kundigungen stützen, die meinem Berichte den Stempel des Originalen
bewahren. Derselbe dürfte ganz besonders dadurch erhöht
werden, dass ich mich bemühen werde so streng als möglich objectiv
zu bleiben und unbeirrt um die Urtheile Anderer die Verhältnisse
nur so zu schildern versuche, wie sie sich mir darstellten. Auf
diesem Wege, ohne vorgefasste Meinungen und von allen Specula-
tionen absehend, dürften meine Mittheilungen, trotz ihrer Unvollkommenheit,
vielleicht dasjenige Interesse erlangen, welches sie
werth macht, ihnen ein bleibendes Andenken zu sichern.
Ich beginne meine Betrachtungen mit einer anthropologischen
Scizze und zwar auf Grund der Untersuchungen von Herrn Professor
Virchow, der so gütig war das von mir mitgebrachte Material
(17 Schädel, sämmtlich aus heidnischen Grabstätten) unter Vorbehalt
einer „ausführlichen Beschreibung“ wissenschaftlich zu besprechen.*)
Darnach ergeben die Schädel von der oberen Schtschutschja
„eine mässig grosse, s ta rk brachycephale, mässig hohe,
lep to rrh in e Form“, die von der mittleren Schtschutschja (Tschorne-
jar): „im Mittel eine „ausgezeichnet b rachycephale le p to rrh
in e und schwach p ro g n ath e Rasse“. Die vom unteren Ob
(Chalispagor) scheinen „für die Annahme einer grösseren Vermischung
der Stämme“ zu sprechen, da unter 4 Schädeln „einer
leptorrhin, einer mesorrhin, einer platyrrhin und einer hyperpla-
tyrrhin“ ist.
Diese Annahme der Stämmevermischung erhält im Resume
weitere Belege. Darnach gewährt ein Schädel von der Schtschutschja
(No. 6) „ein gutes Bild des finnischen Typus,“- während ein
*) „Westsibirische Schädel (Samojeden, Ostiaken)“ in: „Berliner Gesellschaft
für Anthropol., Ethnol. und Urgeschichte“ (Sitzung vom 21. Juli 1877 p. 56-G7;
Messungen p. 71 und 72). Wie aus den hier von mir gemachten Mittheilungen
über die Bestattungsweise (p. 57) hervorgeht, lässt dieselbe bezüglich des Geschlechtes
des Todten niemals den geringsten Zweifel. Wenn daher Herr Prof.
Virchow, meinen Angaben entgegen, einen weiblichen Schädel (No. V) als männlich,
einen männlichen (No. IV) umgekehrt als weiblich bezeichnet u. s. w., weil
seine craniologischen Untersuchungen diese Aenderung als richtiger erscheinen
Hessen, so müssen, nach meiner Ansicht, die letzteren den Thatsachen unbedingt
weichen. In dem Grabe der Krau (No. V) fand ich, wie immer, nur Frauen-
geräth und bewahre u. A. noch eine Glasperle, die sich in der Augenhöhle fand,
die allein genüget haben würde, meine Geschlechtsangabe als unzweifelhaft zu
beglaubigen.
anderer (No. 3) von derselben Localität mit 2 anderen (A u. B),
letztere fast zweifellos Ostiaken angehörend, „ungleich positivere
Anhaltspunkte zu Vergleichung mit o stsib irisch en Völkern,
namentlich mit Golde vom unteren Amur, als mit irgend welchen
westlichen Schädeln“ geben. „An ihnen treten schon in der Bildung
der Schädelkapsel, jedoch viel stärker in der Bildung des Gesichts
und namentlich der Nase auffällige Merkmale mongolischer Rasse
hervor. Es sind dies die ersten Schädel finnischen oder ugrischen
Ursprunges, an welchen ich dies bemerkte, und wenn es sich hier
nicht um besondere Mischungsverhältnisse handeln sollte, so würden
wir in den Ostiaken ein wirkliches Uebergangsglied zu den
centralasiatisch en Mongolen erkennen müssen. Während
diese Merkmale an den Schädeln vom Ob selbst in stärkerem Maase
hervortreten, zeigen die Schädel von der Schtschutschja vielfach Annäherungen
an die westfinnischen, namentlich lappischen
Formen.“ „
Bezüglich der Schädel selbst muss ich nun bemerken, dass es
nicht möglich war mit positiver Sicherheit anzugeben, welche Ostiaken
oder Samojeden angehörten, da beide Völker in den genannten Loca-
litäten Vorkommen und ihre Bestattungsweise durchaus übereip-
stimmt. Wenn es auch immerhin wahrscheinlicher ist, dass sämmt-
liche Schädel ostiakische sind, so schliesst diese Annahme samo-
jedische keineswegs aus, und man wäre berechtigt diejenigen welche
mongolischen Typus verrathen als solche anzuspreehen. Dazu
würden also z. B. die Schädel A. u. B.*) von Chalispagor gehören,
allein ich habe allen Grund anzunehmen, dass gerade diese
echte Ostiaken waren, wie umgekehrt Schädel von finnischem Gepräge
(z. B. No. 6) aller Wahrscheinlichkeit samojedischen Ursprunges
sein dürften.
Wie dem auch sein mag, jedenfalls stellt diese craniologische Untersuchung
Virchow’s die schon von v. Middendorff vor mehr als 30 Jahren
*) Dass die blosse Untersuchung von Schädeln nicht immer mit Sicherheit
auf die Basse schliessen lässt, davon geben 2 Schädel aus alten Gräbern bei
Tjumen Zeugniss, welche Graf Waldburg hier von Herrn Lehrer Kanonikoff erhielt.
Herr Professor Virchow würde nach der blossen craniologischen Untersuchung
nicht auf den Gedanken gekommen sein, sie für finnische zn halten, hätte
ihn die Vergleichung mit der Abbüdung eines Wogulenschädels nicht dazu veranlasst.
Vergl. auch Dr. Europaens: „Schädeltypus der Ostiaken und Wognlen“
in: Zeitschr. für Ethnolog. 1876.