
Beschreibung und Messung nach dem grossen männlichen Exemplare der
Sammlung von Major K ir c h h o f f auf Schäferhof bei Nienburg.
Was die nunmehr folgenden Bemerkungen über geographische Verbreitung,
Lebensweise u. s. w. anbetrifft, so konnte es selbstverständlich nicht in unserer
Absicht liegen, Bekanntes und oft Wiederholtes noch einmal aufzutischen. Wenn
aber neben weniger Bekanntem einiges wirklich Neue Uber den Strauss den Werth
dieser Arbeit steigern, ihr erhöhten Reiz verleihen sollte, so fühlen wir uns zumeist
den Freunden v. H e u g lin , H a rtm a n n und B a s tia n zum.wärmsten Dank verpflichtet
für eine nicht geringe Anzahl werthvoller handschriftlicher Mittheilungen
und Beiträge, die uns über gewisse dunklere Punkte in der Naturgeschichte des
merkwürdigsten der Vögel aufklären werden. , 5
Vom Süden Algeriens an bis tief in die Kapkolonie*) hinein lebt der Strauss
in Afrika noch überall, wo mehr offenes Terrain mit steppen- oder wüstenartigem
Charakter seinem Naturell zusagt, und wo gesteigerter Verkehr, zunehmende Kultur
und schonungslose Verfolgung ihn nicht schon verscheucht haben. Dass dies mancher
Orten der Fall, unterliegt keinem Zweifel. H a rtm a n n schreibt, wo 1823 H em p rich
und E h r e n b e rg noch Strausse jagten, an der mittleren Bahiudastrasse, seien
solche jetzt kaum noch anzutreffen; und an den durch die Bahiudasteppe von Alt-
Dongolah, Buri, Dubbeh und Ambukol nach Khifrtum führenden Routen sähe
man sie jetzt schwerlich nördlich vom 170 nördl. Br., und auch da wol nur selten.
Dasselbe möchte gelten von der Ebene El Mograh zwischen Kairo und Sues, wo
J. L. B u r e k h a rd t 1816 noch wilde Strausse antraf. v. H e u g lin spähte in der
libyschen Wüste wie in Mittelegypten vergebens nach Straussen aus. Doch versicherte
ihn ein sehr zuverlässiger Jäger, Prinz H a lim P a s c h a , dass er, einige
Tagereisen von Kairo entfernt, sogar frisch zerstörte Brutplätze derselben gefunden
habe. Früher wird der Strauss in jenen Gegenden öfterer erwähnt. Po co ck e
(Descr. East. I. p. 209) bemerkt, dass das Thier in den südwestlich von Alexandrien
gelegenen bergigen Wüstenstrichen vorkomme (1743). S o n n in i sah des
öfteren frische Spuren in der Wüste von Bahireh (Trav. Eg. I. p. 396). Minu-
to l i beobachtete Trupps von 10 bis 15 Stück auf der Route von Alexandrien
nach Siwah und Dernah. Man schiesse sie dort von mitgeschleppten Bretterverstecken
aus (Reise, p. 205). H a r tm a n n erzählten libysche unter S a id P a s c h a ’s
sogenannten Mogrebbiner Reitern dienende Beduinen, der Strauss sei in bewachsenen
Thälern der libyschen Wüste gar nicht so selten. Nach ihm ist derselbe noch
häufiger in den Steppen Kordofahns, am weissen Nil, besonders südlich vom
Nuwerlande (H a rn ie r ) , am blauen Nil, wo er, die dichte Hochwaldung der Ufer
meidend, sich mehr binnenwärts in, der Khalah-Steppe hält; ferner in den Gebieten
der Bescharin und der Shukurieh nach Gebel-Mandcrah und Naküb - Kheli - Rerah
hin. In regenreichen Jahren erscheint er in der südlichen nubischen Wüste. Im
Qedarich kommt er in einzelneil offenen mit Akaziengebüsch und Kapparideen
bestandenen Stellen der Grassteppe vor. Im Jahre 1860 sollen sich, einer mündlichen
Mittheilung v. B e u rm a n n ’s zufolge, Strausse zwischen Berber und Suakin
noch häufiger, in Baraka sehr häufig gezeigt haben. B a rth traf auf seinen weiten
Reisen den Strauss nirgends zahlreicher und weniger scheu, als in den offenen
buschreichen Thälern Airs, so z. B. in dem von Tin-teggana, wo es von diesen
*) G .F r its c h sah 1863 wenige Meilen von Kapstadt bei Worcester wilde Strausse: Reise, p. 22.
