immer mehr und mehr durch psychische*) Motive allein zum Handeln
bestimmt zu werden. Die Sinnlichkeit centrirt im Geschlechtssystem
und in den von diesem direct ausgeübten Functionen,
von diesem Mittelpunkt weitere Sphären umgreifend: die mit
Wollust verbundene Grausamkeit, die gierige Befriedigung materieller
Genüsse, welche durch üppige Ernährungssäfte das Körperliche
kräftigen und zugleich von dieser Basis aus den zu Verbrechen
führenden Affecten des Hasses, des Zornes, der Rache,
des Neides u. s. w. Stütze und Macht verleihen. Es muss also
dahin gestrebt werden, den Einfluss dieser animalischen Regungen
(der Moho, Lobo, Toso, des Dummen, Begehrlichen**) und Leidenschaftlichen)
zu brechen, um dem Geistigen freien Spielraum zu
gewähren. Excentrische Richtungen im Buddhismus haben nun
allerdings, zur consequenten Ertödtung aller im Sexuellen wurzelnden
Laster, gänzliche Enthaltsamkeit zur Pflicht gemacht,
die oft ganze Städte in die Klosterbehausungen ***) ehelos lebender
Mönche und Nonnen verwandelt hat. Eine verständige Mittelrichtung
f) wusste indess diese Uebertreibungen zu vermeiden,
ebenso wie schon Gautama die des ausmergelnden Fastens
*) Der Uebergang von den physischen Kräften des Gehirns zu den entsprechenden
Thatsachen des Bewusstseins ist nicht denkbar (nach Tyndall). In
Betreff der Zusammenziehung der thierischen Muskel ist einerseits die chemische
Thätigkeit, andererseits die mechanische gegeben (s. Bernard), aber das verbindende
Glied, die Art der Verwandlung der einen in die andere, fehlt.
**) Thomas von Kempen betrachtet die Begierde als die Wurzel aller Sünde
(in den sieben Hanptlastern).
***) Paulus’ Ansichten über die Ehe müssten, festgehalten und ernst genommen,
nothwendig zum Kloster führen (s. Lang).
-f) Die Indier leiten putra (puttra) von put (Hülle) und trä (schützen) her,
da durch Erzeugung des Sohnes der Vater vor der Hülle bewahrt wird. Nach
Lassen reinigt der P u tra (Sohn) den Vater, den er von der Pflicht, Kinder zu
zeugen, befreit. Liberum a liberamento appellatum volunt, quod quasi mares in
coeundo per ejus beneficium emissis seminibus liberentur, quod idem Liber mu-
liebri et delicato corpore piugitur; dicunt eniin mulieres ei attributas et vinum
p ropter excitendam libidinem (Isid.).
brahmantische Biisser, die dadurch die Geistesoperationen selbst
beeinträchtigten, indem nur in einem gesunden Körper ein gesunder
Geist, als auf physiologischer Grundlage wurzelnd, zu
leben vermag. Der Buddhismus verlangt unumgänglich ein
aufrichtiges Arbeiten am eigenen Besserwerden. Ein Fehler,
der einmal gemacht ist, kann nicht wieder zurückgerufen werden.
Der Schaden ist geschehen und muss ausgebessert werden,
die strafenden Folgen*) können nicht ausbleiben, sie werden zu
erdulden sein, — diesem prädestinirten Naturgang vermag Niemand
zu entlaufen, aber da solche Folgen vorübergehende sind, so muss
der ihren Eintritt Voraussehende nun sich rasch daran machen,
das Gefehlte durch Besseres zu ersetzen und weiterem Verderben
vorzubeugen, da er sich dann unter den ihn unvermeidlich treffenden
Leiden damit trösten kann, dass ihre Dauer nur eine kurze
sein wird, verglichen mit der der Freuden, die nicht ausbleiben
werden. Sonstiges Klagen**), jammervolle Reue, Entschuldigungen,
Vorwürfe sind nicht nur nutzlos, sondern direct schädlich, da sie
die besser zu verwendende Zeit ohne Zweck vergeuden, denn
*) Was der Mensch säet, das wird er ernten oder (buddhistisch) dessen
Frucht wird er essen.
**) In der Selbsterkenntniss (der Busse) giebt es nur eine Sünde, das „Fleischlichgesinntsein“,
die Selbstsucht, in welcher das Individuum sich selbst, die Befriedigung
seiner particularen Wünsche und Neigungen, seine Lust und Glückseligkeit
zum Angelpunkte seiner Bestrebungen macht; und nu r eine Tugend, das
„Geistiggesinntsein“ oder die Liebe, welche, das eigne Selbst vergessend und verleugnend
, das ewig Wahre und allgemein Vernünftige zum einzigen Zwecke und
Beweggrund des Willens macht (Lang). Jesus fasste die Sünde seiner Mürder
unter dem Gesichtspunkt der Unwissenheit auf (sie wissen n ich t, was sie thnn).
„Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Nach Basilius kann für die nach der
Taufe begangenen Sünden die Vergebung erst nach beschwerlichen Bussübungen
erlangt werden (Schwane). Es kommt Leine Gnade in irgend eine Creatur, es
sei denn durch den heiligen Geist (Basil.). Mit der heiligenden Gnade beginnt
die Vergöttlichung (&£eoois) der Seele (s. Maximus). Reue ist nie ohne Bussgefühl,
also der erste Schritt zur Besserung (s. Wuttke). Die Reue hat den Entschluss
der Erneuerung zu begründen, aber die Busse beginne dann sogleich damit,
activ am Besserwerden zu arbeiten.