Wassermasse nur 80 Ellen entfernt ist von der entgegengesetzten ebenfalls vertikalen
Felswand. Sammeln wird an einer solchen Lokalität schwer. Das Wenige,
was K irk hier zu erlangen vermochte, ging nachträglich verloren. Aber Chap-
man war in etwas glücklicher.
Im tropischen Ostafrika lassen sich deutlich drei Witterungsperioden im Jahre
unterscheiden, die der Regen von November bis April, die kühlen Monate Mai,
Juni und Juli und die heisse trockene Zeit im September und Oktober. Die ersten
leichteren Schauer fallen schon im Oktober, und sofort regt sich die Vegetation und
einzelne Bäume beginnen zu blühen. Es fängt die Paarungszeit der Vögel an, die
im schönsten Gefieder prunken. Mit den ersten starken Regengüssen erseheinen,
um hier zu brüten, ungeheure Flüge wilder Wasservögel aus dem Norden, wohin
sich die grosse Masse derselben während der heissen Monate geflüchtet hatte. Viele
Vögel, die wie Nurnida und Buceros während der Trockenheit und Dürre die Nähe des
Wassers gesucht hatten, eilen mit dem Anfänge der Regen der Tiefe des’ Waldes zu.
Im August, September und Oktober wird die Hitze gewaltig. Die Luft ist ausserordentlich
trocken, die Waldung laublos, Nahrung und Wasser werden spärlich.
Alles Erscheinungen, die den wesentlichsten Einfluss ausüben müssen auf organisches
Leben, und gegenüber welchen die Zahl der so heterogenen klimatischen
Bedingungen gewachsenen Arten eine beschränktere wird.
Noch ein Wort über ein Paar uns ornithologisch etwas näher interessirende
Lokalitäten der Mosambikküste. In h am b a n e (23° 5 1 'südlicher Breite), ein freundlicher
Ort, durch zahlreiche schöne Palmenpflanzungen versteckt, ist uns wichtig,
weil P e te r s und F o rn a s in i hier sammelten. An die Waldungen der Umgebung
schliessen sich sorgfältig kultivirte Distrikte, namentlich Reisfelder, und ausgedehnte
Prairien mit gedeihlicher Viehzucht. Lourenzo-Marques (Delagoa-Bai) in 25° 58'
südlicher Breite, auch eine Station von P e te r s und zugleich der südlichste Punkt
unseres Ostafrika, ist ein ödes, sandiges, hügliges Terrain. Drei Flüsse münden
hier in die Bai aus und die Waldungen sind überall an der Küste nur wenig ausgedehnt.
Sofala ist ebenfalls sehr sandig (Mesembryanthemum) und hüglig. In
der Bucht finden sieh Lokalitäten mit Zwergpalmen und Manglegebüsch und mehr
im Inneren schliessen sich Gebüsche von Akazien und einzelnen grösseren Bäumen an.
Betrachten wir jetzt die Vögel Ostafrikas in der hier angenommenen Umgrenzung,
so muss uns zunächst die Zahl der bekannten Arten, also 435, als eine
gegenüber der gewaltigen Ausdehnung, der mannigfaltigen physischen Ausstattung
und dem natürlichen Reichthum unseres Gebietes äusserst niedrige erscheinen.
Kennen wir doch von Westafrika in entsprechendem Breitenumfänge mehr als die
doppelte Anzahl. Weniger auffallend wird dieses Verhältniss, wenn man berücksichtigt,
dass die Küstenausdehnung Westafrikas vom Senegal bis zum Damara-
lande sich verhält zu der Ostafrikas vom Kap Guardafui bis Sofala wie 8 zu 5 ‘/ i ;
dass ferner unsere Bekanntschaft mit den Vögeln Ostafrikas eine weit jüngere und
darum auch unvollständigere und lückenhaftere ist als bei Westafrika, dass uns
z. B. das Küstengebiet von Adjan und Mukdischa, also die Strecke vom zehnten
Grade nördlicher Breite bis zum Aequator ornithologisch völlig unbekannt ist, dass
endlich manche Gegenden, wie z. B. die inneren Sambesidistrikte, ebenso die
Gebiete der Schneeberge und der Seen noch mit Recht zahlreiche neue Entdeckungen
auch in unserer Richtung erwarten lassen. Trotz alledem sind wir fest
überzeugt, dass Ostafrika jederzeit hinsichtlich des Reichthums seiner thierischen
Bevölkerung weit Zurückbleiben wird hinter dem Westen des Welttheils. Es lässt
sich dies aus dem bisjetzt bekannten beiderseitigen Material wenigstens für die
Ornithologie mit voller Sicherheit schliessen. Während Westafrika über 400 ihm exclusiv
angebörende Arten zählt, kennen wir deren auf derOstseite bisjetzt höchstens 60.