grossen Vögeln wimmelte. Und, wie B a rth , so gedenkt auch G e rh a rd R o h lfs
des Strausses nur für die südlichsten Gebiete der Sahara. Sie zeigten sich ihm
auf seiner Route von Tripoli nach Kuka zuerst in der grosswelligen kräuterreichen
Tintümmasteppe und traten dann in der Nähe des Brunnen Belkaschifari, also
schon jenseit der südlichen Wüstengrenze, in überraschender Menge auf. Die
Darfurer Gellabin erzählten H a rtm a n n , sie bezögen ibre Straussenfedern (ris-beta-
na’ameh), die einen wichtigen Einfuhrartikel nach Siüt in Oberegypten bildeten,
von den Beduinenstämmen Hamr, M’Aalia, ‘Ergät, Mahämid, Mahrieh und Saidteh.
Nach v. H e u g lin wäre der nördlichste Punkt seines Vorkommens am rothen Meere
die Thäler um Berenice troglodytica (24° n. Br.). In den Hababländern, der Wüste,
von Korosko wie in den Ebenen der Danakil und Somali sei er nicht selten. In
Abyssinien treffe man ihn nur in den Tieflanden, namentlich in der Mareb. C a rlo
P ia g g ia , der den Vögeln Aufmerksamkeit schenkte, erwähnt des Strausses für
die Niam-Niamgegenden nicht. B u rto n sah südlich von Saila in der maritimen
Ebene Strausse, die sich dort, über die Maassen wild und scheu, nur in selbst für
die Kugel unerreichbarer Ferne zeigten. Landeinwärts von Mombas gilt dasselbe,
wie der Missionar E rh a rd t B u rto n versicherte und die Expedition v. d. D e c k e n ’s
wiederholt zu beobachten Gelegenheit fand. Nur selten bot ein Straussenei willkommene
Erquickung, und bei den Grenzstämmen der Mäsai waren nur hie und
da Kopfputze aus aufrechtstehenden Straussenfedern zu bemerken. Aber unweit
vom Kilibassi, auf der mit üppigem Graswuchs und dichten Gehölzpartien bestandenen
Hochebene des Inneren führte der Marsch durch eine „von Antilopen und
Straussen belebte Landschaft“. B u rtd n und S p e k e trafen auf ihrer Reise nach
dem Tanganyika den Strauss zuerst auf dem Plateau von Ugogo^ von wo aus er
sich durch Uniamesi und Usukuma nach Ujiji hin erstreckte. Sansibar und Mosa,m-
bik mit dem wald- und sumpfreichen Sambesigebiete scheinen den Strauss gänzlich
zu entbehren. Ebenso Gabon und die portugiesischen Besitzungen in Westafrika:
Kongo, Angola und Benguela (B a rb o z a du B o c a g e in litt.). Auch manche der
südlicher gelegenen Gebiete kennen ihn nicht. So suchte unser Landsmann E d u a rd
Mohr, der das hügel- und - weidereiche Sululand als kühner Jäger nach allen
Richtungen durchstreifte, den Strauss dort vergebens, während derselbe die Ebenen
des benachbarten Transvaal in Trupps von 10 bis 30 durchstreift, wie noch neuerlichst
F r ie d r ic h J e p p e bezeugt (Pe te rm ., Geogr. Mittheil. Erg.-Heft 24. p. 6),
Der a s ia tis c h e n V e rb r e itu n g des Strausses hier etwas eingehender zu
gedenken, scheint um so angezeigter, als eine der besten Zusammenstellungen über
den Riesenvogel, die in A. B rehm ’s vielgelesenem Buche „Illustrirtes Thierleben“
derselben mit keiner Sylbe erwähnt. Und doch hat der Strauss früher in Centralasien,
vielleicht auch in Indien gelebt; und doch sind Syrien, Arabien und Mesopotamien
Länder, die ihn seit den ältesten geschichtlichen'Zeiten gekannt haben
und — noch kennen. Merkwürdig bleibt es immerhin, dass Hero d o t* ), Strabo**),
Aristoteles***) und P lin iu s den Strauss nur als afrikanisch aufführen. Aber
Dioflor nennt ibn deutlich unter den Thieren der an Syrien grenzenden Theile
Arabiens. Die ganze Stelle bei B o e h a rt, Hierozoie. pars post. p. 228. Bei
*) Melpom. 175. 192.
**) Geogr. XVI. 4. ¡j
***) De Part. Anim. IV. 12. Ib. XIV. Beschr. IX. 16. Sun dev., Thier. Ariet. p. 151.