
geradezu kalt sein. Nirgends findet man eigentliches Wüstenland, obwohl in den
trocknen Monaten die Bäume entlaubt sind und das Savannengras verdorrt zu
Boden liegt. Aber nach der Regenzeit, die bald nach Beginn des N. 0. Monsun,
also im Oktober ihren Anfang nimmt und bis Ende Februar währt, entwickelt sich _
überall die brillanteste Tropenvegetation, wenn auch im Ganzen die riesigen Pflanzenformen
der afrikanischen heissen Zone fehlen.
Die dem Kap Guardafui unfern gelegene und zoologisch so wenig bekannte
Insel S o k o tr a hat H e u g lin zufolge zwei vollkommene Regenzeiten, eine im Sommer
und eine im Winter, und so eigentlich ewigen Frühling. Auf den von wilden
Hirten bewohnten hohen und sehr steilen Gebirge des Inneren, wo Aloe socotrina
und Dracaena wächst, darf eine eigenthümliche Thierwelt vermuthet werden. Viele
der tiefen Thäler der Nordseite enthalten fliessendes Wasser mit dichtem Tamariskengebüsch,
in dem schöne blaue Vögel leben sollen. G o u ld ’s Originalexemplar
von Cosmetomis vexillarius s o ll von Sokotra stammen, die einzige Art in der Reihe-
der Vögel, für welche diese Insel als Fundort angegeben wird.
So weit H e u g lin . Die englischen Reisenden S p e k e und C ru tte n d e n , die
nach Ueberschreitung des Singeligebirges die Hochebene des Inneren erreichten,
schildern diese letztere ziemlich übereinstimmend als spärlich mit verkrüppelten
Akazien bedeckt oder auch namentlich nach Süden zu als streckenweise ganz kahl
und steril. Nur an den Wasserläufen und an schützenden Abhängen scheint die
Vegetation hie und da eine tropisch üppige zn sein. C ru tte n d e n nennt Feigen,
Drachenblut, Ebenholz, Aloe u. s. w. Auf dem Yafirpasse, in der Höhe von
6700 Fuss, wuchs die Somalitanne. Der südliche Theil des Somalilandes ist völlig
unbekannt.
.Hinsichtlich des landschaftlichen Charakters der Insel Sansibar und der Suaheliküste
darf einfach auf den descriptiven Theil dieses Werkes hingewiesen werden.
K r a p f bezeichnet die Insel Mombas als nicht sehr angebaut und vielmehr der
Ueberwucherung von Gebüsch und undurchdringlichen Wäldern überlassen. Mango
und Kokosbäume, Orangen und Limonen seien nebst noch ändern essbaren Gewächsen
in Fülle vorhanden. Für die inneren Hochgebiete der Suahelilande, die
uns leider ornithologisch noch sehr wenig berühren, sind die warmen lebensvollen
Schilderungen R e bm a n n s von besonderem Interesse.
Die weit voneinander entfernten Hauptstationen der grossen innerafrikanischen
Entdeckungsreisen B u r to n ’s und S p e k e ’s, S p e k e ’s und G r a n t’s hier landschaftlich
schildern zu wollen, müssen wir uns versagen. Nur der unschönen
Umgegend von K a s e h in Unyanyembe, wo S p e k e erfolgreich sammelte, sei kurz
gedacht. Ein weites, an 4000 Fuss hoch gelegenes Thal zeigt ringsum kahle
niedere Hügel mit isolirten Granitblöcken, die zum Theil auch nackt, zum Theil
mit zwerghaften Bäumen mit Schirmkronen oder mit riesigen Cactaceen besetzt sind.
Die grüne Thalsole durchrieselt ein klarer Bach und befruchten zahlreiche Süsswasserquellen.
S p e k e wurde lebhaft an die Krim erinnert. Wunderbar contra-
stirend mit diesem Bilde erscheinen dann andere der durchforschten Gebiete,
z. B. Usaramo, wo die reichste Fruchtbarkeit der kultivirten Distrikte die Reisenden
nicht weniger in Erstaunen versetzte, als die riesenhafte Waldespracht der
unangebauten.
