abreissen muss, so lange diese von endlichen Prämissen aussetzt.
Es ist also ein leeres Spiel der Phantasie (nicht besser oder nicht
schlechter als alle früheren auf dem vermeintlich überwundenen
Standpunkte religiöser Mythologien und philosophischer Metaphysik),
wenn man aus den vor den Augen spielenden Phasen
der bunten Maya-Welt, unter den unzählbar möglichen Combi-
nationen, eine Reibe als allein gültig herausgreift und mit
künstlicher Supponirung des nicht absehbaren Anfangs eine
Entwicklungshypothese zusammenklebt, die unter naturwissen
schaftlicher Terminologie die barocken Ungethüme aus Berosus
Schöpfungstheorie für gläubige Erbauung wiedergebiert. Wäre-
das das Ziel unseres Förschens und Strebens, wäre uns auch
heute noch nichts besseres beschieden, als staunendes Begaffen
jener chimärischen Ungethüme, wie sie im Verfolge der Bildungsgeschichte
hundertmal durch zügellose Träumereien geschaffen
und hundertmal belacht sind, so stände es böse um unsere Zukunft,
die in der Wissenschaft ihren moralischen Halt wiederzugewinnen
hoffte, nachdem die zersetzende Kritik jener ihr
die übrigen Stützen entzogen. Und woher wird das fragende
Sehen eine Antwort erwarten dürfen, wenn nicht von
der naturwissenschaftlichen Induction, dem letzten Hoffnungsanker
heutiger Weltanschauung? Gewiss von ihr, nur von
ihr allein, wenn sie mit klarem, scharfem Blick den richtig
angezeigten Cours der Erfahrungen steuert und so die Klippen
meidet, an denen so manche in den Sturmesnächten der Ge-
fühlswallungen verschlagene Irrfahrer gescheitert. Der menschliche
Geist muss zunächst die Ueberzeugung festhalten, dass
er durch objective Betrachtung des Naturganzen, das ihn (ein
verschwindendes Pünktchen mit schon auf kurze Entfernung
erbleichender Lichtsphäre der Erkenntnisshelle) als Unendliches
umgiebt (also ohne Ansatzpunkte für ihre Analyse), dass er
durch die stets nur in allgemeinsten Umrissen mögliche Gesammtauffassung
des All nie jenes Mysterium durchdringen wird,
das ihm in der Entstehung entgegentritt. Die bisher eingeschlagenen
Wege, die nach verschiedenartigen Kreuzzügen in kos-
mologische Ideen verliefen, und dieselben bald mit mythologischer,
bald mit metaphysischer, bald mit angeblich „exacter“ Phraseologie
herausputzten, mussten deshalb auch alle erfolglos bleiben
und in öder Wüste des Nichtig-Leeren enden. Wie dielnduction
ein Wissensgebiet nach dem ändern für sich erobert, hat sie
dasselbe für ihre Theorien, und also auch für die höchste, für
die der Entstehung, zu verwerthen gesucht, und da sie jetzt an
die Grenzen der Psychologie gelangt, auch diese letzte Festung
des Aprioristischen bald in ihre Gewalt gebracht haben wird,
so steht zu erwarten, welche Hülfe sie aus dieser Bundesgenossin
zu ziehen vermag, wenn sich aut Grund der von der Ethnologie
gelieferten Materialien die Erscheinungen des Seelenlebens gleichfalls
in fest umschriebenen Formeln fassen lassen würden. Eine
günstige Vorbedeutung liegt darin, dass sich hier sogleich ein Anfang
präsupponiren lässt, als eine bis dahin freilich noch unbekannte
Grösse, aber unter solche Combinationen gestellt, dass
die baldige Substituirung eines bestimmten Werthes in Aussicht
zu stehen scheint. Dieser in den unbegrenzbaren Reihen kosmologischer
Causalitäten umsonst gesuchte Anfang ergiebt sich bei
dem Mikrokosmos des Menschen aus der Wechselwirkung zwischen
Aussen und Innen, deren Resultat im Bewusstsein hervortritt.
Hat dann der Mensch aus sorgsam sinniger Betrachtung des
Pflänzchens psychischen Wachsthums, wie es in seinem Innern,
im Volksgedanken, keimt, einen Durchblick in Entstehungs-
gesetze gewonnen, dann mag er die daraus gesicherten Resultate
auch wieder als Factoren für’umfassendere Rechnungen verwenden,
um im Subjectiven das Objective und beider Wurzel zu erklären.
Die regere Theilnahme, die sich seit Kurzem der ethnologischen
Anthropologie zuzuwenden beginnt, wird es möglicherweise schon
Ba s t i a n , Reise VI. H