Noch weit auffälliger erscheint der Abstand hinsichtlich der generischen Formen.
Wir haben deren für Westafrika, wenn auch entschieden einer weiteren Fassung
des Gattungsbegriffs zugeneigt, doch wenigstens 25 bis 30 anzunehmen; Ostairika
kennt dagegen auch nicht einen Vogel, der zu generischer Isolirung berechtigen
könnte. Mehr oder weniger schwach vertreten sehen wir endlich in Ostafrika
gewisse Familien und Gattungen, die, charakteristisch und zum Theil specifisch
afrikanisch, auf den westlichen Gebieten reich an Arten und an vielgestaltiger
Differenzirung des Typus auftreten, so die Glanzstaare und die Musophagiden, die
Capitoniden und Alcediniden, die Gattungen Laniarius, Drymoeca, l'cliitrea, Platy-
stira, Nectarinia, Merops, Trichophorus u. s. w. Eine Erscheinung, die sich wohl
nur mit der schon hervorgehobenen weit reicheren Entwickelung der westlichen
Küstenlinie sowie mit der ungleich grösseren Anzahl von Flüssen, die, die Entfaltung
thierischen und vegetabilischen Lebens längs ihrer Ufer begünstigend, dem
atlantischen Ocean ihre Gewässer zuführen, in ursächlichen Zusammenhang bringen
lässt.
Bei der bedeutenden Längenausdehnung unseres Gebietes erscheint es natürlich,
dass die Avifauna des nördlichen Theiles desselben, also des Somalilandes,
vorwaltende Verwandtschaft zeigt mit der Nordostafrikas, dass dagegen die Vögel
der südlichen Distrikte Mosambik’s das unverkennbarste südafrikanische, um nicht
zu sagen kapische Gepräge verrathen. Mit Nordostafrika hat unser östliches Gebiet
68 Arten gemeinschaftlich, mit Südafrika 58. Und wie man einerseits das Somaliland
hinsichtlich seines ornithologischen Charakters als neutrales Gebiet bezeichnen kann,
so wird sich dasselbe transitorische Verhältniss früher oder später für die noch
wenig bekannte Delagoa-Bai des Südens herausstellen. Wenn dagegen K irk
behauptet, die Mehrzahl der Arten des tropischen Afrika wiederhole sich auf beiden
Seiten des Kontinents, so sind es doch nur 15 Arten, die unser östliches Gebiet
mit Westafrika ausschliesslich gemeinsam besitzt. Aber nahezu 150 Arten sind
fast über den ganzen Welttheil verbreitet und lassen ein Gesetz erkennen, das in
der homogenen Entstehung Afrikas, in der plumpen ungegliederten Gestaltung dieses
Welttheils, in der Einförmigkeit seiner Bodenbildung, wie in der gleichmässigen
Vertheilung seiner Ländermassen zu beiden Seiten des Aequators seine Begründung
findet. Die bekannte Thatsache, dass die Avifauna Westafrikas entschieden mehr
nordöstliche als südliche Verbreitungstendenz zeigt, mag es erklären, dass unser
Ostafrika mehr Vögel mit Nordost- und Westafrika gemeinsam besitzt, als mit Süd-
und Westafrika. Halten wir fest, dass zwar der grossen Mehrzahl afrikanischer
Vögel die ausgedehnteste geographische Verbreitung eigen, dass aber auch zahlreiche
Beispiele vom Gegentheil, Ausnahmen von der allgemeinen Regel, unsere
Beachtung verdienen.
Von e u ro p ä is c h e n Vögeln sind bisjetzt 60 in Ostafrika angetroffen worden,
während deren über 80 auf der Westseite des Kontinents vorzukommen scheinen.
Abgesehen von den Klassen der mehr oder weniger kosmopolitisch verbreiteten
Grallatoren und Schwimmvögel sind die hier namhaft zu machenden Arten nur
zum Theil für beide Faunen dieselben, wie Alauda cristata, Aquila pennata, Hirundo
rustica, Coracias garrula, Oxyloplius glandarius. Andere, wie Cotyle riparia, Capri-
mulgus europaeus, Upupa epops, Cisticola schoenicola, Motacilla alba, Muscicapa gri