densvollen Schmerz*) des.Daseins, das Unglück des Seins (nach
Schelling), zu mildern strebend.
Als Kern des buddhistischen Moralsystems liegt seine leitende
Idee darin, dass die Menschennatur verwandelt und geläutert
werden müsse, um sie geschickt zu machen, die Aether-
regionen des Psychischen zu bewohnen, während das Ueber-
wiegen sinnlicher Strebungen immer fester mit der Erde zusammenklebe
und] die von der Urweisheit Abirrenden in ihre
Tiefen hinabführe. Ein conventioneller Maassstab für Gut und Böse,
Gebote und Verbote, giebt es im Uebrigen weiter nicht. Jeder
kann handeln**), wie es ihm beliebt, aber es wird ihm gelehrt,
dass gewisse seiner Handlungen verdienstliche oder Verdienst
erwerbende sein, andere dagegen unverdienstliche, dass er
also mit den ersteren ein gutes Geschäft machen würde, und dass
sein eigener Vortheil***) ihre Ausübung verlange, wenn er schon
verständig genug ist, dieses einzusehen. Der Unverstand, die Un-
*) Hegesias, dem Todesredner (7teiai&dvaros), bei dessen Vorträgen über das
irdische Leiden und das im Jenseits zu suchende Glück viele Selbstmorde vorkamen,
wurde es von Ptolomäos verboten seine Lehre vorzntiagen. Oqtpevs:
Sub Judaeorum Judicibus, sublato Atheniensium regno, Orpheus clarus erat vir
sapientissimus et multorum mysteriorum peritissimus. Hujns etiam feruntur libri
de cognitione dei, in quibus praeter alia has posuit sententias; Aetherem principio
a deo conditum fuisse, ab utraque aetheris parte chaos, noctem terribilem omnia
tenuisse et occultasse quae sub aethere e r a n t, signiflcaus noctem esse priorem
(dixit summum Aetherem comprehendi non posse). De genere humano dixit, ipsum
itidem ab omnium rerum opifice deo formatum fuisse, et animam accepisse ratione
praeditam. secutus Mosis scripta. Dixit etiam genus hnmanum esse misernm et
multis animi corporisque calamitatibus obnoxium et bonorum malorumqne operum
capax, et miseram vitam vivens (Suidas). Orpheus lernte in Egypten die Lehre
des Moses (Justin).
**) Nach Hobbes sind Tugend und Laster Begriffe, die nur durch die willkürliche
Entscheidung des Staates entstehen. Tv /i/ia ivpficcii tla a i.
***) Nicht durch Moralpredigten werden die Menschen besser, sondern dadurch,
dass mau sie gesunder macht (v. Holbach), indem ihnen ihr eigener Vortheil gezeigt
wird. Was der Natur gemäss wirkt, ist gut (M. Aur.).
wissenheit *) (der Zustand der Heiden in den Zeiten der Ghä-
hilija nach dem Islam) oder die Avixa ist folgerichtig für den
Buddhismus die Wurzel alles Uebels. Die sich zuerst aus dem
Thierischen zur Menschenexistenz erhebende Seele tritt unwissend
in’s Leben, unwissend und stupide, wie die unverständigen
Thiere, dieBruta. Wenn sich allmälig im Laufe neuer Existenzveränderungen
der Verstand des Menschen aufzuhellen beginnt, wenn
er ein geistiges Auge gewinnt, die Wahrheiten der Religion zu
verstehen, dann wird es ihm bald augenscheinlich und klar, wie
sein offenbarer und handgreiflicher Vortheil darin liegt, in der
kurzen Lebensfrist die als verdienstliche bezeichneten Handlungen
zu üben, um dadurch hunderttausend von Freudenjahren, statt
eben so langer Epochen der Leiden, zu gewinnen und überhaupt
dem letzten Ziele näher zu rücken. In wieweit es sich hierbei
nur um Gutes, das des Guten wegen geschähe, handle, hängt
von subjectiver Interpretation ab, und jedenfalls betont es der
Buddhismus gerade als eine natürliche Folge der zunehmenden
Läuterung**), dass es der veredelten Natur***) allmälig zur ändern
Natur wird, nur gut zu handeln, während allerdings die in
*) Die böse Handlung heisst Sünde oder a /ia p r ia oder Abirrnng d. h. von
der Regel (s. de Wette) Nach Plato ist Niemand freiwillig böse, indem aller
Frevel ans Unverstand entsteht.
**) Eben die Bahn, nach der das Menschengeschlecht zu seiner Vollkommenheit
gelangt, muss jeder einzelne Mensch (der früher, der später) erst durchlaufen
haben, bemerkt Lessing in der Seelenwanderungs-Hypothese (s. Rössler). Die
Algonkin meinen, vor ihrer Geburt Thiere bewohnt zu haben. Non solum cum
rationis expertium animantium appetionibus et visioribus conjunctionem ineunt et
familiaritatem, sed etiam plantarum äemulantur motus et pulchritüdines, prop-
terea quod plantarum quoque adjunctas habeant proprietates, habere autem etiam
habitus proprietates, utpote duritiem Adamantis (nach Basilides) die Seelen;
fiov yao Srj vov/ds vTtotiSerai xai ovTcos dbv fifiTv, xad'aMeq ol HvSayogeoi
(s. CI. Al.).
***) Es ist leichter gut zu handeln, als sich des Bösen zu enthalten, denn das
Gute ist dem Menschen eigenthümlich und seine Ausführung ergiebt Freude (naoh
Bardesanes). Belehrung macht den Menschen gut (nach Confutsius).
B a s tia n , Reise VI. D