zubringen und wie ich später zeigen werde, war diese Gabe nicht
die am unnützesten auf der Reise angewendete.
Unser kurzer Aufenthalt verging übrigens nicht lediglich in
geselligem Verkehr und Anschauen der Sehenswürdigkeiten, sondern
es gab eine Menge Geschäfte abzuwickeln. Vor Allem galt es unsere
bei jetzigen Wegeverhältnissen viel zu schweren Schlitten, namentlich
unseren dreischläfigen „Nordenskjöld” loszuwerden. Er musste mit
den übrigen Zurückbleiben und ich miethete 2 leichte, leider offene
Postschlitten für uns, während das Gepäck per perekladneja mitge-
genommen wurde, d. h. in der Weise, dass auf jeder Station das
Gefährt gewechselt und somit, auch der Inhalt umgeladen werden
muss. Das hat freilich vielerlei Aufenthalt und Aerger im Gefolge,
war aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen, wo Niemand wissen
konnte ob ein Schlitten oder Wagen am zweckmässigsten sein würde,
jedenfalls das Beste. Um das Gepäck zu erleichtern wurde, wie so
manchmal später, das Entbehrlichscheinende ausgeschieden. Einen
Theil der Schiessvorräthe, der allein über 4000 Patronen und 14000
Pfropfen enthielt, dirigirte ich nach Barnaul voraus, so das wir
wenigstens die Riesenkiste des Berliner Büchsenmachers, welche mir
schon dort im Hinblick auf den Transport Kopfschmerzen gemacht
hatte, los'waren. Von den 25 Pfund Liehig’schen Fleischextract,
welche Dr. Brehm vorsorglich eingekauft hatte, liess ich ebenfalls
17 Pfund zurück und darf gleich hier einfügen, dass wir trotzdem
in keiner Weise zu kurz kamen.
Herr M. Rahm, ein gehorner Schaffhausener, Chef des renomirten
Hauses Rahm & Co., welches ein Lager von landwirthschaftlichen
Maschinen und von allen möglichen Erzeugnissen der Industrie und
Kunst in einer Vollständigkeit und Auswahl besitzt, wie man es
hier nicht erwarten würde, war uns in liebenswürdiger Weise behilflich.
Er hatte uns gleich hei der Ankunft als Delegirter der
Gesellschaft zur Beförderung des Handels und der Industrie zu be-
willkommen die Güte gehabt.
In der Frühe am 27. März verliessen wir die Tatarenstadt, die
letzte Stadt, in welcher wir auf unserer weiteren Reise östlich Strassen-
pflaster und einen deutschen Gesangverein finden sollten. Die freundliche
Einladung in letzteren hatten wir Herrn Pölzam zu verdanken,
dem verdienstvollen Conservator der Universität, deren Sammlungen
er durch seine Reisen nach der Petschora, Persien, dem rothen Meere
etc. wesentlich bereicherte, über die, wie es scheint aber niemals
ausführliche Berichte erschienen sind.
Wir kamen Anfangs mit unseren leichten Schlitten gut durch,
da die Bahn passabel und die tatarischen Jemtschiken sich als ausgezeichnete
Kutscher zeigten. Es war eine Lust mit ihnen zu fahren.
Zuweilen ging ü eine deutsche. Meile weit unausgesetzt im Galopp
und so konnten wir einzelne Stationen von 25 Werst in fast 21/2 Stunden
zurücklegen, was in Anbetracht des Weges Anerkennung verdiente.
Leider dauerte dies nicht lange und wir hatten bald wieder mit
jScbneelosigkeit, und in Folge dessen unergründlichem Schmutz zu
kämpfen. Zudem zerbrach uns einmal der Gepäckschlitten und die
I Flussübergänge, sowie die vielen, vom Irbit-Jahrmarkte kommenden,
Fuhrwerke kosteten ebenfalls Aufenthalt. Schon von Nishnej an
waren wir täglich Irbit-Reisenden begegnet und hatten in den Stationshäusern
manchen Messreisenden kennen gelernt, darunter auchDeutsche
im Dienste Moskauer Häuser. So die Vertreter einer grossen Uhren-
Firma, welchs jährlich an 3000 bis 4000 Taschenuhren in Irbit absetzt,
was als Beispiel der Grossartigkeit dieses Messplatzes, der natürlich
inRohproducten seinen Schwerpunkt hat, dienen mag. -—Die langen Ka-
ravanen(Obosy) einspänniger Schlitten gewähren einen eigenthümlichen
Anblick und namentlich verdienen die Leistungen der mittelgrossen
aber kräftigen Pferde Bewunderung. Sie ziehen aus eigenem Antriebe,
denn die Herren Kutscher, von denen je einer zu 5 — 6 Schlitten
gehört, bekümmern sich wenig um ihre Thiere. Sie gehen plaudernd
abseits der Fahrstrasse oder liegen, was noch häufiger ist, schlafend
auf der Ladung. Da müssen sich die Pferde denn allein fortquälen.
Man sieht sie dann vor einem Hügel oder hohen Brückenköpfe einige
Zeit still stehen, wie im Nachdenken, dann greift das erste Pferd
rüstig aus und die anderen folgen in gleichem Wetteifer, um im
Sturme das Hinderniss zu nehmen. Freilich sind die Pferde an den
vorhergehenden Schlitten befestigt und so müssen sie wol zugleich
anziehen. Stürzt daher eins, so wird es gewöhnlich unbarmherzig
ein Stück mitgeschleift, bis es sich wieder aufgeholfen. Das Ausweichen
dieser Karavanen machte uns viel Kummer;, denn so sehr
sich die armen Frachtpferde auch quälten, so waren sie oft nicht
im Stande den schweren Schlitten aus dem tiefen Geleise herauszubringen.
Nur in Kronsangelegenheiten fahrenden Postfuhrwerken
sind übrigens andere zum Ausweichen verpflichtet, Couriren oder