verständniss zwischen fest und Fest, so werden wir ersteres unwillkürlich
mit einem kurz abrupteren Nachdruck aussprechen,
um gleichsam die in ihm liegende Bedeutung zu intoniren, und
ein solcher Accent kann dann, wenn er sich im Verkehr mit
Anderssprechenden einmal [nützlich gezeigt hat, ein constanter
werden. Auch Verdoppelungen, in der Manier des Chinesischen,
können nützen, malen ■= zeichnen, um malen von Mühl-mahlen zu
unterscheiden, lehren = unterrichten neben leeren, als ausleeren.
In einem mit gleicher Eede vertrauten Kreise sind derartige Missverständnisse
kaum zu fürchten, und wird dem Engländer der Gleichklang
in sow (säen), sow (Schwein), sow (nähen) selten stören.
Die feste Stütze des Buchstabengerüstes,*) auf der die Etymologie
sonst zu operiren pflegt, entgeht ihr im Chinesischen und den
übrigen Tonsprachen. Die Consonanten, die sich oft mit völliger
Indifferenz einander ersetzen mögen, sind unwesentlich, und nach
dem Wegfall der Endconsonanten bleibt fast nichts übrig als der
Ton zur Bestimmung des Wortes. Dieser selbst aber steigt
und sinkt auf einer musikalischen Scala, deren Noten im Chinesischen
durch conventionelle Hieroglyphen bezeichnet werden.
Die indochinesischen Sprachen dagegen bieten das Hülfsmittel
alphabetischer Zertheilung, so dass man bei ihnen wieder einen
sicheren Boden unter den Füssen zu erhalten beginnt. Sie verbinden
deshalb die Eigenthümlichkeit der Ton- und Buchstabensprachen
und versprechen von dieser Doppelstellung aus erklärendes
Licht auf beide zu werfen.
*) Ein jeder Reiz verlangt seine Ausgleichung, und wenn nicht wie in den
Reflexen die Reaction unmittelbar gegeben ist oder sich in den doppelten
Zweigen der Spinalnerven selbst compensiren kann, so macht sich unbestimmte
Gefühlserregung am directesten in dem Respirationssystem Luft, das ihr durch
ununterbrochene Lufterneuerung freien Spielraum gewährt. Die Wand des Thorax
kann dabei entweder einfach nach musikalischen Intervallen in Schwingungen
versetzt werden (wie bei den näher an das Singen der Vögel angeschlossenen
Tonsprachen, in welchen vocalische und consonantische Unterscheidungen noch
nicht streng durchgeführt sind), oder so, dass unter bestimmten Glottisschlüssen
die drei Hanptvokale (a, n, i) gebildet werden, die bei grösserer Annäherung
der ihre Articnlationsenge bildenden Organe in die Urconsonanten (ch, v, j)
übergehen und sieh mit den (wie bei den Säugethieren) in der Mundhöhle gebildeten
Geräuschen zu consonantischen Articulationen zusammenzufligen.
Die Anordnung des siamesischen Alphabetes ist eine ziemlich
unbeholfene und entbehrt des Systems, da sie mehr Zeichen
hat, als Laute um sie auszudrücken. Doch wird durch die so
ermöglichten Unterscheidungen in der Schreibweise die etymologische
Ableitung erleichtert. Von den 43 Consonanten des
siamesischen Alphabetes sind eigentlich nur sechs (mit Einschluss
von zwei Cerebralen, die aber einzig für Fremdwörter dienen:
acht) neben sechs Halbvoealen wirklich erforderlich, oder höchstens
17, nämlich die Buchstaben der mittleren Tonklasse k c t t
p p (Akson klan), die Halbvocale y r 1 v s h und weiter n n
n ni f. Mit dieser Zahl lässt sich jede wünschenswertbe Buch-
stabencomposition mit dem für sie bestimmten Ton ausdrücken,
da die Akson klan. fünf Betonungsarten fähig sind, also zwei
mehr, als die Akson sun, und eben so vieler als die Akson tarn
mit Hinzuziehung des Honam. Der natürliche Ton ist den
Akson klen und Akson tarn gemeinsam, wogegen die Akson sung
schon an sich die aufsteigende Betonung besitzen, und in Folge
der inhärirenden Aspiration, wie sie die Akson tarn erst durch
das Honrn (die Akson klan durch das Onam) erhalten. Mit
der Aspiration der Anfangsconsonanten (k, p, t, ts, tsch) ändert
sich im Chinesischen die Bedeutung (nach Premare).
Das siamesische Alphabet zählt von den Gutturalen (neben
n) k k k g ,g „g auf, die indess alle mit dem gleichen k-Laut
gesprochen werden. Davon gehören k k zur ersten, k zur
zweiten, g ,g ,.g zur dritten Klasse, und alle die mit diesen
verschiedenen Modificationen geschriebenen Worte können sich
bei entsprechender Accentverwendung mit k allein begnügen.
Eine Mehrzahl verschiedener Worte finden sich z. B. unter dem
Tonlaut k ai, wie u. A.: ky, Ei, ky, Fieber, ky, öffnen, gy, abwenden,
gay, rauh, gay, Lager, kay, verkaufen, kay, Netz, käy,
umfangen, kay, Körper (von Pali kaya), ky, Huhn. Die Unterschiede
der hier befolgten Schreibart (und also die dadurch dem
Auge gewährten Hülfen) sind nur durch die alphabetische Zertheilung
des Siamesischen ermöglicht; im Chinesischen, das Ge-
sammtbilder giebt, würden sie wegfallen und durchaus identisch
lauten, nämlich kai. Erst durch den jedesmaligen Ton, womit
dieses kai ausgesprochen wird, zeigen sich Diflerenzirungen mög-
B a s t i a n , Reise VI. 33