Nachrichten und erfuhren z. B. dass die Taïga noch Bären, Luchse,
Wölfe, Füchse, Vielfrasse, Dachse, Fischottern, Marder, Wiesel, Eichhörnchen
etc. beherbergt, dass dagegen der Zobel und das Elen
ganz, Maralhirsch, Reh und wildes Ren fast ganz ausgerottet sind.
Doch erhielt Dr. Brehm ein Geweih des Letzteren geschenkt und
die des Hirsches und Rehs, welche uns in Barnaul verehrt wurden,
sollen ebenfalls aus hiesiger Gegend stammen. Das Elen findet sich
übrigens noch auf den Plateaux der Gebirge, z. B. am Teletz-
kischen See.
Salaïr ist ein freundlich gelegener Bergflecken (unter 54. 15. 5.
n. Br. und 85. 46. 6. östl. L. 147 Meter hoch: Fritsche) aus hübschen
Holzhäusern bestehend mit etwa 3000 Einwohnern, die sich alle vom
Bergbau nähren. Letzterer ist verhältnissmässig sehr jungen Datums*)
und wurde, eine Entdeckung von Mevius, erst 1830 eröffnet. Man
wusch damals Gold (innerhalb 4 Jahren 18 Pud), scheint dieses
Edelmetall aber bald aufgegeben zu haben und fördert jetzt Schwer-
spath, der z. Th. als Zuschlag nach Barnaul geht, sowie Blei und
Eisen. Die z. Th. ausserordentlich mächtigen Schwerspathlager
enthalten zugleich Silber, aber in so geringer Quantität, (3/4 Loth
im Centner, Helmersen) dass dieselbe fast zu gering für selbstständige
Verwaltung wird. Ungemein wichtig sind dagegen die in der Umgegend
erschlossenen Steinkohlenflötze,**) die sich südöstlich bis in
das Ala-Tau-Gebirge bei Kusnetzk zu erstrecken scheinen und denen
vermuthlich auch die bei Tomsk zu Tage tretenden angehören.
Diese Steinkohlenlager, welche schon jetzt im Reviere von Batschat
und Malwbensk abgebaut werden, versprechen für den ganzen Bergbau
des Altai, sowie die Dampfschiffahrt und Sibirien überhaupt, die
grösste Bedeutung. Schon jetzt werden diese Kohlen vercoakst
(77 Procent Coaks durchschnittlich liefernd) und in der Silberhütte
Gawrilowsk und der Eisenhütte Guriéwsk zum Schmelzen verwendet.
Die Nachricht, dass am 2. Juli früh 3 Uhr ein Dampfer von
Tomsk abgehen werde und zwar mit der auf den Ignatoffschen
*) Vergl.: Helmersen (p. 20—35), Cotta (p. 24. 181-192. 324, Taf. VHI.
„Erzgebiet von Salaïr“).
**) Vergl.: Helmersen (p. 36—39). — Cotta (p. 97—104. 108. 317, Taf. VI,
„Steinkohlengebiet von Batschat“). — M: Nesterowsky : „Description géologique
de la partie Nord-Est de la Chaîne de Salaïr en Altai“ (Liège 1875. Mit geologischer
Karte).
Schiffen eingeführten Pünktlichkeit, nöthigte mich leider aus dem
belebten Kreise eher zu scheiden, denn mir blieben nur wenige
Stunden der Ruhe. Schon um 3 Uhr (30. Juni) weckte ich die
Leute, denn ’ich wusste aus Erfahrung, dass, trotz aller Versicherungen,
immer eine geraume Zeit vergeht ehe wirklich abgefahren
werden kann. So wurde es auch jetzt 41/2 Uhr als ich mit Martin
Dserwit, und 2 Gepäckwagen das freundliche Städtchen verliess,
von dem nur der Kirchthurm und die höchsten Dachfirsten aus
dem Morgennebel hervortauchten. Meine Herren Gefährten blieben
noch zurück um die Bergwerke zu besehen und Graf Waldburg
nutzte die wenigen Stunden trefflich aus, indem er noch in aller
Eile eine Sammlung von Gesteinen und Erzen zusammenraffte. Dr.
Brehm war so glücklich den (p. 285) erwähnten seltenen Segler zu
schiessen. Die Strasse führt nicht weit hinter Salair über einen
kleinen reissenden, trefflich überbrückten Fluss, die Tolmowaya
oder einen Nebenfluss derselben, und hart an dem Hüttenwerke
Gawrilowsk vorbei, dann bergab durch einen ausgedehnten Kiefer-
wald, der hie und da Durchblicke auf die mit Hügeln und Laubgehölzen
durchzogene Ebene gestattet. Nach den Tags vorher
genossenen reizenden Landschaftsbildern konnte sich das Auge nicht
erlaben, obwol auch die Gegend bis Tomsk nicht alles Reizes baar
ist, sondern mitunter ganz hübsche Blicke bietet. Sie besteht
zumeist aus Grassteppe, die mit Höhenzügen durchsetzt ist, welche bei
Salair dunklen Nadelwald tragen, weiterhin mehr oder minder ausgedehnten
Gehölzen von Birken und anderen Laubhölzern Platz
machen. Aber die üppige Taiga ist verschwunden. Statt derselben
erfreuen ausgedehnte, blumenreiche Wiesengründe, namentlich in
den. Flussniederungen der Jnja (dem Klange nach wie Gincha), welche
dem Ob zufliesst, und ihres Nebenflusses der Tarisma (oder Tarjema).
Dabei ist das Land, fruchtbare Schwarzerde, stellenweis weit angebaut
und die Dörfer verrathen Wohlhabenheit und Ueberfluss an
Vieh, namentlich an Pferden. Grosse Tabune (Heerden) beleben den
weiten Anger, der meist eingefenzt ist wie die Dörfer selbst, deren
man bis Tomsk an 14—16 passirt. So besitzt das grosse Kirchdorf
Pjanowa (Bojanowa), wo ich während eines Imbisses den Starschina
(Dorfältesten) ausfragte, bei nur 500 Einwohnern 1500 Pferde.
Diese Pferde der Altairasse sind grosse, kräftige, sehr stattlich aussehende
Thiere, welche sich trefflich zu guten Kutschpferden eignen.
Sie kosten 30—40 Rubel das Stück und würden bei uns mindestens