chologie wird den dadurch gelieferten Boden ohne Mühe in entsprechender
Weise vorbereiten können, um auf ihm mit dem gesammelten
Material einen inductiven Aufbau beginnen zu dürfen.
In Folge der Ideenassociation muss jeder Eindruck der Aussen-
welt eine innere Reaction hervorrufen, die je nach den bereits
vorhandenen Erfahrungen (und also je nach der Weite oder der
Enge derselben) ihre Completirung finden wird. Nachdem es
möglich gewesen, eine Thatsache des Seins, als Gewordenes,
zu erkennen, in den Wirkungen die Ursache zurück zu verfolgen,
wird in jedem Seienden, das weiter entgegentritt, die Ursache
aufgesucht werden, aus der es geworden ist. Die Länge der
Denkreihen bleibt von der Empfänglichkeit des psychischen
Nervensystems abhängig. Bei hoher Sensitivität desselben
mögen schon auf leichten Anstoss mächtige Schwingungen
nachzittern, während die massiven Nervenstränge in dem thierisch
robusten Körper eines Macusi selbst einen für Europäer unerträglichen
Grad des Schmerzes (wie im Macarri-Tanz) als eine Art
Lustgefühl auffassen könnten. Der gewöhnliche Wilde wird die
äussere Welt mit Gleichgültigkeit betrachten; dass der Baum
neben seiner Hütte wächst, interessirt ihn nur, sofern derselbe
essbare Früchte trägt, in seinem Holz oder seiner Rinde nutzbar
ist, dass die Sonne Morgends auf und Abends untergeht, dass
Nachts die Sterne hervorleuchten, sind Dinge, die ihn nichts an-
gehen, Dinge, die, wie die Missionäre von stidamerikanischen
Indianern hörten, immer so gewesen sind, immer so sein werden,
und worüber ihnen ihre Vorfahren nichts Weiteres hinterlassen.
Aber auch unter den Wilden sind uns schon verschiedene Reiseberichte
erhalten von Schamanen und Fetizeros, die erzählten,
wie sie bei mehr oder weniger zufälligen Veranlassungen
sich dem Nachdenken über die Entstehung der Welt, über die
Ursache dessen, was sie um sich sahen, hingegeben, und bei
diesen Priesterklassen werden die Candidaten schon von früher
Jugend an einem regelmässig geschulten Cursus unterworfen,
um ihrem Nervensystem die für Weissagungen*) erforderliche
Reizbarkeit zu geben, so dass dasselbe (nach den von Gmelin
gegebenen Beispielen) oft völlig zerrüttet wird (wie bei den
Hysterischen und Sonambulen) und jedes normale Gleichgewicht
mit dem Leiblichen aufhebt. Da also die Sensibilität, die weitere
Anschauungen ermöglicht, bei den höheren Gesellschaftsschichten
der Wilden nur als krankhafte Verstimmung auftritt,
bleibt sie ohne weitere Rückwirkung auf die grosse Masse des
Volkes, die kaum in seltenen Anstössen aus ihrem Stumpfsinn
aufgerüttelt wird. Empfindet der Neger den Schmerzensstich
einer Entzündung, den Schuss des Krampfes, fühlt er sich vom
Fieberfrost geschüttelt, so interessirt ihn das allerdings nahe
genug, dass er sich um die Ursache davon kümmere. Wer ihm
Stiche zu versetzen vermag, vielleicht schon versetzt hat, ist sein
Feind, auch dieser gegenwärtige Stich wird davon herrühren,
und wie er jetzt voll Schrecken erkennt, ist dieser Feind ein
unheimlich dämonischer Gegner, der selbst aus der Ferne zu
schaden weiss, in einer Weise, die der Getroffene weder zu vermeiden
noch zu erwidern versteht. Der Schuss ist also ein
Hexenschuss, und jetzt folgt jene Hexenriecherei der Kaffern,
jenes Aufschnüffeln der bösen Zauberer, die in Afrika, Amerika,
Polynesien, Asien unter grausamsten Qualen ermordet, die in
Europa bis in dieses Jahrhundert gesetzlich verbrannt, bis heutzutage
heimlich abgemacht werden. Dass sein Nebenmensch
ihn in ein Fieber zu schütteln vermöchte, darüber besitzt der
Wilde keine Erfahrung, und fühlt er sich also von demselben
gepackt, so hat er seinen geschlossenen Ideenkreis durch Aufnahme
eines Hülfsgliedes zu erweitern und pflegt er in dem
Fieber einen von menschlicher Existenz abgelösten, aber immer-
*) Medicinae atque divinationum eonsociatae sunt disciplinae (Macrob.).