Aus Gewohnheit an räumlicher Form haftend, bildet sich
das Denken meist das Unendliche (obwohl die Negation des
Endlichen und Räumlichen) wieder zur räumlichen Vorstellung
aus (und so das Ewige zum Zeitlichen). Seit Proctor das Weltgebäude
HerSchel’s eingeengt hat, glaubt man vielleicht jenseits
der fernsten Sterne schon in den unendlichen Raum hinaus zu
blicken, und gestaltet also die Unendlichkeit gleichsam zu einem
weiteren Raum, der den inneren einkapselt. Das Unendliche und
Ewige beginnt aber jenseits der Erscheinungen, und wir stehen
ihm in uns selbst, in dem Stein vor uns, in jedem Dinge eben so
nahe, als am äussersten Fixstern oder unaufgelössten Nebelfleck.
In einheitlicher Wesenheit stehen alle Processe in gegenseitig
ergänzender Correlation zu einander, um das Gleichgewicht zu
erhalten, und nach unserer objectiven Vorstellung aufgefasst,
sagen wir von derartig abgeschlossenem Ganzen, dass es nach
einem Plan angelegt sei. Einen solchen vermögen wir auch
zum Theil in der Constitution des Weltalls*) zu erkennen. Sehen
wir die dünnen Gliederanhänge der Fliege und das aufgehängte
Netz der Spinnen, das gerade für ihre Verwicklung die geeigneten
Maschen bietet, so tritt uns daraus (wie aus der Beziehung
zwischen Nectarien der Orchideen und Säugrüssel der Motten,
Schönheit der Blumen und befruchtenden Insecten, Farbe des Vogels
und dem Baume, auf dem er nistet), eine Wechselbeziehung
entgegen, und ebenso in der Lebensweise jedes ändern Thieres
auf dem ihm adäquaten Boden. Aus dieser für uns verständlichen
Wechselbeziehung folgt aber noch nicht eine teleologische
Zweckeinrichtung, schon deshalb nicht, weil wir nur die Erde
zu überschauen vermögen, ein beschränktes Theilganze, woran
sich die Fäden weiterer Beziehungen anheften, ohne dass wir
*) Dessen organische Natur (nach Laycock) das Gesetz der unbewussten Intelligenz
durchdringt.
diese ausverfolgen können. Der Physiologe, der die Lungen
allein seiner Betrachtung unterzöge, würde die Bildung des
Lungengewebes aus dem nach der Zuströmung oxydirten Blute
verstehen, müsste aber in dem fortgehenden Abfluss einen zwecklosen
Verlust sehen, wenn er jenen nicht bis zu den neuen Ca-
pillar-Verzweigungen im Auge behielte. Der Intestinaltract ab-
sorbirt nur einen Theil der aufgenommenen Speisen und entfernt
den Rest als Auswurf, der wieder (nach den Erfahrungen
der Agricultoren) dem Pflanzenwachsthum zu Gute kommt. Bei
unserm Ueberblick über das Weltgebäude wäre es deshalb ungenau,
von einem Plan zu sprechen, da wir denselben nicht als
solchen zu durchschauen vermögen und uns nur aus einzelnen
Theilen einSchein herüberschimmert, der eine trügerische Spiegelung
sein könnte. Die Idee eines Planes gewinnen wir überhaupt aus der
Operationsweise unserer eigenen Denkprocesse. Indem wir in einei
bestimmten Masse der äusseren Phänomen Ursache und Wirkung
vor uns sehen, d. h. in bestimmter Folgereihe des Geschehens
nothwendige Effecte des Geschehenden und Geschehenen, so benutzen
wir die daraus abgeleiteten Gesetze bei unseren eigenen
Handlungen, um wünschenswerthe Ziele auszufolgen. Aus den
auf erreichbare Zwecke zusammenarbeitenden Naturvorgängen entnehmen
wir die für Herstellung unseres Wohlseins nutzbaren Lehren,
und lassen die grössere Hälfte des für uns (als nicht gesetzlich beweisbaren)
Ungesetzlichen, weil unzweckmässig und ohne praktische
Bedeutung, ausser Beachtung. Es wäre ein Denkfehler, wollten
wir nun aus Analogien weiter schliessen, den in unsern beschränkten
Gesichtskreis hineinfallenden Zweck, als jenseits desselben erfüllt,
supponiren, und dann dabei bleiben, für die Anlage des
Weltalls das Planmässige beizubehalten. Das Fehlerhafte läge
zunächst in der Setzung des Plans, da dieser nur eine subjectiv
menschliche Idee ist, also für seine Existenz eine Menschennatur
voraussetzt. Unser Begriff von Menschen kann sich indess nur