Folgen wir jetzt Dr. K irk an den Sambesi. Von der See aus betrachtet
erscheint die Sambesiküste als ein langer dunkler Saum von Mangroven, hie und
da unterbrochen durch niedere Sanddünen, aber ohne irgend welche Bodenerhebung
in der Feme. Der Fluss debouchirt in vier Mündungen, die nur theilweise bekannt
sind. Eine alluviale Ebene, durchströmt vom Sambesi, erstreckt sich 60 englische
Meilen landeinwärts. Dieses weite Delta bekleiden Gräser von riesiger Grösse,
hie und da auch einige Bäume. Die höchsten Erhebungen sind die allerdings bisweilen
an 20 Fuss hohen Ameisenhügel. Trappen, Francoliney Lerchen! Höher
hinauf erweitert sich das Delta zu einem Thale, dessen beiderseitige Wandungen
Urwaldung bedeckt. Hier gigantische Baumformen mit Schlingpflanzen überwuchert.
Nrnnida, Tchitrea, -Buceros, Treron, Nectarinia! Der Fluss ist hier eine
bis zwei Meilen breit und wird durch Inseln mit Schilf und Binsen in seiner
Schiffbarkeit beeinträchtigt.
Etwa 100 englische Meilen von der Küste erreicht den Sambesi der Shiré,
und zwar nahe dem isolirten Hügel Moramballa, der 4000 Fuss hoch autsteigt und
und überhaupt die erste wirkliche Bodenerhebung ist, der man hier begegnet. Der
Shiré fliehst aus seinem Quellsee, dem Niassa, in gerader Richtung südlich, so
ziemlich mit dem 35. Grade Q. L. Der Niassa, über 200 Meilen lang und abwechselnd
20 bis 60 Meilen breit, zeigt längs seiner Ufer in buntem Wechsel
sandige Buchten, schilfige Sümpfe, versteckte Schluchten, oder auch kühne felsige
Vorgebirge und steilabschüssige Bergwände. Während der Regenzeit steigt der
Spiegel dieses Sees um drei Fuss und speist den Shiré, der anfänglich auf eine
Strecke von 60 Meilen in der reichsten Landschaft sanft und schleichend dahin-
fliesst.' Vor Erreichung der Meeresfläche hat der Shiré ein Gefälle von 1500 Fuss
und zwar in Gestalt einer 50 Meilen langen Reihe von Stromschnellen, oberhalb
und unterhalb welcher der ■ Fluss frei von Felsen ist. .Zwischen den einzelnen
■ Katarakten sind öfters ruhige Strecken und die Scenerie ist hier eine wunderbar
schöne. Auf der Ostseite gestatten Ausläufer der benachbarten Berge nur Fuss-
pfade; die westliche ist mehr eben und bedeckt mit offener Waldung, in welcher
jedoch hohe Bäume fehlen, mit der einzigen Ausnahme des Baobab, ohne dessen
zwiebelartig geschwellten Stamm eine afrikanische Landschaft unvollständig wäre.
Wo die Stromschnellen enden, wird das Thal wieder weit und die Berge
treten zurück. Von hier bis zur Konfluenz des Shiré mit dem Sambesi ist eine Entfernung
von etwa 100 Meilen. Die mittlere Distanz der gegenüberliegenden Berghänge
' beträgt etwa zwanzig Meilen. Dies ist eins der ergiebigsten ornithologischen Gebiete.
Die Grasflächen wimmeln von Viduen und Ploceinen, die sumpfigen Niederungen
von Grallatoren und Schwimmvögeln. Aber am reichsten belebt erscheinen der
offene Wald und die Gebüsche, wo Insekten und vegetabilische Nahrung in grösster
Mannigfaltigkeit und Fülle vorhanden. Hier auch Raubvögel in Menge : Scotopelia
Peli, Bubo lacteus, Athene mpensis, Falco Dichmsonii! Hier graue und purpur-
gehäubte Tourakos, Colius, Coracias, Psittacus! und die Uferwände durchlöchert
von Uferschwalben und Meropiden!
Die Gegend oberhalb der Konfluenz ist ornithologisch noch wenig bekannt.
Die Umgebung der portugiesischen Stadt Teté ist ein reiches Feld für den Ornithologen.
Der Mannigfaltigkeit der landschaftlichen Ausstattung entspricht die
thierischen und pflanzlichen Lebens. Zwischen den Bergen, die 30 Meilen oberhalb
Teté’s die Grenze der Schiffbarkeit des Sambesi bilden, wurde Cosmetomis
zuerst angetroffen. Die Scenerie dieser Stromschnellen ist stellenweise eine so grossartige,
dass sie nur etwa den kühnen Vorgebirgen des Niassa und den grossen Victoria-
lällen des Sambesi nachsteht, wo der Fluss, eine Meile breit, 350 Fuss perpendikulär
hinabstürzt in eine Spalte, und zwar dergestalt, dass die Oberfläche der stürzenden