungemeine,
2/s bis 3/4 Procent betragende Sterblichkeit der Kinder als Haupt-
factoren des Aussterbens nennt, so scheint dies doch mehr eine Annahme,
als durch Statistik bewiesene Thatsache. Sujew (Pallas)
äusserte sich schon vor 100 Jahren ähnlich, ohne dass seine Voraussage
bisher in Erfüllung ging. Jedenfalls ist der Schnaps, wie
bei allen ungebildeten Völkern, die Hauptursache des materiellen und
physischen Ruins auch dieser und Herr Poljakoff hat gewiss Recht,
wenn ei* zunächst seine Landsleute anklagt, die das Feuerwasser
einführten, beliebt, bei Vielen .unentbehrlich zu machen wussten.
Immerhin ist das Laster des' Branntweintrinkens bei Ostiaken und
Samojeden nicht ärger als bei einem grossen Theile des niederen
sibirischen Volkes, was, wie die (p- 60) aus Gmelin citirte Stelle
zeigt, „diesen Heiden“ hierin noch heut zu keinem guten Vorbilde
dient. Aber während der niedere Sibirier sehr oft Gewohnheitssäufer
ist, bleibt der Eingeborne Gelegenheitstrinker, aus dem einfachen
Grunde, weil er meist viel zu arm ist. So kann er sich nur
bei besonderen Gelegenheiten einen Rausch antrinken, benutzt dieselben
dann aber gründlich, gerade so wie es in diesem Falle
der Russe thun würde und wie es in den civilisirtesten Ländern
geschieht. Die professionirte Kaste der Trunkenbolde, wie man sie
namentlich in Holland und England, von den Irländern gar nicht
zu sprechen, findet, habe ich bei Ostiaken und Samojeden nie angetroffen.
Dabei sind die Leutchen äusserst gutmüthig und gehen,
wie Castren humoristisch schildert, selbst in der grössten Trunkenheit
nie weiter als sich höchstens freundschaftlich an den Haaren
zu zausen. Und dieser Zug lässt, wie ich bereits erwähnte, auf ein
friedfertiges und gutes Gemüth schliessen. In der That stimmen
alle Beobachter überein, dass sowol Ostiaken als Samojeden durchaus
gute Eigenschaften besitzen. Unter denselben stehen unbedingte
Ehrlichkeit, Friedfertigkeit und Gasfreundschaft oben an. Castren
sagt (p. 122) mit Recht: „in sittlicher Hinsicht wird der ganze
Ostiakenstamm wegen seiner strengen Rechtlichkeit und Rechtschaffenheit,
seiner ausserordentlichen Dienstfertigkeit, wegen seines
Wohlwollens und seiner Menschenliebe gepriesen.“ In ähnlichem
Sinne äusserte sich der Geistliche in Obdorsk über die Samojeden,
von denen Castren aus eigener Erfahrnng schöne Züge berichtet