bleibender, und mit dem letzteren stellt sich deshalb die Form
der Seelenactionen in gewohnheitsmässige Harmonie. Obwohl ihrer
eigenen Natur nach nicht selbstständig, ruft sie doch selbstständige
Schöpfungen hervor in der Sprache und verwirklicht die in ihr
latenten Fähigkeiten in dem geschichtlich emporwachsenden Organismus
der Menschheit. — Mit dem periodischen Wiedererwachen
des Bewusstseins wird auch die Erinnerung jedesmal
neu erweckt, d. h. die Folgereihe stattgehabter Eindrücke, die
sich mit der körperlichen Seite des Lebens in dauernden Connex
gesetzt hat und je nach der auf sie einwirkenden Thätigkeit in
mehr oder weniger Ausdehnung hervorgerufen werden kann.
Mit dem Absterben des Körperlichen (mit dem Trunk aus dem
Lethe der Todten) muss deshalb auch die Erinnerung untergehen,
aber nur die zeitlich gedachte und von uns auf Erden
zeitlich allein denkbare, denn das vom Körperlichen unabhängige
Bewusstseinsgefühl selbst ist schliesslich nur aus. Factoren
der Erinnerung zusammengesetzt, die als integrirende Theile
desselben Alle zugleich und Alle miteinander leben.
Die philosophische Betrachtung begriff früher (mit oder ohne
Compensation der Religion) die gesammte Weltauffassung, verlor
aber einen Zweig des Wissens nach dem ändern, wie sich ein
jeder durch Hülfe der Induction auf dem festen Boden der Erfahrung
zu innerlich gegliedertem Abschluss ausbildete. Auf
das der inductiven Behandlung noch nicht zugängliche Geistige
zurückgeworfen, verblieb der Philosophie ein rastloser Wechsel
ihrer Systeme in dem schwer controlirbaren Gedankenreich,
und erst dann wird auch hier die gesetzlich dauernde Form
hergestellt werden, wenn die Psychologie, aus den Beweisen
ethnologischer Thatsachen ihre Schlussfolgerungen zusammenkettend,
als Schlussstein in den Bau der Naturwissenschaften
eingefügt ist.
In der Welt treten aus einem unseren Blicken unzugängliehen
Urgrund Typen in die Erscheinung*), die wir nicht von
einem ausserweltlichen Standpunkt, also nicht im Ersten und
Letzten, zu überschauen vermögen, sondern nur (als mitten-
innestehend) in ihren relativ ablaufenden Phasen. Die Aufgabe
jeder Existenz liegt darin, ihren Typus herzustellen und dann zu
erhalten, weshalb bei Würmern die Reproductionsfähigkeit selbst
bis zur Ersetzung der Sinnesorgane gehen kann. Bei höher
aufsteigender Dignität bilden sich indessen in ein und derselben
Existenz (die dann als aus Sammelwesen bestehend, angesehen
werden könnte, wie der Baum gegenüber den einjährigen
Pflanzen) vielerlei Vorstufen, die sich übereinander auf bauen
und zum Theil bereits absterben mögen, bis der eigentlich letzte
Zweck zur Entfaltung kommt. Wie beim Baum deshalb grosse
Theile der Rinde und selbst des Stammes, ganze Blätterzweige
ohne Schaden für das Ganze verloren gehen können, so mögen
die höher complicirten Organismen der Thierwelt, deren Zweck
in einem seelischen Instinctleben gipfelt, grosse Anhänge ihres
Körpers (Beine, Flügel u. s. w.) ohne Reproduction verlieren, so
lange der Verlust nicht ein derartig eingreifender ist, dass der
eigentliche Zweck der Existenz unmöglich werde, und also diese
zu Grunde gehen müsste. Das menschliche Ziel liegt in dem
auf dem Körpersystem emporblühenden Gedankenleben, und die
Entwicklung dieses selbst wird ebenfalls innerhalb eines, und
zum Ausdruck eines, gegebenen Typus stattflnden, obwohl für
uns die einzelnen Phasen willkürlich erscheinen, da wir sie
nicht in ihren Ein- und Ausgängen nach fest bedingter Gesetzlichkeit
zu verfolgen vermögen. Dies Gedankenleben wächst
aber nicht individuell, sondern in (staatlichen) Gesellschaften,
die wir bald im regelmässigen Fortschritt sich vervollkommnen,
*) Aristoteles hatte in der Bewegung, im Heranstreten des Möglichen zur
Wirklichkeit, den Schlüssel zum Verständniss des Universum gesucht (Steiner).