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und traten unsere Thalfahrt an, nachdem ich noch den beiden
Kosaken einige Yorräthe zurückgelassen hatte. Es war wie an den
beiden vorhergehenden Tagen schlechtes Wetter: Nebel, feiner Regen,
in der Lotka kaum 7 bis 8 Grad warm, kurzum wie im October
bei uns. Glücklicherweise begünstigte uns der Wind, wir konnten
das Segel auf weite Strecken benutzen und erreichten schon gegen
Abend die Gabelung des Flusses, wo wir am 20. Juli gelagert hatten.
Die von uns damals errichteten Pfähle zum Messen des Wasserstandes
fanden wir in bester Ordnung. Sie zeigten uns, dass der
Fluss mindestens 3 Fuss gefallen; grosse Sandbänke hatten sich gebildet,
Flussarme (Protoki) waren zu todten Wassern (Staristi =
Altwassern) geworden oder theilweis ganz trocken gelegt und statt
am rechten Ufer, mussten wir jetzt grösstentheils dem linken folgen,
weil das erstere für die Lotka oft zu seicht war. Und doch fand
sich der Fluss noch im Fallen begriffen; sein Wasser erschien auch
jetzt unrein, trüb bräunlich oder gelblich. Wir gingen diesmal den
kürzeren rechten Arm, ostiakisch Sort-johan-johort, samojedisch
Pereja janderiti genannt, hinab. Die Uferdickichte, jetzt schon
baumartige Weiden und Erlen, hie und da mit stattlichen hohen
Lärchen untermischt, bargen ein reicheres Thierleben. Zahlreiche
Pieper und Bachstelzen belebten den Strand, Minirschwalben (Cotyle
riparia) das hohe Ufer; in den Dickichten fanden wir den Zwergammer
(Emberiza pusilla), den Weidenlaubvogel (Phyllopneuste
trochilus) wieder, Nebelkrähen und Elstern Hessen sich sehen. Sie
alle führten flügge, vermauserte Junge und nur Enten und Schwanen-
miitter waren noch ängstheh um ihre Dunenjungen besorgt. Anstatt
des fast melodischen Lockrufes des Polartauchers (Colymbus
glacialis) hörten wir wieder die rauhe Stimme des rothkehhgen
(C. septentrionalis), nach der sein russischer Name „Gagar“ ein
Klangbild ist. Mit dem Sonnenschein des 14. August haben sich
auch Mücken wieder eingestellt, allerdings minder in Zahl, aber um
so zudringlicher und ungestümer, namentlich hatten sie es jetzt auf
die Augen abgesehen.
Noch am Abend erreichten wir den ersten Tschumplatz eines
Ostiaken, der uns mit frischen Fischen versah. Für zehn ögr osse.”
je drei- bis vierpfündige Hechte forderte der Mann 60 Kopeken
(c. 14 Sgr.), vorausgesetzt, dass uns dies nicht zu theuer sei(?). In
Ermangelung anderen Fleisches waren zwei junge, noch mit Dunen
bekleidete Schwäne sehr willkommen, welche Dr. Brehm erlegt hatte.