Xi. Kapitel.
(Nenropteren), welche seit ein paar Tagen gegen 10 Uhr Abends
wolkenartig das Fahrzeug begleiteten, erwiesen sich glücklicherweise
als harmlos.
Da in der arctischen Nacht, trotz des Mangels von Dunkelheit,
auch die gefiederten Bewohner, ausser dem unstäten Volke der Möven,
ihre regelmässige Ruhe halten, so war die Stille durch nichts als
durch den einförmigen Tact der Ruderschläge' unterbrochen. Bald
sahen wir auf massig hohem Steilufer Obdorsk, das ersehnte Reiseziel
vor uns: 10 Häuser und ein Kirchlein!
Das Bild gewann mehr an Bestimmtheit als wir in den Polui
einbogen, der weit und breit das mit Weiden durchzogene grüne
Wiesenland überschwemmte und mit dem Ob so Eins zu sein schien,
dass man nicht wusste, wo der eine aufhörte und der andere anfing.
Wir bemerkten ein paar grosse unförmliche Barschen, die theil-
weis auf dem Trocknen sassen, aber auch eine Lotka, hei der Menschen
beschäftigt waren. Bald knallten von dort ein paar Schüsse herüber,
die wir beantworteten und so unseren ersten Gruss mit der russischen
Expedition unter Lieutenant Orlow wechselten. Nicht lange und
unsere Lotken legten am rechten Hochufer des Polui, nahe bei ein
paar Häusern an, wir stiegen ans Land, wo unserer bereits der
Sassjedatjelj Herr Pawlinof harrte, der trotz der frühen Stunde zu
unserer Begrüssung' herbeigeeilt war.
XII. Kapitel.
II e b e r Tu n d r a .
(Obdorsk bis Kara-Bai und zurück.)
Die russischen Expeditionen eingeholt. — Herr Matwejew. — Lieutenant Orlow. —
Herr Wassiljeff. — Eine Tundra-,,Hochzeits“reise. — Capt. Dahl. — Steuermann
Randsep. — Der Gaffelschuner „Moskau“. — Keine Seeleute am Ob. — Dahl’s
Fahrt 1877. — Dr. Brehm auf der Moskau voraus. — Unser Reiseziel. — Un-
kenntniss. desselben. — „Lotka“ im Allgemeinen. — Unsere Lotka „Bismark“.
Einrichtung derselben. — Enge Unterkunft. — Ausrüstung und Kosten. — Tauschartikel.
— Perloff. — Unsere Leute.H- Abreise von Obdorsk. — Alexander Säkoff.
— Furcht vor dem Bolschoi-Oh. — Uferlandschaft. ■—• Entfernung und Stationen
bis Jamburri. — ’ Kniäski-Jurty. -jg Der Fürst von Obdorsk. — Das Fürstenhaus
Taischin. — Macht des Fürsten. — ,,Seine Unwissenheit”. — Temperenzler. —
Kiochat, ein Fischerplatz. — Einrichtung und Betrieb. — Rohes Fischessen. —
Unvollkommene Fischhereitung. — Ertrag. — „Peski“. — Antheil der Eingebornen.
— Fischereibetrieb kein „Raubsystem“. — Zahme Möven. — Vergebliche Suche
nach dem „Bolschoi Scheitän“. — Hausgötter. — Ueber den grossen Oh. — Wieder
in Weidendickichten. — Anblick der Uralkette. — Vogellehen. — Mpcken. —
Eine Tschum-Idylle. — Ostiakische Geräthschaften. — Tobelko. — Dr. Brehm
wiedergefunden. — Male-Obske-Peske. — Der Hechtfluss. — Jamburri. — Bolschoi-
Nos. — Unheilbare Kranke. — „Buschgötze” und Opferplatz. — Ein „Palaver“. —
Sort-johän-johort. — Ufer und Wasser der Schtschutschja. — Vertrauen auf der
Tundra. — Talisman gegen Diebe. — Vogellehen. — Ermüdende Krümmungen und
Einförmigkeit. — Arctische Mücken. — Beobachtungen. — Grösste Plage. —
Schlimmer als Mosquitos. — Unter der deutschen Tricolore. — Deutsche Zeitungen.
— Ausgezeichnete Briefbeförderung. — Unter Segel. — Russen eingeholt. — Wieder
bei Menschen. — Die Familie Dschunschi. — Katzenjammer. — Brüderschaft. —
Nördlichste Baumgrenze. — Ende der Schiffahrt. — Ueppiger Blumenflor. —
Anstehendes Gestein. — Bussardnest. — Weiteres Vordringen der Russen. —
Wasserfall. — Allgemeines über Tundrareisen. — So schwierig als Wüste. —
Berathung der Reiseroute. — Ausrüstung. — Ahschiedsfest. — Abmarsch. —
Tundra. — Einöde. — Schlechter Empfang auf der Tundra. — Renthiere erreicht.
— Blutige Mahlzeit. — Dssäiini, ein Reicher der Tundra. — „Lea und Rahel”. —
Toilettengeheimnisse. — Renthierseuche. — Milzbrand. — Kein Bacillus anthracis.