L a y a rd erfahren wir, dass der Strauss auf den Roben der Figuren in dem
ältesten Gebäude zu Nimrud als Ornament vorkommt (Niniv., deutsche Uebers,
p. -109). „Da er von der emblematisehen Blume begleitet ist und häufig auf den
babylonischen und assyrischen Cylindern figurirt, so können wir daraus schliessen,
dass er ein heiliger Vogel war“ *).
Dass er den Juden ein bekanntes Thier war, beweist seine häufige Erwähnung
im alten Testamente. Er galt denselben als unrein: Levit. XI. 16, D eu te r. XIV. 16.
Andere Stellen haben Bezug auf gewisse Eigenthtimlichkeiten in der Lebensweise
des Strausses: Hiob XXX. 28. 29. XXXIV. 13 — 18. M ich a I. 8. Und noch
andere auf seine Vorliebe für die einsamsten wüstesten Wohngebiete: J e s. XIII. 21.
XXXXIII. 19. 20. XXXIV. 12. Je r. I. 39.
Xenophon beobachtete den Strauss in den mit Artemisia bestandenen Ebenen
am linken Ufer des Euphrat in der Nähe von Thapsakus (Anab. I. 5. 2).
Was die von englischen Autoren und unter diesen namentlich von T ris tram
so nachdrücklich betonte, an sich nicht gerade unwahrscheinliche Annahme betrifft
es habe sich die Verbreitung des Strausses früher bis zu den Sandebenen Sindes
hinerstreckt, so entbehrt dieselbe leider jeder sicheren Begründung und scheint
vielmehr lediglich traditionellen Ursprungs zu sein. T ris tram schreibt uns, ein
Freund von ihm, Mr. S u rte e s , der lange in Sinde lebte, habe dort von alten
Strausssagen gehört. Aber bedeutungsvoll, wenn auch nur negativ beweisend,
bleibt der Umstand, dass der Alexanderzug keine Kunde vom Strauss in Indien
Uberbrachte. Die Vermuthung, dass die Sanskritliteratur darauf Bezügliches bergen
werde, scheint grundlos, denn bei L a s s e n (Indisch. Alterth.) wird der Strauss
gar nicht genannt. Unerwähnt bleibt er bei Kosmas und, einer gütigen brieflichen
Auskunft 0. l ’e s e h e l’s zufolge, bei dem chinesischen Buddhisten-Pilger
Ilio n e n -th s a n g . B iru n i, der selbst in Sinde war, gedenkt, soweit dies aus den
von R e in a u d mitgetheilten Bruchstücken erhellt, des Strausses nicht. Auch in
F o r b ig e r ’s Handbuch für alte Geographie wird er nicht aufgezählt. Wenn Hermann
v. S c h la g in tw c it, an dessen Kompetenz wir uns zu wenden nicht unterlassen
konnten, meint, es sei ihm zwar auf seinen Reisen in Indien nichts auf-
gestossen, was dem früheren oder gegenwärtigen Vorkommen des Strausses daselbst
zur Bestätigung dienen könne; aber, was ihm die Frage in etwas zu kompliciren
scheine, sei der Umstand, dass in Indien, selbst im Gangesthale, als Handelsgegenstände
auf Pilgerfahrten nach Mekka gekauft, Strausseneier nicht gerade
selten und ihm des öfteren als „Erinnerung an die Pilgerfahrt“ vorgekomnlen
seien, so kann es doch kaum einem Zweifel unterliegen, dass diese Eier arabischen
und nicht indischen Ursprungs waren. E. B ly th , dem während langjährigen
Aufenthalts in Indien n ie Traditionelles über ein früheres Vorkommen des Strausses
in Sinde oder Beludschistan zu Ohren kam, bestätigt, dass man von Afrika oder
Arabien importirten Eiern desselben in Indien häufig begegne, sowie, dass man
diese daselbst in den Moscheen aufgehängt finde. Die Strausseneier, die man in
allen türkischen Moscheen vom Gewölbe herabhängen sieht, sind ohne Ausnahme
Geschenke von Mckkafahrern. In der grossen Moschee zu Orfa im mittleren Mesopotamien
konnte B u c k in g h am (Trav. in Mesop. Lond. 1827. p. 132) denselben
Gebrauch konstatiren. Marco P o lo gedenkt des Strausses nur für seine „Indo
*) I la r tm a u n sali den Strauss in einer Procession tributbringender Senahrleute zu BGt-ol-
Wiili in Nubien aus der Zeit H h am s e s II. als Tributgegenstand sehr deutlich abgebildet.
moyenne“, womit aber bekanntlich Abyssinien gemeint ist (Ed. P a u th ie r. p. 693).
