also nicht in begreifbarer Weise, und überhaupt in ihrer Manifestation
so von den früher mit gleichem Wort bezeichneten
verschieden, dass Verwendung Eines Namens nur Missverständnisse
erzeugen müsste. Auch ohnedem werden durch Nichtbeachtung
dieser Verschiedenheit des Standpunkts mancherlei
Missverständnisse hervorgerufen. Man tiberträgt (durch Leibnitz’
trügerisches Continuitäts-Gesetz verleitet) die Vorstellungen von
Entwicklungsprocessen, wie sie innerhalb der Natur vor sich
gehen, auch auf die transcendentale Betrachtung der Natur, als
solcher, und sucht mit relativen Rechenoperationen Probleme
zu lösen, die in das Absolute verlaufen. Wenn der Regressus
in infmitum für die Entstehung der Welt zu langweilig, der
Calcul mit dem unendlichen Fortgang des Vermehrens oder Ver-
minderns zu verwickelt scheint, scheut man sich nicht, mit den
Gedankenreihen kurzen Process zu machen und sie zur Setzung
eines Anfangs zu verstümmeln, da die subjective Zeitconstruction
sich a parte ante im Weitergange gehemmt fühlt. Innerhalb der
Natur sind alle unsere Vorstellungen nach den Beschränkungen
von Raum und Zeit, den nothwendigen Formen der Sinnesauffassung,
geordnet. Ehe wir also aus der Natur hinaustreten, die
Schranken von Raum und Zeit überschreiten, muss sich das Denken
Rechenschaft ablegen von der Methode, die zu befolgen
sein wird. Wir kennen mit genügender Genauigkeit die Processe,
die die Pflanze in ihrem Wachsthum durchläuft, von dem Samen
bis zur Frucht und zurück zum Keim. Diese von einem räumlichen
Ortsobject in regelmässiger Zeitfolge durchlaufenen Vorgänge
bezeichnen wir mit dem Namen der Entwicklung, bis sie ihre
Akme erreichen, müssen aber (zum Gesammtbilde der Durchwick-
lung) die Rückbildung zufügen. Wir sind nun auch vielleicht
im Stande, mancherlei Transmutationen dieser Pflanze zu erklären,
Veränderungen, die zu völligen Umänderungen werden
mögen, Verbindungen, Kreuzungen, Krümmungen; aber alle die
hier gültigen Regeln versagen uns, wenn es sich nur um die Urzeugung
der Pflanze als solcher handeln sollte. Die geologischen
Schichtungen der Erde geben uns in ihrem räumlichen Vorhandensein
mancherlei Anhalte, eine zeitliche Ablagerung zu con-
statiren, aus den noch jetzt möglichen Beobachtungen, ihren Einschlüssen
und Wechsels weisen Beziehungen naeh. Sobald aber
diese gegenseitige Controle aufhört, dürfen wir in dem gleichen
Gedankengang auch nicht ein einziges Wort weiter über Ur-
bildung aussprechen. Die Entstehung der Welt aus der sogenannten
Nebeltheorie erklären zu wollen, ist ein Abfall von
den primärsten Vorschriften der Inductionsmethode. Dem nach
Decimalstellen wägenden Chemiker wird ein solcher Brei Hunderttausende
von Jahren durcheinander gährender Elemente wenig
munden, und die hie und da abgerissenen Vermuthungen über Abplattung,
Abschleuderung u. s. w. sind etwas schwache Spinnenfäden,
um den Koloss des Erdballs in ein wissenschaftliches
Formelnetz zu spannen, so dass er fruchtbringend analysirt
werden könnte. Und bliebe es selbst möglich, die Erde auf die
Sonne, diese auf eine Central-Sonne u. s. w. zurückzuführen, so
wären wir mit alledem der Entstehung noch um keinen Deut
näher. Diese wird sich, wenn überhaupt, im Kleinen eben so
gut verstehen lassen, als im Grossen, so dass wir die reinlichen
Resultate der Naturwissenschaft besser von dem Wust ungeordneter
Phantasiebilder*) frei halten werden. An den Grenzen der
Natur endigen Raum und Zeit, so dass darüber hinaus nur jene
Negationen möglich bleiben, die im Nirwana der Buddhisten
der trügerischen Scheinwelt (dem Mä oder Nichts in Maya) gegen*)
Märchen scheint mir Jeder (der Sophisten) zu erzählen, als oh wir Kinder
wären. Der sagt, dass das Seiende dreierlei sei; eins aber kämpfe zuweilen
mit dem ändern, zuweilen würden sie auch befreundet, schlössen Ehen, zeugten
Kinder und zögen sie auf. Der Andere aber spricht von zweien, von Nass und
Trocken, oder Warm und Ka lt, und bringt sie zusammen und verheirathet sie,
und so erzählt Jeder unbekümmert seine Geschichte zu Ende (s. Plato),