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nachdem einer unserer chinesischen Passagiere gestorben, das
Cap des Golfes von Petcheli, mit grünen Feldern, die sich hinter
einem sandigen Strande an dem kahlen Hügel von Chefoo
hinanfzogen. In der Nähe einiger Häuser wurde geankert, aber
noch an» selben Tage die Fahrt fortgesetzt. Chefoo liegt in der
Provinz Chantung, wo in der Nähe der Hauptstadt sich das
ummauerte Grab des Confucius findet, neben den Gräbern seiner
Söhne und Enkel. Nachdem wir am nächsten Tage eine Zeit
lang an der Barre in Taku, wo sich ein Bad nehmen liess, geankert
hatten, fuhren wir in die grünen Ufer des Peiho hinein,
zwischen den Lehmhütten der Dörfer, die auf Lehmbänken
standen. Die kurzen Krümmungen des Flusses, die beständiges
Wenden nöthig machten, verzögerten die Fahrt, bei Nacht wurde
geankert und am nächsten Abend (3. Aug.) Tientsin erreicht, wo
ich in dem am Kai (Sichilin) gelegenen Hause des Herrn Alisch
gastliche Aufnahme fand und in Abwesenheit desselben durch
Herrn Negelsberg empfangen wurde. Ausserdem lernte ich Herrn
Stammann kennen, der sein Comptoir und Wohnung in der
chinesischen Stadt hatte, sowie Herrn Copland, Herrn Baker
u. A. m. Die Hauptstrasse ist thurmartig überbrückt in der
Mitte, an dem Gerichtshaus. Ueber den schmutzigen Fluss führt
eine Schiffbrücke. Alles starrt von Schmutz, der lehmige Boden,
die Lehmwände der Häuser, die darauf stehen (oder die lehmigen
Kegelgräber), und die in den Strassen zusammengedrängten
Menschenmengen, die die Luft verpesten. In den Kuchenbuden
zieht der Kauflustige aus einem Bündel Holzstäbchen, die in
einem Gefäss stecken, und darf, wenn glücklich im Loos, eine
Gebäckart wählen, während sonst sein Einsatz verloren ist. In
der Halle eines durch Löwen am Hofeingang bewachten Tempels
sass die bemalte Figur eines Mandarin mit einer Reihe von drei
Kriegern zu jeder Seite. Im oberen Stock fand sich eine
flachmützige Figur, auf einem Lotus sitzend. Herr Stammann
fuhr mich in seinem Wagen durch die Umgebungen der
Stadt, während man sich in dieser meist in Palankinen tragen
lässt.
Durch Herrn von Btitzow, den russischen Consul, der in
demselben Dampfboot aus Shangay herübergekommen war, wurde
ich mit dem Agenten des russischen Handelshauses Sabashnikow
und anderen Russen bekannt, die mir mancherlei Auskunft über
die beabsichtigte Ueberlandreise geben konnten. Nach Ordnung
der nöthigen Geldangelegenheiten brach ich am 11. Aug. mit
einem chinesischen Diener auf, in zwei verdeckten Karren, die für
Peking gemiethet waren.
Nachdem wir die Stadt und ihre Befestigungen verlassen
hatten, führte der oft mit Häuserreihen oder mit Verkäufern von
Erfrischungen zu beiden Seiten besetzte Weg durch Felder, die
weiterhin in Folge einer Ueberschwemmung so tief unterWasser
standen, dass das Gepäck aus dem Wagen herausgenommen
und von dafür gemietheten Lastträgern hindurch getragen werden
musste. Die Fahrt wurde dadurch verspätet und der Mond
schien auf die buschigen Felder, Uber die wir weiter fuhren bis
zum Dorfe Nimpoka. Auf dem Hofe der Schenke, in der wir
abstiegen, ging es aber noch rührig zu. Die Kutscher zäumten
ihre Pferde ab, brachten die Wagen unter Dach und Fach, oder
holten sich ihr Abendessen aus der vom Herdfeuer beleuchteten
Küche, neben der Diele an der Eingangsthür. Das Mandarinenzimmer
befand sich auf der Rückseite des viereckigen Hofes,
und rings umher eine Anzahl von Schlafkämmerchen für die
Reisenden.
Mit Sonnenaufgang waren wir am nächsten Morgen (3. Aug.)
unterwegs. Auf welligem Grund passirten wir Dörfer, in
denen Ziegelhäuser mit Lehmhütten gemischt standen, Felder
und Baumgruppen. Nach kurzer Mittagsrast in dem Wirthshaus
des Dorfes Tschaoussey fuhren wir zwischen Lehm wällen hin
und sahen einen Tempel, der indess verschlossen war. Von den
begegnenden Wagen waren einige mit zwei Maulthieren bespannt,
das eine vor dem ändern. Als wir Nachts im Dorfe
Mato anlangten, war das Gasthaus, wo wir vorfuhren, bereits
überfüllt, da die Ueberschwemmung dort eine Menge Reisender
zusammengedrängt hatte. Auch der Wirth des zweiten, das
nach längerem Klopfen geöffnet wurde, wollte uns abweisen,
sah sich indess auf energische Ansprache und einfliessende
Drohungen veranlasst, eine schon besetzte Stube ausräumen zu
lassen, indem er die Insassen bei anderen Chinesen einquartierte.