gelten ebenfalls als besonders gut, aber auch die Rippenstücke und
anderes Fleisch wird keineswegs verschmäht und abwechselnd mit
dem rohen Feist verzehrt, von welchem namentlich das in der
Augenhöhle befindliche als besondere Delicatesse gilt. Gleich geschätzt
ist das rohe noch blutige Geweih, von welchem oft ein Stück
an lebenden Ren zum sofortigen Verspeisen abgeschnitten, der
Stummel aber dann sorgfältig unterbunden wird. Auch rohes Gehirn
habe ich oft verzehren sehen. Aehnlich wie die Lappen den
Magen des Ren mit Blut gefüllt als eine Art Blutwurst verspeisen,
so verschmähen die Samojeden den Magen sammt Inhalt, gefroren
und dann gekocht oder mit Mehl vermischt, keineswegs, wie Schrenk
(I. p. 542) berichtet, der dabei an die Leckerei des „Schnepfendrecks“
unserer Gourmets erinnert. Les extremes se touchent! Es
lässt sich nicht läugnen, dass eine solche Mahlzeit, bei welcher alle
Theilnehmer im Gesicht mit Blut beschmiert erscheinen, etwas Ekelerregendes
hat, denn man meint eine Schaar Cannibalen vor sich zu
hahen. Allein die Armuth der Tundra an Brennmaterial, welche
ein regelmässiges Kochen ausschliesst (vergl. auch Schrenk p. 539
und Castren p. 273), bedingt schon an und für sich diese Methode
des Genusses, welche nicht blos bei Ostiaken und Samojeden, sondern
auch bei Syrjänen und Russen dieser Gegenden gleichbeliebt ist.
„Hat man den ersten Abscheu überwunden, sagt v. Hofmann (p: 97),
so findet man die Kost schmackhafter als man denken sollte;- besonders
ist der warme Speck, der fingerdick den Rücken bedeckt,
in Blut getaucht, wohlschmeckend und wenn man keine Teller und
Gabel hat, so ist diese Methode, sich die Bissen mundrecht zu
schneiden, gewiss die bequemste.“ Und Middendorf konnte von der
rohen, noch dampfenden Leber nicht genug bekommen (p. 1455).
Ich stimme mit dem Gesagten vollständig überein und bedaure
nur, dass ich nicht aus eigener Ueberzeugung sprechen kann, aber
Angesichts der unzähligen gefallenen Renthiere war uns natürlich
alle Lust auf Renthierfleisch vergangen. Doch liess ich mir einen
Markknochen rösten und fand ihn ausgezeichnet. Unsere Leute
konnten sich somit einmal gründlich satt essen und ich glaube nicht
zu übertreiben wenn ich sage, dass jeder Mann mindestens seine
4 bis 5 Pfund Fleisch verzehrt hatte.*) Und diese Sättigung war
ihnen wol zu gönnen, denn sie verstanden es auf der anderen Seite
*) Was Syrjänen in dieser Hinsicht zu leisten vermögen, davon giebt v. Hofmann
(p. 70) ein schlagendes Beispiel.