lichen näher zu stehen scheinen und eher gerührt werden mögen,
als die Natur, die sich in kaltem Hohne jedem Mitleid unzugänglich
zeigt. Aus Liebe und Zuneigung zu diesen Göttern, die
(nach den Versicherungen der Priester) seinen Bitten Gehör gewähren
werden, strebt jetzt auch der Mensch, sich ihnen in jeder
Hinsicht dankbar und erkenntlich zu beweisen. Er sucht ausfindig
zu machen, was ihnen gefallen könnte. Er übernimmt Mo-
kisso jeder Art, schont die Thiere, die Sie bevorzugen sollten,
enthält sich der ihnen geheiligten Pflanzen, bestimmter Farben,
Worte, er bringt ihnen die Erstlinge seiner Früchte, oder Opfer,
um die Felle an den Bäumen aufzuhängen und Torom’s Mund
mit Speck zu schmieren.
Sobald nun der Geist durch accumulirende Erfahrungen in
die Natur eindringt und die Vorgänge in derselben zu begreifen
versteht, werden die provisorisch dorthin gestellten Götter ihren
Platz räumen müssen. Wenn man erkannte, dass auch auf der
Ebene der Fluss zum tieferen Meere abglitt, so bedurfte es nicht
länger des Flussgottes, der ihn bewegte; die organisch fortwachsende
Pflanze konnte keine Dryade länger beherbergen; für die
in Kadoi umhergetriebenen Gestirne waren die Wagen überflüssig.
So zieht sich überall im Fortgang der Geschichte die
Gottheit*) mehr und mehr aus der Natur zurück und enthält
sich der früher bei jeder Gelegenheit supponirten Eingriffe in
den Gang derselben. Dennoch zeigte sich die Hypothese auch
ferner nothwendig, zur Erklärung der letzten Gründe, da die
Kenntniss der Natur, so sehr sie sich auch erweitert haben
mochte, nichtsdestoweniger auf allen Seiten lückenhaft und un*)
Il n ’y a qu’une chose, qui mérite et qui ait par excellence le nom de
science, c’est la religion.. La religion, dans son vaste cercle, embrasse to u t, car
elle est l’expression de l’universalité des volontés de dieu. Appuyé fermement
sur cette idée, sur cette vue de concentration générale, Mahomet a imprimé partout
le seing religieux (s. l ’erron). Zufriedenheit mit sich seihst ist (nach Spinoza)
das Höchste, das erhofft werden kann.
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vollständig blieb. — Die raschen Erfolge der Naturwissenschaft
in den letzten Jahren übertreffen die aller früheren Jahrhunderte;
aber trotz aller Partialsiege, die wir hie und da erfochten haben,
steht uns doch die Natur im Grossen und Ganzen noch eben so
schroff und starr, noch eben so stumm gegenüber, wie unseren
Vorfahren und den culturlosen Wilden. Diese Hoffnungslosigkeit
würde zermalmend für das Bewusstsein sein, wenn sich nicht
hie und da einige Durchblicke auf Harmonien ewiger Gesetze eröffnet
hätten. Die Civilisation steht an dem Rande eines gefährlichen
Absturzes. Gelingt es ihr nicht bald, sich aus der
Naturforschung eine neue Grundlage ihrer moralischen Weltanschauung
zu bilden, so ist sie rettungslos verloren, denn die
Götter, die wiederholt in ihre subjective Entstehung zersetzt sind
und in der Dehnbarkeit ihres Begriffes längst die äusserste
Grenze erreicht haben, könnten ihr diesmal nicht wieder helfen.
So weit uns die Natur gegenwärtig bekannt ist, so weit wir
sie nach allen Richtungen durchschaut, mit Fernröhren und Mikroskopen
erweitert haben, können wir uns im Grossen und
Ganzen ein einheitliches Bild von ihrem Gesammtcharakter entwerfen
; denn obwohl die verschiedenen Reiche und Gebiete noch
nirgends genügend, meistens nur in äusserster Oberfläche erforscht
sind, so lässt sich doch von ihren Berührungspunkten und
gegenseitiger Lage zu einander ein ungefährer Rechenschaftsbericht
ablegen. Das eigentlich Unbekannte beginnt für uns
nicht mehr innerhalb der Natur, sondern jenseits derselben; alle
Theile der Natur vermögen wir in relative Gleichungen zu
einander zu bringen, und so bis zu einem gewissen Grade zu
erklären, aber die Natur als solche verhüllt sich noch in einen
undurchdringlichen Schleier, in Räthsel nach wie vor. Die Lösung
desselben, die früher als Gottheiten oder höchste Gottheit
innerhalb der Natur gesucht wurde, könnte für uns nur ausserhalb
derselben liegen, ausserhalb jeder Conception von derselben,
B*