LXXXII Vorwort.
i iE H I I
¡Mit
System des Buddhismus und ergänzt sich mit der von den
steten Welterneuerungen*).
Da die Erfahrung stets und comparativ allgemeingliltige
Urtheile geben könne, müssten (nach Kant) die Allgemeingültigkeit
und Nothwendigkeit der Urtheile einen inneren festen
Grund in unserm Denken haben, also als sichere Kriterien des
Aprioristischen erscheinen (J. B. Meyer). Naturwissenschaftliche
Sicherheit jedoch besitzt ein jedes Urtheil eben nur in
der Controle gegenseitiger Kelationen, und obwohl man in
den jedesmaligen Wendepunkten gereifter Forschung hypothetische
Allgemeingültigkeit beanspruchen darf, so gewinnt diese
doch nie absolute Gewissheit, sondern muss in ihrer ephemeren
Herrschaft immer wieder durch vollendetere Schöpfungen ersetzt
werden, wenn das Wissen nicht selbst zum Stillstand gelangen
und so sein eigenes Leben ertödten will.
Hume zeigte, dass der Causalbegriff nicht aus der Erfahrung
gewonnen werden kann, aber er ergiebt sich als das natürliche
Resultat der durch die Erfahrung angeregten Denkthätig-
keit in gesetzlicher Manifestation derselben. Der Horizont der
Naturvölker ist mit ursachlosen Wundern gefüllt, zwischen denen
die Blödheit des sympathischen Denkens den Causalnexus schnörkelhaft
verworren zusammenknüpft, während für ein schärferes
Auge solch willkürlich constrairte Monstra unverträglich
sein würden.
Wenn gleich alle unsere Erkenntniss mit der Erfahrung
*) Die Allnatur bringt (nach den Harranitern) in jedem Klima von den bewohnten
Klimaten am Anfang von je 36425 Jahren ein Paar von jeder Art der
Thiergeschlechter, ein Männchen und Weibchen, von Menschen u. s. w. hervor.
Nach Ablauf der Periode hörte die Fortpflanzung und Forterzeugung auf, und es
entsteht ein neues Geschlecht (s. Schahristani). Nach den Chaldäern würde die
nach je einem grossen Weltjahre von 9977 Jahren untergehende Welt wieder erneuert
werden (Sext. Empir.). Die Saecula der Etrurier liefen in kürzerer Periode
ab, wogegen die Zahlen der Jainas noch die der Buddhisten übertreffen möchten,
wenn das an sich Zahllose einen weiteren Superlativ erlaubte.
beginnt, so entspringt sie darum doch nicht alle aus der Er-
| fahrung, bemerkt Kant, der dann das Aprioristische aus dem
Empirischen abzusondern sucht. Immer indessen ist dies Em-
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^ pirische der Erfahrung als der Keim anzusehen, aus dem die
Erkenntniss hervorwachsend sich entfaltet. Wie der Same in
nuce schon die ganze Pflanze einschliesst, obwohl die Pflanze
eine Menge Organe enthält, die im Samen nicht nachzuweisen
sind, so bildet die Erfahrung die empirische Grundlage, aus der
sich die Erkenntniss organisch entwickelt. Indem wir denken,
stehen wir eben inmitten dieses Wachsthumsprocesses, oder vielmehr
das Denken bildet selbst diesen Wachsthumsprocess, und
das aprioristisch Abgeleitete giebt die zum Bewusstsein gelangenden
(das Bewusstsein selbst darstellenden) Entwicklungsgesetze.
Insofern erstrebt das an die Erfahrung anknüpfende Denken ein
weitaus jenseits der Erfahrung Liegendes, aber dieses Ziel
bildet doch nur die schon von vornherein als nothwendiges Er-
gebniss angelegte Vollendung, die sich im Gange des Fortschrittes
durch weitere Aufnahmen ernährt, wie die Pflanze aus
Luft und Erde. Da in unserer Erkenntniss noch über die Erfahrungswelt
hinausliegende Ideen (von der Seele, dem Weltall und
Gott) sich finden, die aus der Erfahrung nichj; gewonnen sein
konnten, aber doch nothwendig zu sein schienen, so müsste der
Grund dieser Nothwendigkeit gleichfalls in unserer Vernunft liegen
(nach Kant). Aber diese Ideen sind immer nur das entsprechende
Product der jedesmaligen Erfahrung, und die ethnologischen
Thatsachen beweisen es ja eben überall, dass die Ideen
von der Seele, von dem Weltall, von Gott, jeder Zeit und jeden
Ortes, den aus der Erfahrung gegebenen Anschauungen gemäss
verschiedentlich und in den mannigfaltigsten Richtungen der
Gestaltungen ausgebildet sind. — Descartes erklärte (Ende des
XVII. Jahrh.) den Raum materiell (objectiv), Kant (100 Jahre
später) als Anschauung (subjectiv), und auf diese gefeierte Ent-
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