hatte, unablässig mit Füllen von Patronenhülsen beschäftigt waren
und fuhr am i. Mai mit dem Polizeimeister, einem excellenten
Jäger, auf die^schnepfenjagd. Das Resultat war ausser wirklichen
Ergebnissen der Niederjagd als einer Menge Mittelschnepfen, Zwerg-
becassinen (Gallinago gallinula), und Teichwasserläufern (Totanus
ochropus), die in die Küche abgeliefert wurden, auch für den
Forscher interessant, denn es brachte die erste schwarzkehlige Drossel
(Turdus atrogularis) und was mich besonders erfreute, den düstern
Laubvogel (Phyllopneuste tristis), den wir später im Altai und am
Ob wiedertreffen sollten.
Graf Waldburg und ich hatten inzwischen genug mit allerlei
Besorgungen zu thun. Angesichts der uns bevorstehenden Gebirgs-
reise musste das Gepäck auf das allernothwendigste beschränkt werden,
andererseits galt es aber auch Proviant anzuschaffen. Wir hatten
also genügend Gelegenheit den Bazar kennen zu lernen, der auf uns
keineswegs den Eindruck eines ,,Wiener Tandelmarktes machte,
wie v. Cotta sich ausdrückt. Freilich waren chinesische Artikel, die
wir auch nicht suchten, nicht vertreten, denn der Verkehr mit China
der zu Rose’s Zeit (1829) noch recht ansehnlich gewesen sein muss,
hat offenbar sehr abgenommen, desto mehr sich aber der mit Turkestan
entwickelt. Im „Taschkend-Bazar,“ der freilich, mit seinen elenden
Verkaufsbuden aus Balken und Planken, nichts weniger als imponirt,
gab es Sachen, die die Kauflust eines Jeden gereizt haben würden. Vor
Allem waren es die in Farbe und Dessin phantastischen Stickereien in
Seide auf Wollenstoff, Tuch und Leder, wie Kaftans, Decken, Scha-
braken, weite Beinkleider, Frauenjäckchen u. s. w., von denen die
wenigen von mir mitgebrachten Gegenstände in der ,,Sibirischen
Ausstellung“ stets allgemeines Interesse erregten. Sie werden, wie die
zierlichen Stickarbeiten in der Türkei, meisst- von Männern ausgeführt.
Dann die sonderbar gemusterten Seidenstoffe und andere
Wollarbeiten, die den persischen ähnlichen Teppiche aus Buchara
und Turkestan, Sättel und Zierarten für Pferde, in Silber gefasste
zierliche Knöpfe aus Korallen und eine Menge anderer Artikel
orientalischen Kunstgewerbes. Freilich hatte keiner dieser einsilbigen
Ssarten*) seine Schätze prunkhaft ausgebreitet wie ein Laden bei
*) Dieser ans altiranischen Bewohnern des Landes mit türkischen Elementen
gemischten Stamm bildet die eigentliche Bevölkerung von Taschkend und verbreitet
sich, Handel treibend, weit über Innerasien. Vergl. Buss.-Bevue 1873. p. 128
und 353, und Wenjukow: die rnss.-asiat. Grenzlande p. 368.
uns und was das schlimmste war, man musste in einer Weise handeln,
dass man sich selbst hätte schämen mögen, erstand dann aber die
Sachen zu nach unseren Begriffen wohlfeilen Preisen.
Der zum Theil aus steinernen Kaufhallen bestehende Bazar mit
europäischen Waaren enthielt von der Stahlfeder bis zur Guitarre,
und vom Knopf bis zum fashionablen Filzhut, alles nur Denkbare.
Wir begnügten uns eiserne zusammenlegbare Bettstellen (das Stück
zu 14 Rubel) zu kaufen, die für Steppenreisen, wo es nicht an
Transportmitteln gebricht, sehr zu empfehlen sind und wandten uns
dann dem Krämereiwaaren-Bazar zu, auf dem Thee eine Hauptrolle
spielt. Er kostet hier weniger als in Moskau, für sehr feinen bezahlte
ich für das Pfund 1 R. 80. Der für geringere Leute hier
allgemein gebräuchliche Formenthee (Kirpitschni Tschai), d. h. in
Gestalt von Ziegelsteinen gepresste Thee kostet nur 30— 40 K. das
Pfund. Um so theurer war Zucker, der mit 35 K, per Pfund bezahlt
wurde, und weiter südlich bedeutend theurer wird, z. B. in der
chinesischen Grenzstadt Tschugutschak bereits 50 K. kostet. Auch
mit Reis versahen wir uns.
Als J. G. Gmelin im Juli 1734 Semipalätinsk, oder wie er
schreibt, „Sempalatnaja Krepost“ besuchte, war es eine jener kleinen,
damals allerdings bedeutenden Grenzfestungen, wie er deren so viele
beschreibt und stand unter Jamüschewa Krepost, dem jetzigen Kosakendorfe
Jamischewskaja. Da die Häuser selbst in der Regierungs-
Kanzlei keine eigentlichen Dächer und höchstens mit Papier verklebte
Fenster hatten, so mochte damals der Aufenthalt allerdings
nicht so behaglich gewesen sein, als wir ihn fanden. Nach Gmelin
wurde die Festung 1718 angelegt war aber zu seiner Zeit (1734),
wegen Wegspülen des Ufers durch den Irtisch schon 4 mal verlegt
worden. Pallas fand (1771) die alte Festung 15 Werst von dem
Tauschhof entfernt liegen; doch machte man damals Anstalten dieselbe
wiederum mit dem letzteren zu vereinen um so muthmasslich den
Grund zu dem heutigen Semipalätinsk zu legen.
Sechzehn Werst von der Festung waren zu Gmelins Zeit noch
die Ruinen von 7 alten steinernen Gebäuden zu sehen, nach denen
die Stadt den Namen Sempaläti erhielt, was deswegen noch nicht
mit „sieben Paläste“ übersetzt zu werden braucht, denn nach Gmelin
heissen im Russischen alle steinernen Gebäude „Palati,“ „mögen sie
prächtig oder schlecht aussehen.“ Gmelin beschreibt übrigens (Reise
!■ p. 216 und 217) diese Ruinen genauer, die nach ihm von dem