um allerlei Gethier für mich zu sammeln, erhielt aber nur wenig.
Darunter eine Fledermaus, identisch mit unserer Vesperugo noctula
Schreb. und aus dem Kara-Bulakfluss zahlreiche Fische, aber nur zu
einer Art (Diplophysa labiata Kessl.) gehörig, derselben, die ich
schon aus dem Balehasch-See und von Lepsa kannte.
Selbstredend war ganz Urdschar zusammengelaufen, als wir
anderen Tages (20. Mai) gegen 11 Uhr (statt 6 wie bestimmt)
glücklich fortkamen und ebenso selbstverständlich schlossen sich
wiederum einige Kirghisen an, um uns bis Bakti das Geleit zu
geben, denn so eine 120 Werst (c, 17 Meilen) hin und her sind
für diese Leute ja reine Spazierritte. Unser Zug, zu dem eine
Escorte von 12 Bakti-Kosaken gehörte, machte sich daher gar
stattlich.
Wir befanden uns jetzt wieder. auf Poststrasse (von Sergiopol
nach Tschugutschak 262 Werst und weiter nach Kobdo 1174 Werst),
die nicht allein durch gelegentliche Lehmhaufen als Wegmarken
gekennzeichnet wurde, sondern an der es sogar Stationshäuser gab,
bei denen Umspann stattfand. Aber am erfreulichsten war die ausgezeichnete
Beschaffenheit des Weges selbst, denn bei der Hitze der
letzten Tage. und der anhaltenden Trockenheit ging es auf der
stellenweis tischebenen Steppe wie im Fluge dahin, und selbst die
Kosaken hatten Mühe mit den Tarantassen Tempo zu halten.
Die Steppe war theilweis mit schönem Gras bestanden, mit
Saft- und Krautpflanzen, namentlich Schierling oder mit dem über
mannshohen Dschigras; hie und da fand sich Spiräengestrüpp, welches
in schneeiger Blüthenpracht eine schöne Abwechselung gewährte.
Aber diese Kinder Floras würden immer noch nicht vermocht haben,
die an sieh doch stets öde, mindestens langweilige Steppe zu einem
entzückenden Landschaftsbilde zu gestalten, wie wir es hier vor
uns hatten. Das war nur den herrlichen Gebirgen möglich, welche
im Norden und Südosten den Horizont einfassten, dort der Tarba-
gatai, hier das Orkotschuk und andere, bereits in China liegende
Gebirgszüge, die mit ihren schneeigen Pies gleich mächtigen Alpenketten
vorragten. Wir befanden uns in der That in einer höchst
interessanten Gegend, jenem Theile der Dsungarischen Mulde, welche
von Richthofen (China I. p. 38) so treffend „die Propyläen des
grossen Mittelmeeres“ (Han-hai) nennt, „den asiatischen Säulen des
Hercules, zwischen denen schmale Anne jenes Wasserbecken dem
im Westen über die Aralocaspische Niederung und die Ebenen West-
Sibiriens sich ausbreitenden Weltmeer verbanden“. Hier hatten
sich nicht allein in längstvergangenen Zeiten die Meeresfluthen
einen Weg gebahnt, sondern diese Pforten waren auch von jeher
der von Ost nach West strömenden Völkerwanderungen Strasse
gewesen.
Dass die Steppe übrigens nicht ununterbrochen „tischeben“
blieb, lässt sich denken. Nicht weit hinter Urdschar passirten wir
zwei kleine südlich fliessende Gewässer, den Chatyn- (Djarda) su
und Kargaly, die dem Ala-Kul Zuströmen. Weiterhin kamen wir
an hübschen Hügeln vorüber, auf deren Kuppen sich z. Th. phantastische,
rothgefärbte Felsgebilde erhoben, die wie Sandstein aussahen
und welche hübsche, grasbestandene, grüne Niederungen einschlossen.
Die Höhe dieser Steppengebiete wechselt nur unbedeutend und
beträgt durchschnittlich 100 Meter mehr als am Ala-Kul. Nach
den Aneroi'dbeobaehtungen von Graf Waldburg-Zeil liegt der Sassyk-
Kul 330 — 340 Meter, Udsch-aral ebenso hoch, die Haltestelle
Dschangis-Agatsch 320, Urdschar 440, Bakti ebenso hoch, der
Makentschifluss 470, Tschugutschak 430. Golubew’s berechnete
Höhen ergeben für letztere Stadt 1900 engl. Fuss, für Urdschar 1700,
für den Ala-Kul 1200.
In dieser Gegend sollte es Antilopen geben und zwar jene
merkwürdige isolirte Art mit mächtig aufgetriebenem, buckelartigen
Nasentheile, welche westlich bis in die Niederungen Polens, nördlich
über den Irtisch vordringt, die sogenannte „Saiga“ der Kirghisen und
Tataren (Antilope Saiga). Sie ist ein nichts weniger als schönes
Geschöpf, welches mehr an Schafe als an die gepriesene Grazie des
Antilopengeschlechts erinnert und namentlich durch die wie aufgeschwollen
aussehende, vorn abgestumpfte Nase entstellt wird.
Tamar J3ex, unser trefflicher Führer schon von Sergiopol her,
lud den Grafen und mich zu einer Nebentour in die Steppe ein,
und wir hatten wirklich die Freude zwei Saigas zu sehen, die aber
schon in grösser Entfernung wegliefen. Am Abend sahen wir noch
4 Stück, die gleichfalls nicht aushielten. Die Thiere lebten jetzt
getrennt, da die Weibchen ihre -säugenden Jungen führten, von
denen uns am Abend ein vielleicht 2 Wochen altes durch Kirghisen
gebracht wurde. Es war das hässlichste kleine Wesen, welches
man denken kann; die hohen dürren Beine, der Nasenbuckel, die
gleichsam abgestutzten Ohren und das kleine Zipfelchen, welches
F i n s c h , Reise. I. 13