eines Tertium comparationis finden mag, in dem sich die Gegensätze
vermitteln.
Die Lehren der Mysterien besitzen die Anziehung des mysteriös
Verschleierten, das seine Candidaten für Eleusis gewann,
wie für die Logen-Satzungen. Jetzt vermag kein Siegel mehr
dem forschenden Zeitgeist ein Räthsel zu verschliessen, dem
Wissen sind die Mysterien hohl und leer, obwohl ihre symbolischen
Schöpfungen, die poetischen Auffassungen der tiefsten Fragen
des Lebens stets ihren Reiz und ihren Werth bewahren. In ähnlichen
Hieroglyphen bewegen sich die Schöpfungen der dialektischen
Philosophie, die weite Gedankengebäude auffuhren, höher
und höher emportreiben, ohne dass der einfache Menschenverstand
auch nur einen Grund für die Fundamentlegung einsieht und bei
dem durchsichtigen Mangel desselben die ganze Structur als luftige
fortbläst. Dennoch sind die mit der ferneren Ausführung beschäftigten
Gedankenarbeiten in ästhetischer Hinsicht nicht ohne
Bedeutung, und obwohl sie dem realen Wissen kein Tüttelchen
zufügen*), erproben sie doch die Spannkraft des Geistes, um
ihm für Bewältigung schwieriger Aufgaben die nöthige Uebung
zu verleihen.
Die Ethnologie kann keine Völker kennen, sondern nur
Volksmomente, d. h. Typen, die sich unter dem Einfluss der
geographischen Umgebungen, unter den geschichtlich zusammengeführten
Materialien mehr oder weniger gleichartig herausbilden.
Schon ein unverändert auf demselben Wohnsitz bleiben-
bendesVolk wird, wenn in den Geschichtsfluss **) hineingezogen,
*) Nach Michelet wird, jedem Neuling, der in das Collegium logicum eines
Hegelianers tritt, sogleich eingeschärft, dass die Wahrheit sich nicht in Form der
Verstandeslogik erhärten lässt, dass sie nicht in Einem Satz gefasst werden kann,
sondern zwei Verstandssätze nöthig sin d , um eine speculative Wahrheit auszn-
sprechen.
* * ) Soll die Geschichtskunde immer mehr ein Verstandenes werden, so muss
sie zuerst ihrer Basis nach auf die entsprechenden Zweige der Naturkunde, nämnach
einigen Jahrhunderten eine ganz neue Physiognomie zeigen,
so dass, ohne zufällig gegebene Reihenfolge historischer Docu-
mente, ein Zusammenhang kaum vermuthet werden würde, wenn
er sich auch manchmal (aber durchaus nicht immer) aus der
Sprache constatiren sollte. Wissen wir, dass in einem Lande
Kreuzungen der Eingeborenen mit Eroberern, Einwanderern, Ein-
geführten oder sonstigen Eindringlingen stattgefunden haben,
so hört jede Möglichkeit auf, von einer Identität des einen oder
ändern Stammes zu reden, da um solche zu verificiren oder zu
negiren die exacte Forschung eine viel genauere Kenntniss der
Procentverhältnisse in den Blutmischungen verlangen würde, als
wie sie jemals gegeben sein kann. Völlig heterogene Mischungen
von scharf getrennten Völkereigenthümlichkeiten würden nur
lose Conglomerate bilden, die, ähnlich den affinitätslos in der
Chemie gebildeten, rasch wieder auseinanderfallen und zu ihren
natürlichen Verwandtschaften zurückkehren (wobei zu beachten ist,
dass sich im Anorganischen das Entgegengesetzte am festesten
verbindet, im Organischen das Aehnliche). Treffen dagegen zwei
Völkertypen zusammen, die in dem richtigen Spannungsverhält-
niss mit einander stehen, so wird gerade aus ihnen eine neue
Verbindung hervortretei\, die weit besser geschlossen ist, als eine
andere der sie umgebenden, und die also fortan, als solche
(unter Verdrängung der übrigen), fortzeugen wird. Jede numerische
Berechnung hört hier auf, da bei der schwierig contro-
lirbaren Accumulationsfähigkeit mancher organischen Gebilde
mitunter eine scheinbar verschwindende Quantität grösserer
Effecte erzeugen kann, als im ändern Falle eine massenhafte.
Da' ausserdem die Namen*) der Völker meist Generalisationen
lieh auf die physische Erdkunde und auf die geographische sowohl als physiologische
Ethnographie, zurückgefiihrt, dann aber in den grossen Zügen ihres Verlaufes
ethisch geschätzt werden (Schleiermacher). 1830.
*) Der Zufall ist in der Geschichte ebensowenig zulässig, wie in der Natur