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass es bei A e lian (XIV. 13) heisst, dei König
von Indien verspeise zum Nachtische die Eier von Straussen, Schwänen und
Gänsen; eine vage Notiz, die aber als die einzige, die thatsächlich vom Strausse
in Indien spricht, nicht ganz unwichtig erscheint. Wenn aber im Dictionnaire des
Sc. natur. von 1820 von Ch. Dumont gesagt wird: „l’Autruche est moins commune
aux envirous de Goa, qu’en Arabie et il n’existe plus au delà du Gange“,
so findet diese sinnlose Angabe ihr ebenso sinnloses Echo im Dict. univ. d Hist,
natur. von 1845, wo L a f r e n a y e schreibt (vol. II. p. 367), die asiatische Vei-
breitung des Strausses erstrecke sich „jusque dans la partie de l’Inde au deçà du
Gange, où elle est devenue rare“.
Dagegen finden sich bei R it te r (Asien. VII. 636. 668) einige sehr merkwürdige
Notizen, die die Wahrscheinlichkeit, um nicht zu sagen die Thatsache, dass der
Strauss früher in Centralasien gelebt, ausser Zweifel stellen. In dem von B ro s s e t
edirten chinesischen Werke Sse ma Tsien heisst es vol. II. p. 433, im Jahre 107
vor Christi Geburt hätten die Chinesen eine Gesandtschaft nach Ansi (Bokhara)
geschickt, welcher sich bei der Rückkehr nach China einige Ansileute angeschlossen
und Eier von ih r e n g ro s s e n Vögeln (Straussen) als Geschenk mitgenommen
hätten, die von den Chinesen sehr bewundert und mit Vasen verglichen seien.
Viel später, nämlich um das Jahr 650 nach Christi Geburt, wurde sogar, wie es
in dem von R em u sa t edirten chinesischen Schrifsteller M a tu a n lin heisst, von
dem Könige von Samarkand (Kkangkin) Tribut an China in Strausseneiern gezahlt.
Und um dieselbe Zeit, erfahren wir ebenfalls bei R em u sa t (Remarq. sur l’extens.
de l’emp. Chin. ete. Paris. 1825), brachten die Gesandten von Youeclii (Yueti), dem
heutigen Thokharistan oder Turkistan, einen lebenden „Kameelvogel“ als Gabe
nach China (R itte r , As. VII. p. 571). Hinsichtlich des iranischen Plateaus verdient
die bei R itte r mitgetheilte Notiz Beachtung, dass man nach C ed re n u s um
das Jahr 627 nach Christi Geburt in einem der Höfe des Sassaniden-Fallastes
Beklal zwischen dem Flusse Digahlah und dem kleinen Zab (Dastagerd - Ruinen)
Strausse sah, die dort in der Gefangenschaft gehalten wurden (Histor. compend.
ed. Im. B e k k e r. Bonn. 1838. I. p. 7 3 1 -3 4 . R itt., As. IX. 504). Professor
Hermann V àm b é ry hatte die Güte unsere Bitte um Auskunft dahin zu beantworten,
dass er zwar auf seinen Reisen in Asien den Strauss nicht selbst gesehen,
dass derselbe aber im südlichen Persien um Kerman herum auch heutzutage nicht
unbekannt sei. In Centralasien habe er vom Strausse nur am unteren Laufe des
Oxus, namentlich in der Gegend von Kungrat, gehört, wohin er als nomadisirender
Wandervogel wahrscheinlich von der südlichen Steppe aus sieh häufig verirre.
Turkomanische Jäger erwähnten seiner unter dem Namen töje kusliu (Kamelvogel
= dewe-kusch: türkisch). Auch pflege man ihn in Mittelasien bisweilen sanduk
kushu (Koffervogel) zu nennen, wol von der Form seines aut hohem Fussgestell
ruhenden Körpers. Ein dortiges Mährohen lässt seine Kielfedern mit Eiscnspitzeu
versehen als Pfeile benutzt, ihn selbst aber von jugendlichen Helden im Gefolge
Schah S a n em ’s, einer ritterlichen Gestalt der Wüstenromantik, geritten werden.
Vergleichen wir spätere Nachrichten. Colonel C a p p e r (Observ. Pass. Ind.
Lond. 1784. p. 88) sah auf dem Wege von Aleppo nach Bassora „Antelopes and
Östliches, but in great distance“. O liv ie r (Voy. l’Emp. Ottom. 1790) schreibt
gclogentlicli seiner Tour durch die arabisch - eupliratensische Wüste bis Taigibeh,
Strausse hätten sieh in grösserer Menge als bisher aber nur in grösser Entfernung