SBaffet (9îc. 446. III. ©. 426). Aber gerabe bie fünfttichfien
Hanbtungen, weldje ftd) auf bic Fortpflanzung beziehen, werben
bem Spiere nicht gelehrt, fonbern ju itjrec Beit non ihm ootlbrad)t,
ohne baß eS an bon Alten ein Votbilb gef>abt hat: ber junge Vogel
lernt baS 9lefl, in welchem er auSgebrûtet ifl, nur al« ein warmes
gager kennen, aber int kommenben 3at)re baut er, wie kunfllid)
eS aud) fepn möge, ein ähnliches, ungeachtet et nie bei einem fol»
djen S au e zugegen war; bie jungen jJïadjtigallen befommen ben
©efang beS VaterS nid)t ju l)ôren, ba biefer bei oollbrad)tet Veû=
tung oerflummt, aber fobalb ber nachfle Frühling erwacht, bricht
aucfy bei ihnen bie SeugungSlufl im Siebe hetoot; man h^t, wie
© a r b i e n (9lt. 171. XII. p. 244) e rja g t, © et non Emberiza
paradisea, regia unb principalis, Fringilla bengalus unb aman-
dava aus Elften unb Afrika nad) Europa gebraut, unb bie i ^ n o n
geiftgen auSgebruteten Sungen lernten non fetbft ben ©efang unb
9leftetbau, ber il>rer ©attung eigentümlich ift. ©er Unterricht
bezieht jtd) alfo nur auf bie einfacheren, z« Erhaltung beS 3nbi=
nibuumS n ötigen unb biefem nur im erften Anfänge ^ beS felbfl»
fldnbigen Sehens nod> abgebenben Fettigkeiten; alle höheren, auf
bie ©attung fidb beziebenben, burd) EinbilbungSfraft z« bewerkflel»
ligenben Sbatigfeiten »erben nicht non auf en bet mitgetbeilt, fon»
betn flammen aus bem 3mteren, Unb fo ifl eS auch beim SJîen-
fdben: er kann bas ^>od)fle nid)t non Anbeten empfangen, fonbern
eS muß ftd) in ibm felbfl entwickeln; bie fdjopfetifdje
bie Erhebung gut Sbee, bie ©lutb beS ©emutbeS in Siebe unb
2fnbad)t »irb nid)t erlernt. SBet feiner Meinung nach einen ©ipfel
ber Vilbung erreicht bat, glaubt feinen BogUng nicht bei Sttoialem
aufbalten, fonbern alSbalb zu ftd? herauf tyb&t zu müffen; feer
»efonnene, ficb felbfl- dilate beeilt ftcb weniger, ben jüngeren ba«
SSeffe z« fugen, fonbern oeranlaßt fte n u r, eS felbfl in ftd) zu f'n;
ben, unb fprid)t eS nur gegen bie auS, welche in ftd) bazu gereift
flnb. D) S ie Erziehung ifl alfo ein F ib e rn ber ©elbflentwickelung
eines SnbioibuumS mit Anerkennung non beffen Anlage unb Rechte
ju felbflflanbigem ©afepn. ©er Erzief)enbe fann nicht felbfl fcbuf’
fen »ollen, beim burd) oetmeffenen ©ünkel wirb baS 3Berk bet
SRatur nur oerhunzt; er muß oietmehr im ©inne ber ©attung 5U
SBerfe geben, welche ihre Ärafte mannicbfaltig oerfheilt unb für bte
Fnbioibualitaten Achtung forbert; unb fo oerwaltet er ein heiliges
^riefleramt, inbent unter feiner Seitmtg bie menfd)lid)e Statur in
ifrer oollen Vebeutung ftcb entwickelt unb baS Unenblid)e als ihren
alleinigen ©runb offenbart, ©ein Vejlreben gebt barauf au s, baß
biejenige Harmonie ber Ärafte, welche beren SSegriffe entfprecbenb unb
naturgemäß ifl, erreicht werbe; baß ©efunbbeit erhalten, körperliche
Äraft entwickelt, ©ewanbtbeit unb Fertigkeiten erlangt werben; baß
feie freie Entwickelung ber ©emüthSkraft burd) Verhütung nadbtf)ei=>
liger Eütflüffe unb burdb Herbeiführung begünfligenber Einwirkungen
gefdbirmt werbe; baß ber Egoismus nicht überwiegenb werbe ober
auSarte, fonbern als VaftS beS SebenS beroortrete, unb bem ©ange
ber 9latur gemäß bei höherer Entwickelung ber allgemeinen 9lid)tung
ftd) felbfl unterorbne; baß enbltd) ber Unterricht kein Abrichten fep,
fonbern ©toff zu Qcifliger ©elbjlentwickelung barbiete unb eine
©pmnaflif beS ©eifleS werbe, nicht um einen geifligen ©eiltdnzer
ZU bitben, fonbern um Uraft unb ©ewanbtbeit zu oerfchaffen.
§. 578. SÜSenben wir uns zu ben M i t t e l n ber Erziehung, fo
erkennen wir a) baß bie allgemeine Vebingung berfetben thetlS auf
ber Hulf^bebürftigkeit ber ©egeugten unb ihrer baburd) bewirkten
Abhängigkeit oon ben ßeugenben, theilS auf bet bureb bie gewahrte
Hülfe geweiften ©egenliebe beruht, ©iefe ftnben wir fdjon bei
R ieten (§:. 5 1 5 , n ), unb eS können bie Alten gar nicht auf ihre
Sungen erztehenb einwirken, ohne baß biefe in ihrer Dlahe ft^ wohl
fühlen unb il)tem: Einfluffe willig ftd) hiugeben. 3 « einem hohlen
©inne giebt Siebe unb Vertrauen ben ©runbpfeiler ber menfdjlidben
Erziehung a b ; biefe ©efüble zw wecken, baß fte zu einer bleibenben
©eftnnung anwachfen, unb babut^ baS ©emüth mit ber Fccubig*
feit zu erfüllen, in beren belebenber SSdrme alle Ärdfte freiet ftd)
entfalten, ifl bähet bie etjle Aufgabe. 3m ©anzen genommen ifl
aber bie Siebe ber Äinbet kalter als bie- ber E ltern: biefe ifl fd)ran*
fenloS, auf bte Zukunft gerichtet, oon H°ffrtunScn befeelt, jene auf
Erfahrungen in ber Vergangenheit begrünbet; bie Siebe ber Eltern
ifl uneigennühiger, bloß burd) Ftcube am, 5Bohlthun belohnt, bie
ber $inbet eine Verpflichtung unb mit bem ©ebanken an empfangene
SSohlthaten oerlnüpft. 3 « ber Seit bet tjetanreifenben ©elbflflan»